Wirtschaft

Auch ohne Berlusconi Italien im Griff der Finanzmärkte

Die europäische Schuldenkrise bringt ein weiteres Land in ernste Schwierigkeiten: Italien. Während der Druck der Finanzmärkte auf die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone wächst, gibt der Premierminister auf: Italiens Schuldenproblem ist damit aber nicht gelöst.

Silvio Berlusconi ist weg, die Probleme bleiben.

Silvio Berlusconi ist weg, die Probleme bleiben.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Italiens Premierminister Silvio Berlusconi ist nach langen Hin und Her . Doch auch wenn das Land damit ein großes Problem weniger haben mag: Die größte Gefahr ist nicht gebannt. Hohe Zinsen am Anleihemarkt gepaart mit einem geringen Wirtschaftswachstum drohen Italien die Luft zu nehmen. Und das wird sich so bald nicht ändern, egal wie der Regierungschef Italiens heißt.

Italien hat – nach Griechenland – den größten Schuldenberg der Eurozone. Er ist rund 1,9 Billionen Euro hoch, das entspricht 120 Prozent der Wirtschaftsleistung. So groß diese Zahl auch klingt: Lange Zeit war das für die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone kein Problem. Die Zinsen für Staatsanleihen waren niedrig, Italien konnte sich ohne Schwierigkeiten refinanzieren.

Doch seit kurzem ist das nicht mehr der Fall. Die Zinsen, die Italien auf dem Anleihemarkt bezahlen muss, sind kräftig gestiegen. Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen liegen derzeit bei 6,6 Prozent und damit auf dem Niveau, das schon Irland, Portugal und Griechenland das Genick gebrochen hat.

Auf Wachstum angewiesen

Auch für Italien sind Zinsen in dieser Höhe eine tickende Zeitbombe. Wie fast jeder Staat der Welt emittiert auch Italien ständig Anleihen und löst so ältere Schuldtitel ab. Nun aber ist frisches Geld so teuer geworden ist, dass sich das Land das bald nicht mehr leisten kann.

Deshalb ist Rom gezwungen, die Verschuldung zu senken. Die Regierung hat bereits Sparmaßnahmen eingeleitet. Fraglich ist allerdings, ob das ausreicht. Außerdem haben Einsparungen oft eine dunkle Kehrseite: das ohnehin schon schwache Wachstum wird noch schwächer.

Dabei ist Italien dringend auf Wachstum angewiesen. Allein schon deshalb, weil für die Solvenz eines Staates die Höhe der Schulden im Vergleich zur Wirtschaftsleistung entscheidend ist. Es gibt keine starre Zahl, die Investoren als Grenze ziehen. Entscheidend sind Wachstum und Wachstumsperspektiven.

Selbst große Staatsdefizite können dauerhaft locker finanzierbar sein – das zeigen die Beispiele USA und Japan. Und auch für Italien war eine hohe Verschuldung lange kein Problem. Ein Staatsbankrott? Undenkbar – sofern die Zinsen am Anleihemarkt gering genug und die Wachstumsaussichten ausreichend sind.

Doch sind die Zinsen dauerhaft höher als das Wirtschaftswachstum, dann steigen die Schulden schneller als das Bruttoinlandsprodukt – und die Schuldenquote steigt. Und genau darum steckt Italien in Schwierigkeiten. Weil die Konjunkturpfeile nach unten zeigen, die Zinsen aber nach oben, wird es dem Land kaum gelingen, die Quote bei 120 Prozent des BIP stabil zu halten.

Die Wachstumsaussichten für Italien sind trübe. Die EU-Kommission senkte ihre Prognose für das laufende Jahr kürzlich auf 0,7 Prozent. Zum Vergleich: Die Konjunktur der Eurozone wird demnach um 1,6 Prozent wachsen – mehr als doppelt so schnell. Für das kommende Jahr rechnet die italienische Regierung mit einem Wachstum von lediglich 0,6 Prozent.

Selbst erfüllende Prophezeiung

Italien braucht dringend Wachstumsimpulse. Doch eine rasche Besserung ist nicht in Sicht. Dem Land macht unter anderem zu schaffen, dass seine Exporteure ihre Waren vor allem in Euro-Länder liefern, deren Konjunktur auch schwächelt. Vom Wachstum in Schwellenländern profieren sie in sehr viel geringerem Maße als beispielsweise die Konkurrenz aus Deutschland. Gleichzeitig leidet die Binnenwirtschaft unter sinkenden Bauinvestitionen. Außerdem kommt der private Konsum nicht in Schwung. Das liegt unter anderem an der hohen Arbeitslosigkeit aber auch an den Steuererhöhungen, zu denen sich die Regierung im Kampf gegen die Schuldenkrise durchgerungen hat.

Dieser Giftcocktail aus hohen Schulden und geringem Wachstum führt auch dazu, dass die Ratingagenturen die Bonität des Landes geringer einstufen – das treibt die Renditen an den Anleihemärkten weiter nach oben.

Schlimmer noch: Italien droht Opfer einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden. Nähern sich die Zinsen – aus welchem Grund auch immer – einem kritischen Niveau, wächst am Markt die Befürchtung, dass der betreffende Staat seine Schulden nicht begleichen kann. Dabei ist es unerheblich, ob diese Befürchtung begründet ist oder nicht. Glauben Investoren, dass sie ihr Geld womöglich nicht wiedersehen, verlangen sie höhere Zinsen. Das verteuert die Refinanzierung des Landes – und kann dazu führen, dass der Staat tatsächlich in Zahlungsschwierigkeiten gerät.

Möglicherweise ist dieses Szenario an den Anleihemärkten bereits eingetreten: Die Renditen für italienische Bonds steigen kräftig. Diesen Teufelskreis kann auch der Rücktritt von Bunga-Bunga-Premier Berlusconi nicht verhindern.

Quelle: ntv.de

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