Wirtschaft

Kampf gegen Diesel-Nachrüstung Was für die Autobauer auf dem Spiel steht

Wenige Jahre alte Dieselautos in den von den Kunden erwarteten fahrbereiten Zustand zu versetzen, würde nach Ansicht der Betriebsratschefs "Arbeitsplätze gefährden".

Wenige Jahre alte Dieselautos in den von den Kunden erwarteten fahrbereiten Zustand zu versetzen, würde nach Ansicht der Betriebsratschefs "Arbeitsplätze gefährden".

(Foto: picture alliance / Julian Strate)

Die Autokonzerne haben ihre Totalverweigerung gegen Hardware-Nachrüstungen aufgegeben. Sie kämpfen darum, ihre Zahl so klein wie möglich zu halten. Dabei geht es nicht um Kosten von 3000 Euro pro Auto, sondern um viel größere Summen.

Die Zahl scheint groß, ist aber für die Autokonzerne gar nicht die entscheidende: 3000 Euro kostet eine Nachrüstung der Abgasreinigung eines Dieselautos mit Abgasnorm Euro 4 oder Euro 5, so dass es von den in vielen Städten drohenden Fahrverboten nicht betroffen wäre. Die deutschen Autohersteller sehen Kosten von bis zu einer Milliarde Euro auf sich zukommen, sollten sie verpflichtet werden, diese Nachrüstungen auch nur für einen kleinen Teil der knapp neun Millionen in diesen Emmissionsklassen zugelassenen Pkw in Deutschland zu übernehmen.

Zu den Ideen, die vor dem entscheidenden Treffen der Großen Koalition in Berlin zu dem Thema zirkulieren, gehört etwa der Plan, die teuren Nachrüstungen nur für Autohalter in 14 Städten mit besonders hoher Stickoxidbelastung anzubieten. Oder für etwa 300.000 Handwerker und kleine Firmen, die darauf angewiesen sind, mit ihren älteren Dieselwagen auch weiterhin in die betroffenen Innenstädte zu fahren. Zudem bestehen die Hersteller Berichten zufolge darauf, die Halter mit 20 Prozent der Kosten - also 600 Euro - an der Nachrüstung zu beteiligen.

Die Autoindustrie hat ihre Totalverweigerung gegen Hardware-Nachrüstungen, also den Einbau neuer Katalysatoren, inzwischen zwar aufgegeben. Die Hersteller kämpfen aber darum, die Zahl der betroffenen Wagen so gering wie möglich zu halten. Denn jedes nachgerüstete Auto bedeutet nicht nur Kosten von 3000 beziehungsweise 2400 Euro, sondern erheblich höhere entgangene Einnahmen durch Neuwagenverkäufe. Auch die geforderten 600 Euro Selbstbeteiligung der Halter soll wohl vor allem dazu dienen, Kunden zur Teilnahme an einem "Umtauschprogramm" zu bewegen.

Kritik an "Verkaufsförderaktion"

Selbst mit hohen Rabatten von bis zu 10.000 Euro für sehr teure Modelle ist das "Umtauschmodell" von alten Euro-4- oder Euro-5-Dieseln in Neuwagen für die Hersteller hoch attraktiv. Mehrere Millionen Autobesitzer dürften durch die Fahrverbote praktisch zu Neuanschaffungen gezwungen werden. Allein in den Städten, die bereits Fahrverbote planen, sind etwa 1,3 Millionen solcher Diesel angemeldet, dazu kommen Millionen Pendler aus dem Umland. Das verspricht der Autobranche zusätzliche Umsätze in zweistelliger Milliardenhöhe zu einem Zeitpunkt, an dem viele Fachleute den deutschen Markt für gesättigt halten und einen Rückgang des Pkw-Absatzes prophezeien.

Bereits die bisherigen "Umweltprämien" der Hersteller, die zum Umtausch von rund einer Million Autos führen dürften, bezeichnete Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen als "Verkaufsförderaktion", deren Effekt auf die Luftverschmutzung kaum messbar sei. Durch die drohenden Innenstadtfahrverbote dürfte eine noch viel größere Zahl an Autobesitzern zu Neukäufen bewegt werden.

Die Betriebsratsvorsitzenden von VW, Daimler und BMW erklärten in der "Bild"-Zeitung indirekt, worum es geht: um eine Möglichkeit, für zusätzliche Auslastung der von Überkapazitäten geplagten Autofabriken zu sorgen - ein Beschäftigungsprogramm also. Ein umfassendes Hardware-Nachrüstungsprogramm würde aber die betroffenen Wagen auf der Straße halten und dadurch - so die Logik der Auto-Betriebsräte - "Arbeitsplätze gefährden".

Quelle: ntv.de

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