Wirtschaft

Rennen um Profit mit der Cyber-Währung Wie gefährlich sind Bitcoins?

Die US-Börsenaufsicht SEC nimmt den jüngsten Fall von Bitcoin-Betrug zum Anlass, um generell vor Finanzbetrügereien mit virtuellen Währungen zu warnen.

Die US-Börsenaufsicht SEC nimmt den jüngsten Fall von Bitcoin-Betrug zum Anlass, um generell vor Finanzbetrügereien mit virtuellen Währungen zu warnen.

(Foto: REUTERS)

Die USA meinen, von Bitcoins gehe "Gefahr für die nationale Sicherheit" aus. Devisenexperten warnen vor unkalkulierbaren Risiken. Regulierer versuchen, den Wildwuchs zu beschneiden. Geschäftsleute kämpfen um den Reibach. Die notorischen Winklevoss-Zwillinge sind dabei einmal mehr nur Zweite.

Die Internetwährung Bitcoin ist ungeachtet zahlreicher Untergangs-Prophezeiungen einfach nicht kaputt zu kriegen. Zwar sind Fiskus und Finanzregulierer alarmiert und versuchen, das große Geld-Verschieben im Cyber-Raum in den Griff zu bekommen. Und doch hat keine andere kryptografische Währung jemals so lange existiert und war so verbreitet wie die Bitcoins - die Geldmenge im virtuellen Paralleluniversum wächst immer weiter. Und laufend entstehen neue Börsenplätze, Finanzprofis basteln an neuen Ideen für Anlagemöglichkeiten.

Winklevoss-Zwillinge ausgestochen?

Cameron (l) und Tyler Winklevoss sind große Fans der digitalen Währung, haben aber keine Ahnung von Vermögensverwaltung.

Cameron (l) und Tyler Winklevoss sind große Fans der digitalen Währung, haben aber keine Ahnung von Vermögensverwaltung.

(Foto: REUTERS)

Zu den prominentesten Mitgliedern der Bitcoin-Gemeinde gehören die Zwillinge Cameron und Tyler Winklevoss, die wegen ihres Streits mit dem Facebook-Gründer Mark Zuckerberg international bekannt geworden sind. Nach eigenen Angaben sind sie schon früh auf den Bitcoin-Zug aufgesprungen. Elf Millionen Dollar wollen sie in Bitcoins investiert haben. Damit würden sie etwa ein Prozent der virtuellen Münzen kontrollieren. Ihr neuester Coup ist eine Bitcoin-Vermögensgesellschaft, über die auch normale Anleger vom Boom der Cyberwährung profitieren sollen - wenn er denn anhält. Die US-Finanzaufsicht ist derzeit damit beschäftigt, den Antrag auf Zulassung, vor allem den 74-seitigen Anhang mit den eingeräumten Risiken, zu überprüfen. Und das kann dauern. Wie lange? Ungewiss.

"Bitcoin Investment Trust"

Darauf wollte die Handelsplattform SecondMarket nicht warten. Sie legte jetzt einen "Bitcoin Investment Trust" auf, ein Vehikel für wohlhabende Privatanleger, die auf den Bitcoin-Kurs spekulieren wollen, ohne selbst die digitale Währung zu kaufen. Der Clou: die Konstruktion kommt offenbar ohne langwierige Freigabe aus. Allerdings muss man dabei mindestens 25.000 Dollar in die Hand nehmen.

Wie gut die Offerte ankommt, ist derzeit noch unklar. Spötter unken allerdings bereits, die Winklevoss-Zwillinge seien nun - nach der Pleite im Streit um Facebook - bereits ein zweites Mal mit einer guten Idee zu spät auf den Markt gekommen und ausgestochen worden.

Auch andere aus dem Facebook-Universum machen in Bitcoin: Die Milliardäre Peter Thiel und Sean Parker wollen ebenfalls mit Dienstleistungen rund um die virtuelle Währung reale Dollars verdienen. Sie haben in Internet-Börsen investiert, die den Handel mit dem Cyber-Geld abwickeln. Zu den Internet-Spürnasen sind auch ausgemachte Finanzprofis aus der alten Währungswelt dazugestoßen. Ein erfolgreicher Ex-Banker hat angeblich eine Handelsplattform ausschließlich für Devisengeschäfte mit Bitcoins zum Erfolg geführt. Die Finanzaufsicht dürfte auch das Start-Up Btc.sx aufmerksam beobachten.

