Wirtschaft

Stillstand am US-Arbeitsmarkt USA ringen mit der Schwäche

Blick über Manhattan: Reicht die Kraft?

Blick über Manhattan: Reicht die Kraft?

(Foto: REUTERS)

Die Situation am US-Arbeitsmarkt bleibt unverändert trostlos: Der offizielle Bericht zur Lage im August macht alle Hoffnungen auf eine vorsichtige Belebung zunichte. Laut US-Arbeitsministerium kommen in den vergangenen vier Wochen unterm Strich keinerlei neuen Stellen dazu. Experten hatten mit einem kräftigen Zuwachs gerechnet.

Der US-Arbeitsmarkt kommt nicht in Schwung: Der von vielen Beobachtern erhoffte Beschäftigungsaufbau kam im August überraschend zum Stillstand. Wie das US-Arbeitsministerium mitteilte, stagnierte die Zahl der Beschäftigten in der US-Wirtschaft.

Amerikanischer Alltag: Anstehen in der Bewerberschlange.

Amerikanischer Alltag: Anstehen in der Bewerberschlange.

(Foto: REUTERS)

Im Vorfeld befragte Volkswirte hatten dagegen mit einen Stellenzuwachs um 80.000 gerechnet. Rund um die Welt warteten Anleger mit Spannung auf die Bekanntgabe der Daten. Der offizielle Arbeitsmarktbericht der US-Regierung gilt als verlässlicher Indikator für den Zustand der weltgrößten Volkswirtschaft. Aufgrund der Exportorientierung vieler Länder wie Deutschland, China oder Japan besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Konsumbereitschaft der Amerikaner und dem wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen wie Maschinenbauern oder Autoherstellern.

Entsprechend stark fielen die Reaktionen an den Börsen aus. Der deutsche Leitindex Dax sackte unmittelbar nach Veröffentlichung der Daten um rund 70 Punkte ab. An der Wall Street bereiteten sich Analysten auf einen schwachen Start vor. Die US-Börsen hatten zum Zeitpunkt der Bekanntgabe noch nicht eröffnet.

"Der August war ein harter Monat für die Volkswirtschaft. Die Unternehmen haben die Einstellung von Mitarbeitern erst einmal verschoben", sagte Ryan Sweet von Moody's Analytics angesichts des Ausverkaufs an den Aktienmärkten. Der Monat begann mit dem politischen Debakel um die drohende Staatspleite und mit der historischen Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor's. Das hatte es bis dahin noch nie gegeben.

Herb enttäuscht: Stagnation statt +80.000.

Herb enttäuscht: Stagnation statt +80.000.

(Foto: REUTERS)

"Stagnation bedeutet bei einer wachsenden Bevölkerung eigentlich bereits einen Rückschritt", sagte Postbank-Analyst Heinrich Bayer. "Die US-Wirtschaft durchläuft eine Phase außerordentlich schwachen Wachstums, die sich für viele Haushalte in den USA wie eine Rezession anfühlt", sagte Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus.

Die Arbeitslosenquote der Vereinigten Staaten verharrte im August bei 9,1 Prozent. Besonders düster bewerteten Analysten die revidierten Angaben zur Lage in den Vormonaten. Für Juli und Juni korrigierten die Statistiker die Werte noch einmal kräftig nach unten. So wurden im Juli nur 85.000 neue Stellen geschaffen statt wie zunächst berichtet 117.000. Im Juni kamen 20.000 Jobs hinzu - über die Hälfte weniger als ursprünglich angenommen.

Revidierte Daten für Juli und Juni

Eine nachträgliche Schärfung der Angaben in einer zweiten und dritten Berechnung ist üblich, trägt aber in diesem Fall zu einem genaueren Bild der schlechten Lage bei. Nach Angaben von Beobachtern bei Bloomberg, lag die Arbeitslosenquote in den USA in 26 der vergangenen 28 Monate bei mehr als 9 Prozent.

Die Entwicklung am Arbeitsmarkt ist entscheidend für die Konsumausgaben, die wiederum rund zwei Drittel der Wirtschaftsleistung in den USA ausmachen. Der Konsum leidet auch unter der schwachen Lohnentwicklung. Die durchschnittlichen US-Stundenlöhne sanken den Angaben des Arbeitsministeriums zufolge um 0,03 Dollar auf 23,09 Dollar, während Ökonomen einen Zuwachs um 0,05 Dollar auf 23,18 Dollar erwartet hatten.

Das alles beherrschende Thema: Jobs.

Das alles beherrschende Thema: Jobs.

(Foto: REUTERS)

Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit sank im Vergleich zum Vormonat geringfügig auf 33,5 Stunden. Diese Zahlen beziehen sich auf sämtliche Jobs außerhalb des Agrarsektors. Die stark schwankenden Jobs in der Landwirtschaft werden extra erfasst, um die Statistik nicht durch saisonale Effekte wie zum Beispiel zur Erntezeit zu verzerren.

Allerdings trug auch ein Sondereffekt zu dem schwachen Ergebnis bei: Rund 45.000 Beschäftigte in der Telekombranche wurden im August wegen eines Streiks bei Verizon Communications von der Lohnliste gestrichen, was die schwache Beschäftigungsentwicklung im Privatsektor nach Ansicht von Experten zum Teil erklärbar macht.

Der Privatsektor der US-Wirtschaft, der rund 70 Prozent der gesamten Arbeitskräfte beschäftigt, schuf im August lediglich 17.000 Jobs. Im verarbeitenden Gewerbe gingen per saldo 3000 Jobs abgebaut. Im Baugewerbe wurden 5000 Stellen gestrichen. In der Dienstleistungsindustrie, die üblicherweise als Wachstumsmotor für den Arbeitsmarkt fungiert, kamen nur 20.000 Arbeitsplätze hinzu. Der Staat baute nach Angaben des zuständigen Bureau of Labor Statistics 17.000 Stellen ab.

Der Druck auf Obama wächst

Die hartnäckig hohe Arbeitslosigkeit gefährdet die Wiederwahl von Obama im kommenden Jahr. Der Präsident will am 8. September seine Pläne für mehr Wachstum und Beschäftigung vorlegen. "Die Projektionen machen deutlich, dass die Wirtschaft rasch angekurbelt werden muss", sagte der Chefhaushälter im Präsidialamt, Jack Lew.

An den Finanzmärkten wird bereits spekuliert, dass die Notenbank Federal Reserve (Fed) noch mehr Geld in die Wirtschaft pumpen wird. Zentralbankchef Ben Bernanke könnte dazu erneut die Notenpresse anwerfen, um der Wirtschaft direkt oder indirekt noch mehr frisches Geld zur Verfügung zu stellen.

Bernanke muss reagieren

"Wer noch Zweifel hatte, dass die Fed Ende September noch mal nachlegt, dürfte jetzt nicht mehr zweifeln", sagte WestLB-Experte Holger Sandte. Die Notenbank hatte Mitte des Jahres ihr letztes Programm im Volumen von 600 Mrd. Dollar auslaufen lassen. Sie denkt aber über den Einsatz neuer Instrumente im Kampf gegen die Konjunkturflaute nach.

Trotz der mauen Konjunktur soll die Neuverschuldung kräftig zurückgefahren werden. 2012 soll das Staatsdefizit auf 6,1 Prozent sinken von 8,8 Prozent in diesem Jahr. Experten bezweifeln aber, dass ein kräftiger Defizitabbau angesichts widriger Rahmenbedingungen gelingen wird. "Der Präsident geht davon aus, dass das Defizit von 1,3 Billionen Dollar auf 473 Mrd. Dollar 2014 sinkt. Sollen wir das wirklich glauben?", fragte Chris Edwards vom Cato Institute in Washington. "Das scheint doch eine sehr optimistische Annahme zu sein."

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

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