Wirtschaft

US-Haftbefehl im Abgasskandal Winterkorn wartet auf Akteneinsicht

"Im Büßergewand" fühlt sich Martin Winterkorn nach Angaben eines Vertrauten nicht.

"Im Büßergewand" fühlt sich Martin Winterkorn nach Angaben eines Vertrauten nicht.

(Foto: dpa)

Anfang Mai erlässt die US-Justiz im Abgasskandal Haftbefehl gegen Martin Winterkorn. Auch der VW-Aufsichtsrat und die Braunschweiger Staatsanwaltschaft ermitteln noch immer gegen den früheren VW-Chef. Dessen angekündigte Erklärung lässt auf sich warten.

Martin Winterkorn will sich laut einem Vertrauten zu den schweren Vorwürfen im Abgasskandal erst äußern, wenn seine Anwälte Akteneinsicht erhalten haben. Das sei die Linie des früheren VW-Chefs, sagte eine informierte Person. Früheren Angaben des Braunschweiger Oberstaatsanwalts Klaus Ziehe zufolge sollen die Verteidiger möglicherweise in diesem Sommer einen Blick in die Akten werfen dürfen.

Die US-Klage gegen Winterkorn ändere den derzeitigen Sachstand in Deutschland nicht, erklärte der Insider, der mit dem 70-Jährigen in Kontakt steht. Winterkorn wolle seine Sicht auf die Vorwürfe im Abgasskandal umfassend schildern. Der ehemalige VW-Chef verfolgt die Entwicklungen demnach aufmerksam. "Im Büßergewand" fühle er sich nicht, so der Vertraute.

Die US-Justiz will Winterkorn wegen Betrugs in der Abgasaffäre zur Rechenschaft ziehen. In den USA liegt bereits ein Haftbefehl gegen den früheren VW-Boss vor. Außerdem werfen ihm die Ankläger Verschwörung zum Verstoß gegen Umweltgesetze und zur Täuschung der Behörden vor.

Scheuer zählt Winterkorn an

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer verlangt von Winterkorn mehr Willen zur Aufklärung. Es sei "mehr Tempo" nötig, sagte der CSU-Mann dem "Handelsblatt". "Herr Winterkorn muss auch seinen Beitrag leisten. Jeder Verantwortliche muss wissen, dass diese Vorgehensweise im Häppchen-Stil kein Vertrauen schafft - weder in die Unternehmen noch in die Diesel-Technologie." Gegen das Verkehrsministerium hatte es allerdings auch Vorwürfe gegeben, es fahre im Abgasskandal einen Kuschelkurs gegenüber der Autoindustrie - vor allem mit zu laxen Kontrollen.

Winterkorn war im September 2015 als VW-Chef zurückgetreten, kurz nachdem US-Behörden den Abgasskandal aufgedeckt hatten. Er erklärte damals, sich keines Fehlverhaltens bewusst zu sein. Allerdings prüft der VW-Aufsichtsrat weiterhin Schadenersatzansprüche gegen den früheren Vorstandschef. Wie lange dies dauern wird, blieb jedoch zunächst offen.

Ermittlungen wegen Marktmanipulation

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig geht unter anderem einem Betrugsverdacht nach. Zudem wird gegen Winterkorn wie auch gegen den neuen VW-Konzernchef Herbert Diess und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch wegen möglicher Marktmanipulation ermittelt. Die Behörde hat inzwischen 49 mutmaßlich Beteiligte im Visier - bei 39 geht es um Software-Manipulationen zum Stickstoffdioxidausstoß. In den andere Fällen sollen CO2- und Verbrauchsangaben manipuliert und Daten gelöscht worden sein.

"Wir haben ein Ermittlungskonzept, das wir abarbeiten, und wir werden über die Frage von Anklageerhebungen nicht heute oder morgen entscheiden", betonte Ziehe unlängst. Zwar nehme die Anklagebehörde die US-Ergebnisse "interessiert zur Kenntnis" - die eigene Ermittlungsarbeit ändere dies aber nicht. Es ergäben sich zudem immer wieder neue Ansätze. Daher sei es nicht ausgeschlossen, dass auch noch weitere Beschuldigte hinzukommen könnten.

Zahlreiche Autofahrer mit einem manipulierten Diesel vor der Haustür klagen gegen Volkswagen oder VW-Händler - künftig soll es für derartige Fälle neue Möglichkeiten geben. Das Bundeskabinett brachte die Musterfeststellungsklage auf den Weg. Damit sollen Verbraucher die Möglichkeit bekommen, einen Anspruch auf Schadenersatz durchzusetzen, ohne dass sie selbst einen Prozess gegen ein Unternehmen anstrengen müssen. Die Auseinandersetzung vor Gericht sollen Verbraucherschutzverbände übernehmen.

Quelle: ntv.de, chr/dpa

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