Wirtschaft

Der Preis ist wieder attraktiv Was Gold-Anleger wissen müssen

24-Karat-Goldbarren: Ist so ein Gewinn besser als Bargeld?

24-Karat-Goldbarren: Ist so ein Gewinn besser als Bargeld?

(Foto: REUTERS)

Nach dem Einbruch im Juni scheint Ruhe in den Goldpreis zu kommen. Einigen Anlegern juckt es bereits in den Fingern. Ist das der Beginn einer neuen Rally? Jetzt heißt es kühlen Kopf bewahren. Gold-Fans sollten nicht nur die Goldfonds, sondern auch Indien und die Bundestagswahl auf dem Schirm haben.

Gold, Feinunze
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"Dieser Gewinn ist besser als Bargeld", titelte eine große Boulevardzeitung vor fast genau zwei Jahren. "Er ist krisensicher, glänzt wie Ihr schönster Schmuck und könnte schon bald Ihnen gehören." Die Rede war von Gold. Konkret: einem kleinen Goldbarren. Wer den Telefonhörer schnell bei der Hand und eine Portion Glück hatte, war stolzer Besitzer von 20 Gramm feinsten Goldes. Insgesamt 100 dieser Barren gab es zu gewinnen. Jedes Goldstück war umgerechnet 814 Euro wert. Zwei Jahre später sind es noch 670 Euro. Manch glücklicher Gewinner bereut wahrscheinlich, seinen Gewinn damals nicht zu barer Münze gemacht zu haben. Und damit steht er nicht allein.

Wie Gold seinen Glanz verlor

Diese Aktion fand - ohne dass es jemand wissen konnte - genau auf dem Höhepunkt der Gold-Rally statt. Anfang September 2011 war das Edelmetall so teuer wie nie. Eine Feinunze kostete in der Spitze über 1900 US-Dollar. Fast ein Jahr lang bewegte sich der Preis danach darunter, aber stabil auf immer noch hohem Niveau. Dann folgte - mit großem Abstand zum Allzeithoch - der Absturz. Im April der erste und im Juni der zweite.

Gründe dafür gab es einige: Die europäische Schuldenkrise hatte sich in der Zwischenzeit merklich entspannt. Der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, schwor ungefähr vor einem Jahr, alles zu tun, um den Euro zu retten. Die Finanzmärkte wetteten darauf, dass das Krisenmanagement in Europa funktioniert. Hedgefonds, die während der Finanzkrise Milliarden in die ETFs gesteckt und den Preis in die Höhe getrieben hatten, fingen an zu verkaufen. Der Goldpreis fiel und geriet immer mehr in einen Abwärtsstrudel.

Indien stemmt sich gegen Gold

Die indische Regierung versucht den Import von Gold einzudämmen.

Die indische Regierung versucht den Import von Gold einzudämmen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Gleichzeitig schrumpfte die Nachfrage nach physischem Gold. Vor allem Indien, der wichtigste Schmuckmarkt der Welt, hat sich auf dem Goldmarkt zunehmend rar gemacht. "Neben den Abflüssen aus den ETFs waren die Nachrichten aus Indien am wichtigsten", sagt Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch n-tv.de. Fast verzweifelt versuchen indische Regierung und Zentralbank das rekordhohe Außenhandelsdefizit, das die einheimische Währung Rupie belastet, einzudämmen. Die Behörden, die vor allem die hohen Goldimporte für das Defizit verantwortlich machen, haben zu diesem Zweck eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Nachdem die Regierung erst vor kurzem neue Importsteuern auf Gold erlassen hat, sattelt sie jetzt noch eins drauf und erhöht die Steuern gleich noch einmal. Auch andere Restriktionen sind dazu gedacht, den Goldkauf für Inder möglichst unattraktiv zu machen.

Vorübergehend werde das dazu beitragen, dass die Goldnachfrage aus Indien nachlässt, so Fritsch. Die Auswirkungen werde man erst im dritten Quartal sehen. "Diese Lücke muss zusätzlich zu den ETF-Abflüssen geschlossen werden, damit der Goldpreis nicht unter Druck gerät."

Eine weitere "Baustelle", die dem Goldpreis seit Wochen Probleme bereitet, ist die amerikanische Notenbank Fed. Sie liebäugelt damit, ihre Staatsanleihenkäufe zurückzufahren. Ihre typisch vagen Andeutungen zu einem möglichen baldigen Ausstieg aus dem Programm lösten den jüngsten Einbruch im Juni aus. Inzwischen ist Fed-Chef Ben Bernanke verbal zurückgerudert und hat seine Äußerungen relativiert. Die US-Wirtschaft brauche "auf absehbare Zeit" eine "sehr expansive Geldpolitik", hieß es jüngst. Der Druck auf den Goldpreis ließ daraufhin nach.

