Wirtschaft

Countdown zum Fed-Ausstieg Yellen erklärt den Zeitplan

Das ungewöhnlich ausgeprägte Winterwetter in den USA wird zum geldpolitischen Faktor in den Planspielen der US-Notenbank. Bei ihrem ersten Arbeitstermin im Senat rechnet die Fed-Chefin mit konjunkturellen Frostschäden.

Kurzer Fototermin, dann muss die Fed-Chefin Rede und Antwort stehen.

Kurzer Fototermin, dann muss die Fed-Chefin Rede und Antwort stehen.

(Foto: Reuters)

Die unfreundlichen Witterungsbedingungen in weiten Teilen Nordamerikas beherrschen den Wirtschaftsausblick der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Nach Einschätzung der neuen Fed-Chefin Janet Yellen könnten die ergiebigen Schneefälle in Verbindung mit der anhaltenden arktischen Kälte bei der Konjunkturerholung der weltgrößten Wirtschaftsmacht eine maßgebliche Rolle spielen.

Der Effekt sei aber noch schwer einzuschätzen, erklärte Yellen vor dem mächtigen Bankenausschuss des Senats. Bei ihrer ersten regulären Kongressanhörung als Notenbankchefin übernahm sie Aufgabe, zur Orientierung der Senatoren den geldpolitischen Kurs der Fed abzustecken. Ihre einführenden Bemerkungen waren dabei fast identisch mit den Ausführungen, die sie vor zwei Wochen im Bankenausschuss des Abgeordnetenhauses gemacht hatte.

Yellen wiederholte zum Beispiel ihre Aussage, dass die Fed ihre milliardenschweren Geldspritzen in maßvollen Schritten weiter verringern wird. Die Fed schränkte das Ankaufprogramm auf dem Markt für langfristige Staatsanleihen und Immobilienpapiere im Januar und Dezember jeweils um 10 Milliarden auf aktuell noch 65 Milliarden Dollar (47,5 Milliarden Euro) pro Monat ein.

Im Kreis der US-Währungshüter haben sich einige Geldpolitiker bereits dafür ausgesprochen, den Abbau der Hilfen zu automatisieren und die Geldspritzen pro Zinssitzung um 10 Milliarden Dollar zu reduzieren. Sie konnten sich damit in der Fed nicht durchsetzen.

Die Reduzierung der Anleihekäufe befände sich auf "keinem vorgegebenen Kurs", betonte Yellen. Abweichungen im Zeitplan oder im Umfang sind damit ausdrücklich möglich. Sie selbst rechne aber mit einem "großen Maß an Kontinuität", sagte die Nachfolgerin des ausgeschiedenen Notenbankers Ben Bernanke. Auch am historisch niedrigen Leitzins von 0 bis 0,25 Prozent will die Fed unter der Leitung Yellens vorerst nicht rütteln.

Neu allerdings ist die Aussage Yellens zum voraussichtlichen Ende der Konjunkturhilfen. Vor dem US-Senat taxierte sie den viel diskutierten "Exit", also den kompletten Ausstieg aus der Krisenpolitik, für den kommenden Herbst. Voraussetzung sei, dass sich der Aufschwung wie erwartet festige, schränkte Yellen allerdings ein. "Die Wirtschaft erholt sich, und wir machen Fortschritte." Yellens Vorgänger Bernanke hatte bislang eher vage von einem Auslaufen der milliardenschweren Wertpapierkäufe "gegen Jahresende" gesprochen.

Eine konjunkturstimulierende Geldpolitik sei noch für geraume Zeit angemessen, betonte Yellen mit Blick auf die Nullzinspolitik der Fed. Die Wirtschaft werde noch einige Jahre benötigen, bis sie "zur Normalität" zurückkehre.

Geldpolitik mit Nebenwirkungen

Bei ihrem ersten Auftritt vor der US-Kongresskammer verwies Yellen zugleich auf schwache Daten in den zurückliegenden Wochen. Es sei schwer abzuschätzen, wie stark der ungewöhnlich kalte Winter mit viel Eis und Schnee in den USA die Entwicklung beeinflusst habe. Sollte die wirtschaftliche Erholung langsamer als gedacht ausfallen, könne die Fed beim Drosseln der Geldspritzen auch umsteuern, sagte Yellen vor den Senatoren: "Ich möchte hier aber noch keine voreiligen Schlüsse ziehen." Die Kältewelle in den USA hatte insbesondere Auswirkungen auf den Einzelhandel und die Industrie. Auch die Erholung am Arbeitsmarkt wurde merklich gedämpft.

