Wirtschaft

Streit um EZB-Zinssenkung, Lob von Altkanzler Schmidt Weidmann zieht gegen Draghi den Kürzeren

Die Zinssenkung der EZB kommt überraschend. Die Entscheidung fällt auch nicht einstimmig. Vor allem Bundesbank-Präsident Weidmann hadert mit dem lockeren Kurs des EZB-Präsidenten Draghi. Der erhält aber auch Lob aus Deutschland.

Die überraschende Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) war nach Informationen einer mit den Beratungen vertrauten Person sehr stark umstritten. "Gut ein Viertel der 23 EZB-Ratsmitglieder hat sich gegen den Zinsschritt in diesem Monat ausgesprochen", sagte der Insider, der nicht namentlich genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur Reuters.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann habe die Opposition gegen den Kurs von EZB-Chef Mario Draghi angeführt, die Mehrheit habe dann aber für einen frühen Zinsschritt votiert. Weidmann hätte es vorgezogen, bis zur Veröffentlichung der aktualisierten EZB-Inflationsprojektionen im Dezember zu warten, bevor eine Zinssenkung erwogen werde, sagten weitere Personen, die mit den Vorgängen vertraut sind zu Dow Jones.

Bei der Ratssitzung hat die EZB zur Überraschung der meisten Ökonomen den Leitzins um 25 Basispunkte auf das neue Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt. Bei der Pressekonferenz verwies EZB-Präsident Mario Draghi auf den kräftigen Inflationsrückgang, die Eurozone stehe "möglicherweise vor einer längeren Periode mit niedriger Inflation".

Zu locker für Deutschland?

Im Oktober war die Inflationsrate im Euroraum von 1,1 auf 0,7 Prozent gesunken. Die niedrigste Rate seit mehr als vier Jahren lag damit noch deutlicher als bisher unter dem EZB-Zielwert von nahe 2,0 Prozent.

In Deutschland liegt der Preisauftrieb jedoch doppelt so hoch und die Arbeitslosigkeit ist gering. Die Zinspolitik könnte daher für Deutschland zu locker sein. Kürzlich hatte die Bundesbank vor einer Überteuerung von Immobilien in vielen Städten des Landes gewarnt.

Altkanzler Schmidt lobt Draghi

Lob bekam Draghi indes vom früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt: "Man kann sich auf Mario Draghi verlassen", sagte Schmidt. Draghi sei Kopf der einzigen Institution, die momentan etwas tue. Die Effizienz anderer europäischer Institutionen wie EU-Kommission und Parlament kritisierte Schmidt hingegen. "Viel Reden, wenig Handeln", sagte er in einem Podiumsgespräch mit Draghi beim Wirtschaftsforum der "Zeit".

Märkte reagieren schnell und heftig

An den Finanzmärkten hatte die EZB-Entscheidung für unterschiedliche Reaktionen gesorgt. Während die Aktienmärkte zum Teil deutlich zulegten - der Dax kletterte bis an die 9200-Punkte-Marke und wies einen Rekordschlussstand auf -, sackte der Euro deutlich ab.

Die Gemeinschaftswährung fiel bis auf ein Tagestief von 1,3295 Dollar. Am Abend erholte sich der Euro etwas und notierte wieder knapp über der 1,34er Marke.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ/dpa

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