Wirtschaft

Traditionsunternehmen vor Abschied Vonovia drängt in den Dax

Am Abend entscheidet der Arbeitskreis Aktienindizes über die Zusammensetzung des Dax. Ein Aufstieg des Immobilienunternehmens Vonovia in die oberste Börsenliga steht so gut wie fest. Dieser könnte ein prominentes Opfer fordern.

Der bundesweit größte Wohnungskonzern steht kurz vor der Aufnahme in den Deutschen Aktienindex. Am Donnerstagabend entscheidet die Börse darüber, ob die ehemalige Deutsche Annington unter dem neuen Namen Vonovia aus dem MDax in den deutschen Leitindex aufsteigen wird.

Börsianer meinen, ein Wechsel im Dax stehe so gut wie fest. Als Verlierer könnte der Chemiekonzern Lanxess aus dem Rennen gehen. Das Unternehmen läuft Gefahr, die Kriterien für eine Mitgliedschaft im Dax in naher Zukunft nicht mehr zu erfüllen. Für größere Aufmerksamkeit würde jedoch das Ausscheiden der Lufthansa sorgen. Auch sie könnte aus dem Dax verschwinden – das gilt jedoch als unwahrscheinlich.

Die Mitgliedschaft im Dax, der die dreißig größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland umfasst, hängt vom Aktienkurs und der Menge der Aktien eines Unternehmens ab, die am Markt gehandelt werden. Nur die Konzerne, die in beiden Kategorien den notwendigen Rang erreichen, können in den Hauptindex oder einen verwandten Index - MDax, SDax, TecDax - einziehen. Schafft die Vonovia den Sprung nach oben, wäre sie das erste Immobilienunternehmen, das in den Dax aufsteigt. Mit Lanxess oder der Lufthansa würde ein renommiertes Unternehmen aus dem deutschen Leitindex verschwinden. Lanxess zählt seit Ende 2012 zum Spitzensegment der Deutschen Börse, die Lufthansa ist sogar seit 1988, dem Geburtsjahr des Dax im Hauptindex.

Aufsteigen könnte anstelle von Vonovia auch das Medienunternehmen ProSiebenSat.1. Nach den Einschätzungen von LBBW-Analyst Uwe Streich hat der Wohnungskonzern jedoch die Nase klar vorn. Die Chancen der Senderkette auf einen Einzug in den Dax sei sehr minimalitisch. Nur im Falle eines zweiten Absteigers könne ProSieben zum Zuge kommen, sagt Reich. Gegenüber ihrem Konkurrenten hat die ehemalige Deutsche Annington durch Kapitalerhöhung im Zuge der Übernahmen von Gagfah und Süddeutsche Wohnen die Chancen auf die Aufnahme in den Dax erhöht. 3,9 Milliarden Euro zahlte Annington für den Kauf der beiden Immobilienunternehmen. Die hohe Marktkapitalisierung und der breite Streubesitz kommen dem Konzern zu Gute.

Buch sorgt für Wende

2001 wurde die Deutsche Annington gegründet. Bereits vier Jahre später stieg das Unternehmen mit dem Kauf der Viterra AG und einem damit verbundenen Gesamtbesitz von 230.000 Wohnungen zum bundesweit größten Immobilienkonzern auf.

Den ersten großen Rückschlag erlitt Annington während der Finanzkrise 2011. Damals drohte der Konzern unter der immensen Schuldenlast zu versinken. Ein Sanierungsplan musste her. Doch daran erinnert sich heute kaum noch jemand. Auch der holprige Börsengang, der im Sommer 2013 erst im zweiten Anlauf gelang, ist längst vergessen. Ein neuer Mann an der Spitze, der frühere Bertelsmann-Manager Rolf Buch, hat für frischen Wind gesorgt: Mit Zukäufen katapultierte er den Börsenwert des Bochumer Konzerns von 4 auf 13 Milliarden Euro. Bundesweit verwaltet Vonovia jetzt 350.000 Wohnungen.

Ist eine derart rasante Expansion gesund? Ja, findet Analyst Kai Klose von Berenberg. "Annington ist in den letzten Jahren nachhaltig gewachsen. Die Zukäufe wurden nicht auf Pump finanziert." Stattdessen bat der Konzern regelmäßig die Aktionäre zur Kasse und hielt seinen Verschuldungsgrad auch in Zeiten des billigen Geldes auf einem gesunden Niveau von unter 60 Prozent, Tendenz sinkend.

Viele Branchenkenner haben die Konsolidierung auf dem deutschen Wohnungsmarkt lange herbeigesehnt. Klose sieht allerdings ein Problem: "Die Anzahl großer Portfolios, die noch auf dem Markt sind, ist überschaubar geworden. Es wird weniger Gelegenheiten für starkes externes Wachstum geben." Auch Analyst Michael Seufert von der NordLB sieht ein natürliches Ende erreicht: "Es besteht die Gefahr, dass man zu teuer einkauft. Das könnte sich später rächen."

Für Wachstum bleiben Vonovia nur zwei Möglichkeiten, sagen Experten: Entweder das Unternehmen schluckt in Ermangelung großer Portfolios noch den einen oder anderen kleinen Rivalen. Oder Vonovia hält die Investitionen in den Bestand hoch, um die Mieten anzuheben, und bietet noch mehr Extra-Dienste wie Fernsehanschlüsse und altersgerechtes Wohnen an, um die Einnahmen auf ein breiteres Fundament zu stellen.

Quelle: ntv.de, rri/rts/DJ

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