Wirtschaft

Wirecards sagenhafter Aufstieg Vom Porno-Bezahldienst zum Dax-Konzern

Nicht nur online: Wirecard bietet bietet längst auch digitale Zahlungswege für den stationären Handel etwa mit Karte oder Smartphone.

Nicht nur online: Wirecard bietet bietet längst auch digitale Zahlungswege für den stationären Handel etwa mit Karte oder Smartphone.

(Foto: picture alliance/dpa)

Wenige in Deutschland kennen den Namen Wirecard. An der Börse ist die Firma dagegen ein Star. Nach bescheidenen Anfängen als Bezahldienst vor allem für Onlinekasinos und Pornoseiten steigt der Finanzdienstleister in Kürze wohl in den Dax auf.

Ohne Internetpornografie und Onlinekasinos gäbe es den Finanzkonzern Wirecard, der heute als Nachfolger für die schrumpfende Commerzbank in die erste deutsche Börsenliga einziehen dürfte, vielleicht gar nicht mehr. Als Anfang des Jahrtausends die Technologieblase am Neuen Markt platzte und unzählige junge Firmen in die Pleite schlitterten, konnte sich der 1999 in der Nähe von München gegründete Bezahldienstleister auf eine krisenfeste Kundschaft verlassen. Glücksspiel- und Erotikanbieter waren zu dieser Zeit wichtige Stützen für ein damals als exotisch geltendes Geschäftsmodell: Die Abwicklung von Zahlungen über das Internet. Noch Jahre später lobten Analysten Wirecard ausdrücklich dafür, dass seine Kunden aus den Branchen "Glücksspiel und Adult Entertainment" "unabhängig von Konjunktur und Konsumklima" seien.

Für Wirecard waren diese Geschäfte nur ein Sprungbrett. Glückspiel- und Erotik machen nur noch einen verschwindend geringen Anteil des Umsatzes aus. Digitale Zahlvorgänge im Internet oder an der Ladentheke sind längst eine Selbstverständlichkeit und die deutsche Firma hat sich als Partner von fast 200.000 Unternehmenskunden als einer der weltweit führenden Anbieter etabliert. Unter anderem arbeitet Wirecard mit den Bezahldiensten der chinesischen Internetgiganten Alibaba und WeChat zusammen sowie mit Apple und Google. Tui gehört in Deutschland ebenso zu den Partnern von Wirecard wie Lidl und Aldi - und auch die Commerzbank, die für Wirecard ihren Platz im Dax räumen soll.

Etwa die Hälfte seines Umsatzes macht das Fintech, wie Start-up-Unternehmen in der Finanzbranche genannt werden, in Asien. Dort hat Wirecard in den vergangenen Jahren Hunderte Millionen in Übernahmen gesteckt. Längst wickelt das Unternehmen nicht einfach nur Zahlungen im Internet ab. Es bietet Händlern einen Komplettservice von der Kontoführung bis zum Risikomanagement. Seit 2006 hat Wirecard auch eine Banklizenz.

Das bisher Erreichte "ist nur ein müder Abklatsch"

Im vergangenen Jahr setzte Wirecard etwa 1,5 Milliarden Euro um. Verglichen etwa mit den 26 Milliarden Euro Umsatz des Platzhirschs der deutschen Finanzbranche, der Deutschen Bank, ist das wenig. Anleger sind jedoch von einer anderen Zahl begeisterst. Von jedem Euro, den Wirecard einnimmt, bleiben mehr als 27 Cent als operativer Gewinn übrig. Diese Marge, die sonst kaum ein Dax-Konzern erreicht, will Wirecard-Chef Markus Braun in den kommenden Jahren weiter steigern. Vor allem soll das Unternehmen kräftig wachsen. Weltweit werde bislang nur ein winziger Teil aller Bezahlvorgänge vollständig digital durchgeführt. "Wir stehen erst am Anfang, das beginnt erst richtig anzuziehen."

Die Anleger haben offenbar großes Vertrauen, dass sich Wirecard in diesem umkämpften Markt weiter durchsetzen wird. Sie bewerten Wirecard an der Börse inzwischen mit mehr als dem 60-fachen des Gewinns, so wie kein anderes Dax-Unternehmen. Das Fintech ist mit etwa 24 Milliarden Euro mehr wert als die viel größere Deutsche Bank. Wirecard-Chef Braun wurde durch den Börsenerfolg selbst zum Milliardär: Der Manager, der die Firma seit 2003 führt, besitzt 7 Prozent der Aktien.

Dabei verspricht Braun den Aktionären keinerlei Geschenke. Nur 18 Cent zahlte Wirecard für das vergangene Jahr als Dividende pro Aktie. Dabei kosten die Papiere inzwischen mehr als 190 Euro. Die Ausschüttungen werden nach Brauns Vorstellung auch auf absehbare Zeit niedrig bleiben. "Man sollte in Wirecard investieren, weil man an das Wachstum der Digitalisierung glaubt", sagte Braun einmal der "FAZ". Wie dieses Wachstum aussehen könnte, erklärte Braun im Frühjahr bei der Vorstellung der Bilanz eindrücklich:  "Alles, was wir bis jetzt erreicht haben, ist meines Erachtens nur ein müder Abklatsch dessen, was wir in den nächsten zehn Jahren erreichen können."

Quelle: ntv.de

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