Eine langsame Erholung ist drin

Vorerst wird die Debatte um den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik den Goldpreis allerdings weiter belasten, meint Goldexperte Fritsch. Negativ wirkten sich vor allem die deutlich gestiegenen Realzinsen aus. Seiner Ansicht nach wird dieser "Gegenwind" von den Zinsen auch noch bis zum Winter oder Jahresbeginn anhalten. Dann sollte seiner Ansicht nach klar sein, was die US-Notenbank genau vorhat.

Gold-Chart (Quelle: Wellenreiter Invest)

Gold-Chart (Quelle: Wellenreiter Invest)

Für die nächsten drei bis sechs Monate sehen die Analysten der Commerzbank beim Goldpreis deshalb auch kein Niveau wie zum Jahresanfang - Anfang Januar notierte der Preis bei rund 1600 Dollar. Dafür sei der Vertrauensverlust bei den Anlegern zu groß, heißt es. Aber danach dürfte der Goldpreis wieder steigen.

Charttechnisch liege der nächste "Knackpunkt" für Gold bei 1350  Dollar, sagt Robert Rheinfeld von Wellenreiter Invest n-tv.de. "Der technische Widerstand bei 1350 Dollar ist groß, weil sich dort das Panik-Tief von April befindet." Wird er überwunden, könnte die Marke von 1500 Dollar angelaufen werden, so Rethfeld weiter. Dafür braucht es allerdings noch etwas Rückenwind.

Goldinvestoren müssen Karten auf den Tisch legen

Fundamental positiv für den Goldpreis ist laut Fritsch, dass die Goldnachfrage aus China gestiegen ist. Sie kann zwar nicht den globalen Nachfragerückgang kompensieren, aber die ETF-Abflüsse im ersten Halbjahr schon. Wie diese wichtigen Mittelabflüsse sich weiter entwickeln, darüber wird dieser Tage die US-Börsenaufsicht SEC Aufschluss geben. Großanleger, die im weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Trust investiert sind, müssen bis Donnerstag ihre bis Ende Juni gehaltenen Bestände melden. Auch der größte Einzelhalter, der Hedgefonds von John Paulson meldet seine Zahlen.

Die Analysten der Commerzbank erwarten, dass die Verkäufe prozentual zurückgegangen sind. Bestätigt sich diese Annahme, darf man davon ausgehen, dass die Investoren, die aus dem Markt rauswollten, inzwischen tatsächlich auch draußen sind. So dürfte von dieser Seite kein weiterer Gegenwind zu erwarten sein.

Die europäische Schuldenkrise wird nach Ansicht von Frisch kein großes Thema mehr für die Märkte werden. Vor allem nicht mehr vor der Bundestagswahl. Die Debatte um einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland lasse zwar ahnen, dass wieder was hochkochen könnte, aber das Versprechen der EZB, im Ernstfall Gewehr bei Fuß zu stehen, werde letztlich ein Szenario wie im Sommer 2012 verhindern. Das gilt aber auch nur, wenn große Länder wie Italien oder Frankreich nicht ernsthaft Probleme bekommen.

Die Macht der Psychologie

Es besteht also begründeter Anlass zur Hoffnung, dass der Tanz ums Goldene Kalb weitergeht. Allerdings mit etwas mehr Bedacht vielleicht für das große globale Zusammenspiel. Eine wichtige Größe im Goldmarkt blieb bislang ungenannt: die Psychologie. Was sich ändert, ist häufig das sogenannte Sentiment, die Einstellung der Marktteilnehmer, ihre Sicht der Dinge. Probleme können so durchaus auch schnell zu "Nicht-Problemen" werden. Welche Kräfte hier wirken, lässt sich an einem Beispiel zeigen: Als Lehman Brothers im Herbst 2008 Pleite ging, wollten Anleger lieber Geld als Gold besitzen. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt Papiergeld zu favorisieren, ist kaum zu erklären. Aber das war das "Sentiment".

In der Regel trifft in der Geschichte aber durchaus die goldene Regel zu: Wenn Krisen ins Bewusstsein der Menschen rücken, kommt auch Gold ins Spiel. Gold ist eben nicht nur ein Investment, sondern – wenn es hart auf hart kommt - eine anerkannte Währung, die eine jahrtausendealte Geschichte vorzuweisen hat. Für Anleger ist wichtig, für sich den goldenen Mittelweg zu finden. Die glücklichen Gewinner von vor zwei Jahren, die ihren kleinen Goldbarren bis jetzt noch nicht verkauft haben, sollten ihn behalten. Vielleicht aber weniger mit Blick auf ein gelungenes Investment, als eben eine klitzekleine Sicherheit – wenn es denn bei dem bisschen Gold geblieben ist - für schlechte Zeiten. Außerdem bleibt ja noch die Hoffnung auf steigende Preise.

Quelle: ntv.de

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