An den Finanzmärkten verfolgen Beobachter derweil mit großer Spannung, ob und wie stark konjunkturelle Dämpfer in der wirtschaftlichen Erholung den Fed-Kurs beeinflussen. Davon abhängig sind nicht nur die Kurstrends an der Wall Street. Auch im Währungsgefüge der Schwellenländer ist im Fall einer neuerlichen Richtungsänderung mit erheblichen Bewegungen zu rechnen.

Kommt 2015 die Zinswende?

Yellen hat erst Anfang des Monats das Ruder der US-Notenbank übernommen. Die ausgewiesene Arbeitsmarktexpertin will den geldpolitischen Kurs ihres Vorgängers fortsetzen. Noch in der Amtszeit Bernankes hatte die US-Notenbank damit begonnen, die massiven Konjunkturspritzen der vergangenen Jahre behutsam zu drosseln. Ihre Kurswende leiteten die US-Währungshüter mit ersten Andeutungen ab Sommer 2013 ein. Die Währungshüter stützen sich dabei auf das zuletzt wieder robustere Wirtschaftswachstum und die langsam zurückgehende Arbeitslosigkeit.

Mit einer Zinserhöhung rechnen die Märkte nicht vor dem Sommer 2015. Der Schlüsselzins liegt bereits seit Ende 2008 auf dem Rekordtief von null bis 0,25 Prozent. Die Fed hatte ursprünglich geplant, bei Erreichen einer Arbeitslosenquote von 6,5 Prozent über ein Ende der Nullzinspolitik nachzudenken. Da diese Quote bereits in Reichweite ist, signalisierte die Fed, die Zinsen noch geraume Zeit nach Erreichen des Zielwerts niedrig zu halten.

Yellen betonte vor dem Ausschuss, der Arbeitsmarkt sei noch lange nicht über den Berg: "6,5 Prozent Arbeitslosigkeit ist nicht das, was der geldpolitische Ausschuss der Fed als Vollbeschäftigung ansieht." Die Mitglieder des Komitees peilten Werte weit unter dieser Marke an. Auch sei die Arbeitslosenquote kein genügender Gradmesser für die Erholung am Jobmarkt. So könnten beispielsweise ungewöhnlich viele Amerikaner aus wirtschaftlichen Gründen nur Teilzeit arbeiten.

Ihren halbjährlichen Bericht zur Geldpolitik der Fed hätte Yellen den Senatoren eigentlich bereits vor zwei Wochen vorlegen sollen. Der Termin war jedoch in Anbetracht der starken Schneefälle verschoben worden, damit diese saisonalen Sonderfaktoren noch berücksichtigt werden können.

Kurz vor Yellens Auftritt im US-Kongress erreichte ein neues Konjunktursignal die Märkte. Die US-Industrie konnte demnach im Januar ein überraschendes Auftragsplus einfahren - allerdings nur in der separat ausgewiesenen Kennziffer ohne den schwankungsanfälligen Verkehrsbereich. Die Bestellungen von langlebigen Gütern ohne diese Sparte stiegen um 1,1 Prozent, wie das Washingtoner Handelsministerium mitteilte. Dies war das stärkste Plus seit Mai.

Auftragseinbruch im Flugzeugbau

Im Vorfeld befragte Analysten hatten mit einem Minus von 0,3 Prozent gerechnet. Für Schwung sorgte die Nachfrage nach Computern und Elektronik. Die gesamten Aufträge hingegen verringerten sich um 1,0 Prozent. Grund dafür war der Rückgang im Transportbereich um 5,6 Prozent. Allein die Nachfrage nach zivilen Flugzeugen oder Flugzeugteilen sackte um rund 20 Prozent ab.

Insgesamt seien die Daten besser ausgefallen als erwartet, sagte Ökonom Stefan Kipar von der BayernLB. "Die außergewöhnlich schlechte Witterung scheint die Bestellungen nicht weiter gebremst zu haben." Dennoch bleibe der Ausblick für die Produktion aufgrund der schwachen Auftragslage von Ende 2013 verhalten.

"Das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal wird daher wohl schwächer ausfallen als noch im Schlussquartal 2013", sagte Kipar. Der Trend sollte sich jedoch umkehren, sobald der harte Winter nachlasse. Von Oktober bis Dezember war die US-Wirtschaft um 0,8 Prozent zum Vorquartal gewachsen. Zum Vergleich: Die Eurozone erzielte im gleichen Zeitraum lediglich ein Plus von 0,3 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen