Wirtschaft

Banken halten sich zurück EZB-Geldregen tröpfelt nur

"Dröpje for Dröpje": Tropfen für Tropfen besorgen sich die Unternehmen ihr Geld.

"Dröpje for Dröpje": Tropfen für Tropfen besorgen sich die Unternehmen ihr Geld.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die EZB versorgt die Banken mit Milliarden. Doch statt Kredite zu vergeben, nutzen die Institute das Geld für die Rückzahlung eigener Schulden. Die Folge: Das Angebot an Bankanleihen schrumpft. Firmenbonds rücken in den Fokus. Wie lange funktioniert dieses Spiel?

Der Milliardenregen der Europäischen Zentralbank (EZB) kommt langsam auch in der Realwirtschaft an. Doch nicht etwa durch neue Kredite der Banken - die haben weiter nicht die Spendierhosen an. Vielmehr profitieren viele Unternehmen indirekt von den Milliarden und Abermilliarden, die die EZB in der Krise zu historisch niedrigen Zinsen ins Finanzsystem pumpt. Denn die Banken nutzen einen Großteil des Geldes zur Rückzahlung eigener Schulden, um nach den neuen EU-Vorschriften ihre Eigenkapitalquoten aufzubessern.

Die Folge: Das Angebot an Bankanleihen schrumpft, und Versicherungen, Pensionsfonds und andere langfristige Investoren müssen sich weitere Anlagemöglichkeiten suchen. Da kommen Unternehmensanleihen gerade recht - zumal viele von ihnen in der Euro-Schuldenkrise ohnehin als sichere Häfen gelten und im Gegensatz zu den grundsoliden deutschen Bundesanleihen noch attraktive Renditen abwerfen. Entsprechend boomen die Emissionen. So wurde Daimler gerade eine dreijähriger Milliarden-Bond aus den Händen gerissen. Der Autobauer muss für das Papier die niedrigste Risikoprämie aller Firmen in diesem Jahr zahlen.

Liquidität ist da

"Anleihen außerhalb des Bankensektors sind derzeit sehr interessant", betont Anlagestratege Didier Saint-Georges vom französischen Fondshaus Carmignac Gestion. Schon seit längerem können sich Daimler, Siemens und andere Großkonzerne mit Top-Bonitätsnoten billiger refinanzieren als die allermeisten Banken. Denn die Geldhäuser kämpfen angesichts jahrelanger Finanzkrise und immer neuer Verluste mit massiven Vertrauensproblemen in der Anlegerschar, was ihre Zinskosten nach oben treibt.

Dennoch ist der europäische Markt für Bankbonds mit 800 Mrd. Euro immer noch riesig. Wenn die Geldhäuser in den nächsten Monaten nun dank der EZB-Geldschwemme einen Teil davon zurückzahlen, muss das Geld der Investoren irgendwoanders hin. "Die Liquidität dürfte in andere Sektoren außerhalb der Finanzwelt fließen", sagt Bill O'Neill, Chef-Anlagestrage bei Merrill Lynch Asset Management.

Experten erwarten nach der nächsten Geldspritze der EZB am 29. Februar eine Verstärkung des Trends. Nach Reuters-Schätzungen werden die Banken wie beim letzten billigen Drei-Jahres-Kreditgeschäft der Notenbank ordentlich zulangen und erneut 500 Mrd. Euro einsammeln. Insgesamt hätten sie dann eine Billion Euro zur Verfügung. Angesichts des wachsenden Drucks der Regulierer, die Schulden abzubauen und so die Eigenkapitalausstattung zu verbessern, dürfte einiges davon an die Anleihegläubiger fließen - zumindest bei den relativ gut durch die Krise gekommenen Häusern, die sich das leisten können.

Hohe Renditen locken im Süden

Analysten von Barclays Capital haben das mit Zahlen unterfüttert: Sie gehen davon aus, dass die Banken von den knapp 500 Mrd. Euro Einnahmen beim letzten Drei-Jahres-Geschäft der Notenbank 350 Mrd. dazu verwendet haben, alte EZB-Kreditlinien abzulösen. Denn die neuen sind mit einem Zinssatz von einem Prozent historisch billig. Damit bleiben netto also noch rund 150 Mrd. Euro. Davon gaben vor allem Institute aus Südeuropa nach Barclays-Berechnungen 50 Mrd. Euro für den Kauf neuer Staatsanleihen aus den Krisenländern wie Spanien und Italien aus, die zwar vergleichsweise riskant sind, aber hohe Renditen versprechen.

Auf diese Käufe hatte die Politik gehofft. Die restlichen 100 Mrd. Euro legten die Banken zur Seite, um Anleihen vorzeitig einzuziehen oder bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Nach dem nächsten Geldregen der EZB rechnen die Experten mit weiteren 160 Milliarden Euro, die hierfür verwendet werden. JP Morgan erwartet knapp 100 Mrd. Euro.

Für die Investoren wird die Auswahl an Anleihen damit künftig kleiner werden. Sollten sie dennoch - zur Diversifizierung ihres Portfolios - weiter in Bankbonds investiert bleiben wollen, müssen sie sich auf höhere Risiken einstellen. Hochzinsanleihen, etwa von Banken aus den südeuropäischen Schuldenstaaten, könnten einen Nachfrageschub erleben, prognostiziert Merrill-Lynch-Anlageprofi O'Neill. Denn diese dürften in einigen Fällen nicht in der Lage sein, die Schulden schnell zurückzuzahlen. Und sie locken in dem Niedrigzinsumfeld weiter mit vergleichsweise hohen Renditen.

Quelle: ntv.de, Natsuko Waki, rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen