Wirtschaft

Irrelevanter Absatzrekord Zerschlagt Volkswagen!

Kernmarke und Sorgenkind. Vor allem die geringe Marge der VW-Pkw bremst die Profitabilität des Gesamtkonzerns.

Kernmarke und Sorgenkind. Vor allem die geringe Marge der VW-Pkw bremst die Profitabilität des Gesamtkonzerns.

(Foto: imago/IPON)

Der jüngste Absatzrekord von Volkswagen ist zwar beeindruckend. Doch der Konzern ist viel zu groß. Um sich im Interesse der Mitarbeiter und Aktionäre für die Zukunft zu rüsten, muss das Konglomerat aufgespalten werden.

Bayer hat es getan. Eon, RWE und weitere deutsche Traditionskonzerne haben es getan. Siemens hat es mehrfach getan und steht kurz davor, es wieder zu tun: Sie haben Sparten ab- oder sich gleich ganz aufgespalten und gezeigt, dass das ein Gewinn für alle Beteiligten sein kann. Volkswagen sollte sich das nicht trotz, sondern gerade anlässlich seines jüngsten Absatzrekordes zum Vorbild nehmen und wesentliche Konzernteile in die Selbständigkeit entlassen oder verkaufen.

VW Vorzüge
VW Vorzüge 115,15

Damit könnte der Konzern nicht nur erhebliche Gewinne für die Aktionäre erzielen. Laut Analysten könnte der Gesamtwert von Volkswagen dadurch um mehr als 50 Milliarden Euro steigen. Außerdem könnten die Sparten als einzelne Unternehmen gerade während des aktuellen Börsenbooms das Kapital aufnehmen, das sie brauchen, um sich für die Umwälzungen zu rüsten, die der Autobranche durch Elektromobilität, Digitalisierung und autonomes Fahren bevorstehen. Das ist für die Sicherheit der Arbeitsplätze essenziell.

Autobauen ist kein Sport, bei dem es gilt, mit Hilfe von Rekorden Weltmeistertitel zu holen und Ruhm zu erwerben. So beeindruckend es ist, dass VW in relativ kurzer Zeit nach dem lebensbedrohlich erscheinenden Dieselskandal erneut einen Absatzrekord aufgestellt hat: Für Mitarbeiter wie Aktionäre ist diese Kennzahl nicht entscheidend. Entscheidend ist, wie viel Geld das Unternehmen mit den verkauften Autos verdient.

Obwohl Volkswagen zuletzt Fortschritte beim Thema Profitabilität gemacht hat, wirft der teilstaatliche Konzern immer noch vergleichsweise wenig Geld ab. Bei BMW und Daimler bleiben vom Umsatz um die zehn Prozent Gewinn übrig, bei Volkswagen gerade einmal zwischen sieben und acht Prozent.

Schrumpfen ist keine Alternative

Für die vergleichsweise geringe Profitabilität bei Volkswagen werden immer wieder zwei Gründe angeführt: Zum einen der große Einfluss des Landes Niedersachsen und der Arbeitnehmer, die harte Sparmaßnahmen und wichtige Restrukturierungen wie in anderen Konzernen weitgehend unmöglich machen, zum anderen die schiere Größe und Komplexität des mit seinen zwölf Marken und rund 600.000 Mitarbeitern.

Doch nicht die Macht von Land und Arbeitnehmern, sondern die Größe des Konzerns ist das Problem. Angestellte und Regierungen haben bei Toyota und GM keinen vergleichbaren Einfluss. Dennoch haben die Unternehmen ähnlich niedrige oder noch schlechtere Margen als Volkswagen. Die profitabelsten Autobauer sind dagegen kleinere oder mittelgroße Konzerne. Laut einer Bloomberg-Analyse nimmt statistisch die Profitabilität von Autokonzernen - Nischenplayer nicht mitgerechnet - mit zunehmender Größe ab. Ist eine bestimmte Konzerngröße erreicht, bringt weiteres Wachstum keine zusätzlichen Vorteile wie etwa Einkaufsmacht oder Synergien mit sich, sondern Nachteile wie Inflexibilität, lange Entscheidungswege und überkomplexe Hierarchien.

Für Aktionäre ist das doppelt ärgerlich. Denn nicht nur ist der Gewinn selbst - und damit langfristig die Dividende - niedrig. Zusätzlich werden die Aktien großer Konglomerate relativ zu diesem geringen Gewinn niedriger bewertet als diejenigen weniger komplexer Konzerne. Die Aktie von VW hat ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 8, die des aufspaltungsfreudigen Siemens-Konzerns dagegen 16.

Tatsächlich hat die aktuelle Konzernführung bei Volkswagen bereits erkannt, dass Größe kein Selbstzweck sein darf, und gibt keine ehrgeizigen Ziele für die Absatzzahlen mehr vor, sondern will sich vor allem um die Profitabilität kümmern. Allerdings kann und will sie auch keinen für Aktionäre und Angestellte unbefriedigenden Schrumpfkurs einschlagen. Eine Aufspaltung wäre ein Befreiungsschlag, der den einzelnen Konzernteilen einen Wachstumskurs ermöglichen würde, ohne das Gesamtkonglomerat immer unbeherrschbarer zu machen.

Quelle: ntv.de

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