Wirtschaft

David gegen Goliath Wirecard jagt die Deutsche Bank

Die Deutsche Bank ist an der Börse rund 20 Milliarden Euro wert.

Die Deutsche Bank ist an der Börse rund 20 Milliarden Euro wert.

(Foto: AP)

An der Börse bahnt sich eine Sensation an. Ein Zahlungsdienstleister namens Wirecard könnte bald im Dax auftauchen und mehr wert sein als die Deutsche Bank. Verrückte neue Welt oder Neuling mit Fundament?

Haben Sie heute schon etwas im Internet bestellt? Vielleicht anlässlich der Weltmeisterschaft ein Trikot der deutschen Nationalmannschaft oder den offiziellen Spielball "Telstar 18"? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass in diesem Fall die Bezahlung über Wirecard abgewickelt worden ist. Der TecDax-Konzern mit Sitz in Aschheim, Landkreis München, ist einer der großen Profiteure des Internethandels.

Der Boom in dem Bereich geht weiter. Die US-Researchfirma Emarketer prognostiziert, dass sich der weltweite Internethandel zwischen 2017 und 2021 von 2,3 auf 4,9 Billionen Dollar mehr als verdoppeln wird. Dabei soll dessen Anteil an den gesamten Einzelhandelsumsätzen von 10,2 Prozent auf 17,5 Prozent nach oben klettern. Damit bleibt das Umfeld für Wirecard hervorragend.

Die prächtigen Perspektiven des Zahlungsabwicklers zeigen sich im Aktienkurs. An der Börse in München steht der Titel seit Wochen weit oben auf der Handelsliste. Nach der Rekordfahrt ist der Börsenwert auf  19,2 Milliarden Euro nach oben geschossen und nähert sich damit dem der Deutschen Bank an, der zuletzt auf 20,1 Milliarden Euro gesunken ist.

 

Warum entwickeln sich die Aktien der beiden Unternehmen in völlig entgegengesetzte Richtungen? Dazu ein paar Zahlen.

Im ersten Quartal ist das über die Wirecard-Plattform abgewickelte Transaktionsvolumen um mehr als 50 Prozent auf 26,7 Milliarden Euro nach oben geschossen. Weil dabei jeweils rund 1,5 Prozent bei der Firma als Erlös hängenbleiben, ist der Umsatz im ersten Quartal um knapp 53 Prozent auf 420 Millionen. Euro gestiegen. Dagegen sanken die Umsätze bei der Deutschen Bank zuletzt, liegen aber mit rund 26 Milliarden Euro deutlich über denen von Wirecard.

Hohe Ziele gesteckt

Die Gewinne und Ambitionen von Wirecard sind beachtlich. Weil das Geschäft boomt, hat Wirecard im April die Gewinnprognose auf 520 bis 545 Millionen Euro angehoben. Zwischen 2013 und 2017 waren der Umsatz und der Gewinn um durchschnittlich jeweils 30 Prozent pro Jahr gestiegen. Das sind mehr als beachtliche Daten für ein Unternehmen mit lediglich rund 4500 Mitarbeitern. Hier liegt die große Deutsche Bank, die zuletzt ihren Verlust immerhin verringerte, mit fast 100.000 Mitarbeitern deutlich vorn.

Viele Investoren sind daher zuversichtlich, dass das rasante Wachstum weitergehen und der Konzern seine Mittelfristziele erreichen wird. Vorstandsboss Braun will 2020 bei einem Umsatz von mehr als 2,8 Milliarden Euro eine Gewinnmarge von 30 bis 35 Prozent erwirtschaften, das wären 840 bis 980 Millionen Euro. Wie stark dennoch die Nachfrage nach Aktien von Zahlungsabwicklern ist zeigt der Börsengang von Adyen vor wenigen Tagen.

Die Aktie am ersten Handelstag 90 Prozent zugelegt. An der Börse ist das niederländische Zahlungstechnologie-Unternehmen nun 13,5 Milliarden wert. Das ist weitaus mehr als die Commerzbank, die 11,8 Milliarden auf die Waage bringt. Nicht nur Börsengänge, sondern auch Übernahmen sorgen in der Branche für Gesprächsstoff. So hatte Paypal im Mai den schwedischen Mobil-Bezahldienst Izettle für 2,2 Milliarden Dollar geschluckt.

Wirecard bald im Dax?

Durch seinen Kurs-Höhenflug ist Wirecard sogar zu einem Dax-Kandidaten aufgestiegen. Doch spätestens dann sollten Anleger vorsichtig sein. Denn zahlreiche Indexaufsteiger wurden als heiße Kandidaten noch gekauft, allerdings war nach dem Aufstieg die Luft oft draußen und es kam zu einer Konsolidierung oder gar einem Kurssturz. Aufmerksam sollte man auch werden, wenn Analysten allzu optimistisch für die Aktie werden wie zuletzt Goldman Sachs, die bei knapp 150 Euro stark kaufen empfahlen. Wohlgemerkt bei einer Aktie, die mit dem zwölffachen des Umsatzes bewertet wird. Dax-Primus SAP kommt auf einen Multiplikator von fünf, die Deutsche Bank liegt hoch nervös bei 0,75.

Diese Unsicherheit spiegelt sich auch am Markt wider, wie Sebastian Bleser, Zertifikateexperte bei HypoVereinsbank Onemarkets, erklärt: "Die Wirecard-Aktie hat eine verhältnismäßig hohe (implizite) Volatilität. Auffällig ist hier, dass die Volatilität parallel zum steigenden Aktienkurs sogar zulegt". Meist steigt nämlich die Schwankungsbreite, wenn der Aktienkurs fällt, weil die Ungewissheit zunimmt. Das ist auch bei der Deutschen Bank aktuell der Fall. So gibt es doch eine Parallele.

Quelle: ntv.de

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