Archiv

Positionen und Probleme Deckel für Banker-Boni

Millionen-Boni für Banker - in der Krise steht kaum etwas derart in der Kritik wie Gehaltsexzesse. Die G20- Finanzminister haben bei ihrem Treffen am Samstag in London das Aufreger-Thema oben auf ihre Agenda gestellt. Doch die Lösung ist nicht so einfach - und viele halten die Debatte lediglich für Populismus.

Gibt es bald ein Limit, wie viel ein Bankmanager verdienen darf?

Nein. Es wird vorerst keine Obergrenze von Bonuszahlungen geben. Stattdessen soll ein System ausgearbeitet werden, bei dem Boni zurückgefordert werden können, wenn die Bank schlechte Geschäfte macht. So könnte verhindert werden, dass Manager zu riskante Entscheidungen treffen und sich nur am kurzfristigen Erfolg orientieren. Auch soll es keine garantierten Boni mehr geben. Zudem sollen die oft undurchsichtigen Gehaltsstrukturen der Banken transparenter werden.

Sind die Vorschläge verbindlich oder handelt es sich nur um "heiße Luft"?

Die Beschlüsse von London sind keine Regeln. Ein internationales Expertengremium, das sogenannte Financial Stability Board, muss dafür erst Vorschläge ausarbeiten. Einige davon könnten die Staats- und Regierungschefs der G20-Länder Ende September im amerikanischen Pittsburgh festschreiben. Auf internationaler Ebene können die Staaten nur Richtlinien festlegen, die dann auf nationaler Ebene durchgesetzt und von den jeweiligen Aufsichtsbehörden kontrolliert werden müssen.

In vielen Ländern wird kritisiert, dass die Vorschläge zu schwammig sind. Viele haltendie Bonusdebatte zudem für eine Scheindebatte oder für eine "Hexenjagd", die Politiker benutzen, um sich beim Volk beliebt zu machen. Es wird befürchtet, dass andere Probleme, beispielsweise die laxe Aufsicht bei riskanten Deals, dadurch unter den Tisch fallen würden.

Warum ist es so schwer, eine Lösung zu finden?

Es gibt viele verschiedene Länder, die bei einem Entschluss mitziehen müssen. Deshalb kommen bei Gipfeltreffen meistens nur Kompromisse heraus. Alle sind sich einig, dass Bonus-Exzesse der Vergangenheit angehören müssen. Doch wie das zu schaffen ist - dazu hat fast jeder einen anderen Lösungsvorschlag.

Schwierigkeiten gibt es vor allem, wenn es um die Umsetzung der technischen Details geht. Bei der Bonusdebatte hat sich ein Graben zwischen dem angloamerikanischen Ansatz, also dem in den USA und Großbritannien, und dem kontinentaleuropäischen in Frankreich und Deutschland aufgetan.

In Deutschland gilt seit dem 5. August das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung. Danach sollen sich die Vergütungen von Führungskräften am langfristigen Erfolg eines Unternehmens orientieren. So können Vergütungen leichter nachträglich herabgesetzt werden, wenn sich die Lage eines Unternehmens verschlechtert. Aktienoptionen können frühestens nach vier statt nach zwei Jahren eingelöst werden. Manager müssen zudem bei fahrlässig angerichteten Schäden in die eigene Tasche greifen und mit mindestens dem Anderthalbfachen des eigenen Festgehaltes haften. Dadurch soll verhindert werden, dass die Führungskräfte das Risiko vollständig an Versicherungen abtreten.

Kritiker sprechen jedoch von einem stumpfen Schwert. So ist beispielsweise nicht präzise geregelt, nach welchen Kriterien eine Verschlechterung der Unternehmenslage festgestellt wird. Dies räumt den Managern viel Interpretationsspielraum ein. Genauere Regeln scheitern derweil unter anderem daran, dass nachträgliche Gehaltskürzungen gegen Eigentumsrechte der Manager verstoßen könnten.

Über diese nationalen Regeln hinaus setzt sich Deutschland auf dem G20-Gipfel für eine gesetzliche Obergrenze für Bankerboni ein. Damit vertritt Deutschland in diesem Punkt die gleiche Linie wie Frankreich, das ebenfalls eine exakte Begrenzung festlegen möchte. Auf nationaler Ebene sollen auch bei den Franzosen Boni künftig erst nach mehrjährigen Erfolgen ausgezahlt werden. Eine gesetzliche Regelung gibt es dazu jedoch bisher nicht. Daneben plant Frankreich die Einführung eines Boni-Prangers, einer Liste der 100 bestbezahlten Banker. Diese soll vom ehemaligen IWF-Direktor Michel Camdessus überwacht werden.

Großbritannien vertritt mit Blick auf das starke Gewicht des Finanzsektors in der britischen Wirtschaft eine weichere Linie. Gegen zu hohe Bonuszahlungen sollen nach dem Willen von Regierungschef Gordon Brown konkrete und detaillierte Maßnahmen beschlossen werden. Von einer starren Obergrenze für Boni hält Brown jedoch nichts, weil er um seinen Finanzplatz in London fürchtet.

Die USA sind strikt gegen eine Begrenzung von Managereinkünften. Präsident Obama spricht sich ausdrücklich dagegen aus, individuelle Höchstgrenzen der Bezahlung vorzuschreiben.

K önnen Banker die Regeln nicht sowieso umgehen?

Doch. Spitzenverdiener können bisher etwa in ein anderes Land abwandern, wo die Regeln weniger strikt sind. Deshalb wollen die G20- Staaten einen gemeinsamen Ansatz entwickeln. Die Briten wollten beispielsweise auch keine generelle Höchstgrenze für Boni, da Manager dann ihr festes Gehalt erhöhen könnten - und am Ende genau so viel verdienen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen