Wirtschaft

Zu wenig Zeit, zu wenig Geld VW begründet Manipulation bei Motoren

Volkswagen stellt in der Klageerwiderung die Vorgänge aus eigener Sicht dar,

Volkswagen stellt in der Klageerwiderung die Vorgänge aus eigener Sicht dar,

(Foto: dpa)

Die USA haben ihre Abgas-Vorschriften, die EU auch. Die Unterschiede beeinflussten nach Angaben von Volkswagen die Entstehung des Abgas-Skandals. Der Konzern weist aber auch Vorwürfe gegen den Vorstand zurück - und belastet Techniker.

Zeit- und Kostendruck in der Motorenentwicklung haben nach Darstellung des VW-Konzerns den Abgas-Skandal entscheidend begünstigt. Demnach wählten Volkswagen-Techniker den Ausweg über die illegale Software, da sie bei den Arbeiten für den Skandalmotor EA189 anders als früher nicht mehr auf legalen Wegen an ihr Ziel zu kommen glaubten.

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Das geht aus der Reaktion des Konzerns auf Anlegerklagen hervor. Die knapp 120-seitige Klageerwiderung von VW lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Darin schreiben die VW-Anwälte zu den Ursachen der größten Krise in der rund 80-jährigen Firmengeschichte, dass der Spagat zwischen den Abgas-Vorgaben in den USA und denen der EU immer schwieriger zu lösen gewesen sei.

"Im Kern gründet sich die gesamte Dieselthematik somit auf den (grundsätzlich aber lösbaren) Zielkonflikt der Erreichung der in den USA geltenden strengen Stickoxidwerte bei gleichzeitiger Erreichung der vor allem in der EU geltenden Rußpartikel- und Kohlendioxidgrenzwerte", heißt es in der Klageerwiderung. Demnach sind die einen Vorgaben oft nur auf Kosten der anderen optimierbar.

"Diesen Zielkonflikt haben die VW-Techniker im Rahmen des technischen Konzepts der Dieselmotoren-Baureihe EA189 augenscheinlich nicht innerhalb des für die Entwicklung veranschlagten Zeitrahmens und Budgets gelöst. Da somit anders als in der Vergangenheit beim Motortyp EA189 offenbar kein Weg gefunden wurde, um die strengeren US-amerikanischen Stickoxid-Normen zu erfüllen, kam es zur Verwendung der Software", begründet der Konzern die Triebfeder der Affäre, bei der am Ende weltweit elf Millionen Diesel manipuliert wurden.

Vorstand wusste von nichts

Gleichzeitig glaubt der Konzern beweisen zu können, dass der gesamte Vorstand erst wenige Wochen vor dem öffentlichen Auffliegen des Abgas-Skandals von den Software-Manipulationen wusste. Andere Sichtweisen seien Behauptungen "ins Blaue hinein", argumentieren die Anwälte des Autobauers. "Die These ist falsch und wird ausdrücklich bestritten", heißt es in dem Papier.

"Die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, wurde vielmehr von VW-Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen des Bereichs Aggregate-Entwicklung von Volkswagen getroffen", heißt es in der Klageerwiderung. "Der Vorstand von Volkswagen hatte weder von der Programmierung der unzulässigen Softwareveränderung noch von deren späteren Einsatz in den betroffenen Diesel-Aggregaten Kenntnis, sondern erfuhr von dieser Thematik erst im Sommer 2015." Über das gesamte Ausmaß des Skandals mit elf Millionen betroffenen Wagen informierte der Konzern Ende September die Öffentlichkeit per Pflichtmitteilung an die Finanzwelt.

Aufklärung erschwert?

Weiter hieß es, die eigenen Techniker hätten die interne Aufklärung zur Dimension des Abgas-Skandals erschwert. Nachdem sich ab Mai 2015 auch auf der Führungsebene des Konzerns die Hinweise auf manipulierte Software verdichtet hätten, habe man den Druck auf die entsprechenden Abteilungen intensiviert. "Diese internen Aufklärungsbemühungen, die durch das "Mauern" einzelner Techniker erschwert wurden, führten schließlich zu der Offenlegung der Softwareveränderung" gegenüber den US-Behörden.

Die "Bild am Sonntag" berichtete derweil, dass der damalige VW-Konzernchef Martin Winterkorn rund eineinhalb Jahre vor dem Auffliegen der Diesel-Affäre eine technische Einschätzung zu den auffälligen Abgasproblemen angefordert habe. Die Zeitung beruft sich auf eine angebliche Aussage Winterkorns bei der Befragung durch die US-Anwälte von Jones Day. Die Kanzlei ermittelt im Auftrag von Europas größtem Autobauer, wie es zu dem Skandal kommen konnte.

Laut "BamS" las Winterkorn im Mai 2014 einen Hinweis auf die Unregelmäßigkeiten und bat seine Techniker um Erklärung. Die hätten ihm versichert, das Problem sei lösbar. Dieser Darstellung zufolge wurde die Wurzel des Skandals schon im Frühling 2014 zu einem Vorgang für den Vorstandschef, der das demnach auch registrierte und reagierte. Der Konzern hatte hierzu am Mittwoch nur mitgeteilt, dass "nicht dokumentiert" sei, ob und inwieweit Winterkorn die Notiz zur Kenntnis nahm. Weiter unklar bleibt aber, ob er das Thema schon zum damaligen Zeitpunkt anders hätte einschätzen müssen.

Quelle: ntv.de, mli/dpa

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