Wirtschaft

Wenn an der Zinsfront nichts mehr geht Das Waffenarsenal der EZB

Mit Kanonen auf Spatzen schießen? Die EZB muss gegen die Konjunkturschwäche etwas tun, wie Experten fordern.

Mit Kanonen auf Spatzen schießen? Die EZB muss gegen die Konjunkturschwäche etwas tun, wie Experten fordern.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank wirft seine Schatten voraus: Der Markt rechnet mehrheitlich mit einem historischen Schritt nach unten. Neben dem Leitzins stehen den Währungshütern allerdings noch ganz andere Instrumente zur Verfügung. Ein Überblick.

Angesichts der schweren Rezession in vielen Euro-Ländern dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) nach Einschätzung vieler Experten ihren Leitzins am Donnerstag auf das Rekordtief von 0,5 Prozent senken. Während sich an der Zinsschraube kaum noch drehen lässt, bleiben der EZB noch eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten, um die Konjunktur anzuschieben. Ein Überblick:

Negativer Einlagezins

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,08

Banken können Geld bei der EZB parken, wofür sie in normalen Zeiten Zinsen bekommen. Damit sie das nicht tun, sondern das Geld als Kredite an die Wirtschaft weiterreichen, hat die Zentralbank diese Anlageform unattraktiv gemacht, indem sie den Zinssatz auf null gedrückt hat. Jetzt könnte die EZB noch einen Schritt weitergehen und negative Zinsen einführen: Legen die Banken ihr Geld bei der EZB an, müssten sie dann eine Art Strafgebühr zahlen. Zuletzt hat die dänische Notenbank dieses Experiment 2012 gewagt. Allerdings haben die dortigen Institute danach die Kreditzinsen erhöht.

Geringere Mindestreserve

Die Banken müssen zur Sicherheit Geld bei der EZB hinterlegen. Diese sogenannten Mindestreserven summieren sich auf etwa 100 Mrd. Euro. Würde die EZB die Anforderungen lockern und beispielsweise nur noch die Hälfte als Sicherheit verlangen, hätten die Banken zusätzlich 50 Mrd. Euro zur Verfügung. Dieses Geld könnten sie als Kredite ausreichen.

Kreditvergabe fördern auf die britische Art

Der niedrigste Leitzins nützt nichts, wenn die Banken keine Kredite austeilen. Nach der jüngsten EZB-Umfrage klagt jedes neunte kleine und mittelgroße Unternehmen der Eurozone darüber, keinen Zugang zu Bank-Krediten zu haben. Mit einem Trick nach britischem Vorbild könnte die EZB das ändern. Dort können sich Banken für jedes Pfund, das sie kleinen und mittleren Unternehmen zur Verfügung stellen, zehn Pfund zu Vorzugskonditionen bei der Bank of England leihen.

Geringere Sicherheiten

Wenn Banken Geld von der EZB haben wollten, mussten sie bis 2007 Wertpapiere mit Top-Bonität als Sicherheit hinterlegen. Die Anforderungen hat sie seither mehrfach gesenkt - und könnte es weiter tun, um die Institute bei Kasse zu halten. Denn das ist die Voraussetzung für neue Kredite. Die Währungshüter könnten beispielsweise Aktien oder US-Staatsanleihen akzeptieren.

Liquidität für Förderbanken

Die Europäische Investitionsbank (EIB) kann am ehesten die kleineren und mittleren Unternehmen mit Geld versorgen. Seit 2009 kann sich die EIB bei der EZB Geld leihen, um es anschließend weiterzureichen. Die Währungshüter könnten solche Förderbanken mit zusätzlicher Liquidität ausstatten.

Langfristiger Ausblick

Die Kreditzinsen in vielen Krisenstaaten sind noch immer recht hoch. Um sie zu drücken, könnte die EZB nach amerikanischem Vorbild eine lange Niedrigzinsphase ankündigen. Die Federal Reserve hat erklärt, ihren Leitzins bis mindestens Mitte 2015 auf "extrem niedrigen Niveau" zu halten. Ringt sich die EZB zu einer ähnlichen Aussage durch, könnte dies die Zinsen im längeren Laufzeitbereich drücken.

Quelle: ntv.de, Rene Wagner, rts

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