Der unerwartete Ritterschlag

Wie jeder Goldrausch zieht aber auch dieser nicht nur brave Goldgräber, sondern auch Glücksritter und Betrüger an, die das schnelle Geld suchen. Ulrich Leuchtmann, Devisenexperte bei der Commerzbank, spricht rückblickend von einem "Selektionsprozess". Nach den Idealisten seien die Spekulanten auf den virtuellen Währungszug aufgesprungen, sagt der Experte. Die Bitcoin-Welt habe sich so zu einem gefährlichen Spiel-Casino entwickelt. Das hat man Anfang des Jahres gesehen, als es Kursanstiege von 20 auf 266 Dollar gab. In einer Kneipe hätte man wie im April 1923 in Deutschland stündlich das Preisschild wechseln müssen, sagt Leuchtmann.

Das Logo der virtuellen Währung Bitcoin in einem Berliner Schaufenster.

Das Logo der virtuellen Währung Bitcoin in einem Berliner Schaufenster.

(Foto: dpa)

Laut Leuchtmann haben nach dem Crash im April 2013 immer mehr Kriminelle den rechtsfreien Cyber-Raum für ihre Zwecke entdeckt. Eine Entwicklung, die Gerichte und Finanzaufseher auf den Plan gerufen und für neue Gesetze gesorgt hat.

Nachdem die US-Börsenaufsicht in einem spektakulären Betrugsfall Anklage gegen einen Texaner erhob, der Anleger mit einem Schneeballsystem betrogen haben soll, erklärte ein US-Bundesrichter den Bitcoin überraschend zu einem legitimen Zahlungsmittel. Die unverhoffte Adelung brachte neue Rechte und Pflichten beim Umgang mit der Cyber-Währung mit sich.

Geldwäsche in der Cyber-Ära

Mehr als mit Anlegerbetrügereien kämpfen die Aufseher mit dem Problem der Geldwäsche. Virtuelle Währungen können bequem auf Knopfdruck über Ländergrenzen hinweg verschoben werden, ohne dass eine Bank oder ein Staat dies kontrollieren könnte. Das FBI bestätigte im vergangenen Jahr die Befürchtungen der staatlichen Aufsichtsbehörden und Notenbanken und erklärte, dass virtuelle Kunstwährungen in der Tat häufig von Kriminellen zur Geldwäsche etwa von Drogen- oder Waffenhändlern verwendet werden.

Fotografien berühmter Insassen von Alcatraz, links Al Capone.

Fotografien berühmter Insassen von Alcatraz, links Al Capone.

(Foto: REUTERS)

Richard Weber von der US-Steuerbehörde IRS sagte vor ein paar Monaten: Wenn Al Capone heute noch am Leben wäre, würde er so sein Geld verstecken." Anlass gab der Skandal um die Digitalwährung "Liberty Reserve" aus Costa Rica. Kunden konnten echtes Geld in "LR" tauschen und weltweit überweisen. Kriminelle sollen diese Plattform jenseits staatlicher Aufsicht im großen Stil genutzt haben.

Der organisierten Kriminalität in dieser Form einen effektiven Riegel vorzuschieben ist schwierig, weil virtuelle Währungen wie Bargeld funktionieren. "Aufsichten können immer nur dort ansetzen, wo Euro oder Dollar in Bitcoins getauscht werden. Also an den Bitcoin-Börsen", sagt der Commerzbank-Experte Leuchtmann. Bitcoin-Börsen agieren zwar wie Börsen, unterliegen aber nicht der Börsenaufsicht. Insidern zufolge schmiedet das US-Finanzministerium deshalb Pläne, Unternehmen, die mit der Kunstwährung handeln, als Finanzunternehmen einzustufen, damit sie einer besonderen Aufsicht unterliegen. Die Finanzaufsicht des Bundestaates New York ging so weit, die virtuellen Münzen zu eine möglichen "Gefahr für die nationale Sicherheit" zu erklären. Sie rief angeblich 22 Firmen, die in Bitcoin investieren oder damit handeln, auf, Auskunft zu geben.

Eine Gefahr für die nationale Sicherheit sieht der Devisenexperte Leuchtmann nicht: "Das ist vielleicht ein bisschen hoch gehängt." Trotzdem sieht er die Notwendigkeit, dass die Schlupflöcher, mit denen Geldwäscheregulierungen unterlaufen werden, geschlossen werden. Auch präventiv. Seiner Ansicht nach könnte der Bitcoin sonst bald nur noch "eine Tür für Geldwäsche" sein. "Das heißt nicht, dass man Bitcoins verbieten muss", macht er jedoch klar.

Deutschland sorgt vor

Nach Auffassung des BMF sind Bitcoins "weder E-Geld noch gesetzliches Zahlungsmittel". Sie fallen "unter den Begriff der Rechnungseinheiten".

Nach Auffassung des BMF sind Bitcoins "weder E-Geld noch gesetzliches Zahlungsmittel". Sie fallen "unter den Begriff der Rechnungseinheiten".

(Foto: Ilja C. Hendel fuer BMF)

So sehen es offenbar auch die deutschen Behörden. Das Bundesfinanzministerium hat Bitcoins rechtlich und steuerlich als Zahlungsmittel anerkannt. Im korrekten Amtsdeutsch heißt das: Bitcoins sind "Devisen ähnliche Verrechnungseinheiten", die "unter die Kategorie Finanzinstrumente" fallen.

Ansonsten wird der Handlungsbedarf hierzulande gering eingeschätzt. Es gibt weder die großen Betrugs- noch Geldwäschefälle, die aus den USA bekannt sind. Aus Sicht der deutschen Behörden gibt es noch nicht einmal genügend Bitcoins, dass es sich lohnen würde, aktiver dagegen vorzugehen. Im Umlauf sind derzeit rund 11,6 Millionen Münzen bei zuletzt 83 Euro pro Coin. Damit liegt der Wert aller verfügbaren virtuellen Münzen bei gut einer Milliarde Euro. Zum Vergleich: Allein in Europa sind Scheine und Münzen im Wert von mehr als 800 Milliarden Euro im Umlauf.

Die USA sind jedoch ein anderes Pflaster. Das sehen auch die Experten. Dass die USA bei der Regulierung aufs Tempo drücken, erklärt der Devisen-Experte Leuchtmann damit, dass sie Geldwäschern den perfekten Nährboden bieten. Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Bitcoin-Börsen wie in den USA. "Viele illegale Transaktionen laufen über Dollars. Der Dollar ist immer noch die Weltleitwährung", so Leuchtmann weiter.

Viele Bitcoin-Nutzer fordern von sich aus mehr Rechtssicherheit. Die deutsche Online-Wechselstube Bitcoin.de, in der 800.000 Nutzer monatlich Bitcoins im Wert von 3,7 Millionen Euro handeln - das entspricht einem Drittel der derzeitigen Menge an virtuellen Münzen -  hat sich um mehr Rechtssicherheit bemüht und sich dafür mit der Münchener Direktbank Fidor zusammengetan. Die Nutzer müssen dafür aber Namen, Anschrift und ihre Handy-Nummer mitteilen. Ohne Postidentverfahren können nur Transaktionen bis zu 2500 Euro jährlich vorgenommen werden. Der Gründer von Bitcoin.de, Oliver Flaskämper, hofft, dass gerade diese Rechtssicherheit dem Bitcoin zum Durchbruch verhilft.

(Foto: Creative Commons Attribution 3.0)

Ob die Online-Währung jedoch jemals mehr als ein Spekulationsobjekt oder Vehikel für Geldwäschegeschäfte sein wird, sehen Währungsexperten skeptisch. In ihren Augen müsste dafür eine Manipulation der Menge kategorisch ausgeschlossen sein. Sicherheit sei das A und O, ist die einhellige Meinung. Der Bitcoin-Crash 2011, der durch Hackerangriffe ausgelöst wurde, hat gezeigt, dass blindes Vertrauen auf jeden Fall fehl am Platz ist .

Auch Leuchtmann findet, dass der Handel mit Bitcoins kein "faires Spielfeld" ist. Mitglieder eines Währungsraums müssten ihrem Geld und der Institution, die es verwaltet, vertrauen, sagt der Experte. Vertrauen in eine Währung bedeute auch Vertrauen in langfristige Preisstabilität. Mit einer fixierten Geldmenge sei das nach Lehrbuch nicht zu erreichen. Die Bitcoins würden ihren Untergang somit bereits in ihrer Konstruktion tragen, so Leuchtmann weiter.

Beim Crash im April hätte das Geldangebot flexibel gestaltet werden müssen, so der Experte weiter. Nur eine Zentralbank könne das steuern. Genau diese geldpolitische Steuerung wollten die Erfinder des Bitcoin aber nicht. Der Bitcoin war ihre Antwort auf die unbändige Gelddruckerei der Notenbanken. Die Krypto-Währung sollte anders als Euro oder Dollar auf keinen Fall der Inflation anheimfallen. Ob die schöne neue Währungswelt eine Zukunft hat, bleibt somit abzuwarten. Entweder sie ist - wie die Experten behaupten - von sich aus dem Untergang geweiht oder Fiskus und Regulierer machen so lange weiter, bis sie alles unter Kontrolle haben. Damit gibt es für den Bitcoin zumindest zwei Möglichkeiten, zu scheitern - mit oder ohne gesetzliche Regulierung.

Quelle: ntv.de

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