Wirtschaft

Bitcoin peilt 6000 Dollar an "Zeit, Kryptogeld ernst zu nehmen"

IWF-Chefin Christine Lagarde schließt nicht aus, dass der IWF irgendwann eine eigene Kryptowährung entwickeln könnte.

IWF-Chefin Christine Lagarde schließt nicht aus, dass der IWF irgendwann eine eigene Kryptowährung entwickeln könnte.

(Foto: AP)

JP Morgan-Chef Dimon will nicht mehr über den Bitcoin lästern, China den Online-Handel möglicherweise wieder zulassen. Und IWF-Chefin Lagarde warnt eindringlich, diesen Finanztrend zu verschlafen. Viel Stoff, der den Krypto-Hype weiter anheizt.

Der Bitcoin-Kurs explodiert: Plus 480 Prozent in diesem Jahr und eine Marktkapitalisierung von über 97 Milliarden Dollar, so lautet die bisherige Bilanz. Statt die Kryptowährung in die Schmuddelecke zu stellen, sollte man sich mit ihr befassen, fordert die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde.

Bitcoin

Hinter der digitalen Währung Bitcoin steht die komplexe Blockchain-Technologie. Sie funktioniert wie ein virtuelles Kassenbuch, über das sich Geschäfte direkt zwischen den Parteien durchführen lassen. Einen Abwickler für die Geschäfte wie etwa eine Börse braucht es nicht mehr.

Das Prinzip einer Blockchain ist, dass verschlüsselte Daten über alle Transaktionen auf mehreren Rechnern gespeichert werden. Dabei werden neue Informationen wie weitere Blöcke in chronologischer Reihenfolge an die Kette vorheriger Daten angehängt - daher auch der Name (etwa: Blockkette). Da die gesammelten Informationen an vielen Orten aufbewahrt und jedes Mal von verschiedenen Rechnern abgeglichen werden, fallen Manipulationen sofort auf.

Im Gegensatz zu den offiziellen Währungen wie Euro und Dollar steht hinter den Bitcoins keine Zentralbank. Vielmehr wird das Cyber-Geld von Nutzern selbst an leistungsstarken Rechnern produziert. Die Geldmenge ist begrenzt, irgendwann soll es maximal 21 Millionen Bitcoins geben, die für Zahlungen gestückelt werden können.

Es sei höchste Zeit, dass Zentralbanken und Regulierungsbehörden digitale Währungen ernst nähmen. Die neuen finanztechnischen Produkte hätten das globale Zahlungssystem und Finanzdienstleistungen bereits aufgemischt. Sie zu ignorieren sei riskant, sagte sie dem US-Sender CNBC am Rande der IWF-Jahrestagung in Washington DC.

Bitcoin sei mehr als Betrug. Lagarde spielte damit auf einen verbalen Rundumschlag von JP Morgan-Chef Jamie Dimon vor einem Monat an. Dimon hatte Bitcoin nicht nur als "Betrug" bezeichnet, sondern auch gewarnt, die Währung werde "explodieren" - was er nicht positiv meinte. Es sei wichtig, sich mit den breiteren Implikationen von digitalen Währungen auseinanderzusetzen, forderte Lagarde.

Die IWF-Chefin ging noch einen Schritt weiter. So schloss sie nicht aus, dass der IWF irgendwann eine eigene Kryptowährung entwickeln könnte. Laut CNBC nahm Lagarde dabei explizit Bezug auf das Sonderziehungsrecht (SDR) des IWF. Der künstlichen Währung, die der Fonds bereits 1969 eingeführt hat, könnte eine Technologie zugrunde gelegt werden, die den Kryptowährungen ähnlich sei, sagte sie. SDR wird nicht an Devisenmärkten gehandelt, sondern auf IWF-Konten wie ein Buchkredit geführt. Der Wechselkurs wird vom IWF festgelegt.

Bitcoin auf Allzeithoch

Die Äußerungen der IWF-Chefin lassen aufmerken. Die Bitcoin-Rally nimmt gerade wieder richtig Schwung auf. Erst am Vortag wurden die 5000-Dollar-Marke geknackt, nun bewegt sich die Kryptowährung bereits auf die 6000 Dollar zu. Das Allzeithoch vom Vormittag liegt bei 5856,10 Dollar. Nach Gewinnmitnahmen notiert der Bitcoin zuletzt bei 5682 Dollar.

Auslöser dieser Rally sind womöglich Spekulationen, dass China seine jüngsten Verbote von Handelsplattformen zurücknehmen könnte. Wenn die zweitgrößte Volkswirtschaft wieder online und der Bitcoin-Handel wieder möglich ist, dürften viele Spekulanten zurück in den Markt drängen, vermuten Beobachter.

Lange Zeit war China der größte Bitcoin-Handelsplatz der Welt. Seitdem die Volksrepublik jedoch immer schärfere Geschütze gegen virtuelle Währungen aufgefahren hat, um die grassierende Kapitalflucht ins Ausland zu bekämpfen, ist der Handel geschrumpft. Die Spitzenposition hat mittlerweile Japan übernommen. Auch hier war die Akzeptanz für digitale Währungen von Anfang an hoch. Doch im Unterschied zu Peking unterstützt Tokio diesen Trend. Seit Kurzem dürfen japanische Einzelhändler Bitcoin akzeptieren.

Die Beispiele zeigen, dass selbst Experten sich nicht einig sind, ob der Bitcoin nun Fluch oder Segen für das Finanzsystem ist. Russlands Zentralbank räumte ein, dass sie wie China Websites blockiert, die Kryptowährungen anbieten. Anfang der Woche warnte Russlands Präsident Wladimir Putin, dass "Käufer von Kryptowährungen in illegale Aktivitäten involviert sein könnten".

Maulkorb für Dimon

JP Morgan-Chef Dimon, der mit seinen kritischen Äußerungen zum Bitcoin vor einem Monat einen regelrechten Shitstorm erntete, ruderte derweil zurück und gelobte, sich in Zukunft bei diesem Thema zurückzunehmen. "Ich werde nicht mehr über Bitcoin reden", sagte er Medienvertretern anlässlich der Präsentation der Quartalszahlen am Vortag.

Finanzvorstand Marianne Lake stellte anschließend klar: "Wir sind offen für digitale Währungen, die ordnungsgemäß kontrolliert und reguliert werden." Danach diskutierte sie laut CNBC die potenziellen Vorteile der Blockchain-Technologie, die hinter dem Bitcoin steckt und die die sofortige und sichere Übertragung von Geldern weltweit ohne eine Drittpartei wie etwa eine Bank erlaubt.

Wissen muss man dazu, dass JP Morgan selbst an mehreren Blockchain-Projekten beteiligt ist: Im Oktober 2016 läuft ein Projekt namens Quorum, das auf dem Bitcoin-Konkurrenten Ethereum basiert und als Plattform für Banken dienen soll. Im Februar diesen Jahres gründete die US-Bank darüber hinaus mit anderen Banken und Technologieunternehmen die Enterprise Ethereum Alliance, die die Nutzung der Blockchain-Technologie im Bankensektor weiter sondieren soll. Sowohl Bitcoin als auch Ethereum basieren auf demselben Blockchain-Verfahren.

"Ich wurde daran erinnert, dass wir Billionen von Dollar pro Tag bewegen ... digital. Es ist kein Bargeld", räumte Bankchef Dimon bei der Diskussion abschließend ein.

Quelle: ntv.de

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