Wirtschaft

Europas Institute abgehängt US-Banken starten durch

Die Wolkenfront über dem Finanzdistrikt von New York reißt auf.

Die Wolkenfront über dem Finanzdistrikt von New York reißt auf.

(Foto: REUTERS)

Wenn in einer Finanzkrise Finanztitel schwer gebeutelt werden, leuchtet das ein. Was überrascht, ist, wenn es umgekehrt kommt, so wie im Fall der US-Banken. Hier scheinen derzeit ungeahnte Heilungskräfte zu wirken. Trotz vieler Störfeuer haben die Aktien jede Menge Rückenwind.

Als hätten sie von einer Bankenkrise noch nichts gehört, laufen die US-Banken ihren europäischen Konkurrenten an der Börse mit Siebenmeilenstiefeln davon. Seit dem Mehrjahrestief im September stiegen die Kurse der europäischen Banken gerade mal um magere 10 Prozent, die der US-Banken dagegen um sage und schreibe 30 Prozent. In dieser Woche sind die US-Banken sogar die Top-Favoriten an der Börse. An der auseinanderdriftenden Entwicklung dürfte auch die nun beginnende Berichtssaison zum vierten Quartal nicht viel ändern.

Die europäischen Banken sind in den vergangenen Tagen allerdings auch relativ gut gelaufen: "Sie wurden von den US-Titeln mit nach oben gezogen", meint der Leiter des Sales-Handels einer ausländischen Großbank. Anleger kauften setzten vor dem Beginn der Quartalsberichte in den USA auf die Aktien der US-Banken.

JP Morgan öffnet Bücher

Am Freitag legt als erstes Haus JP Morgan seine Bilanz vor. Die Analysten von Barclays erwarten, dass JP Morgan einen Gewinn je Aktie von 93 Cent je Aktie ausweisen wird. Dabei dürfte das Haus die Bilanz ausgeweitet, die Bilanzqualität aber trotzdem weiter verbessert haben. Barclays empfiehlt die Aktie zum Übergewichten bei einem Kursziel von 55 US-Dollar, ein Aufwärtspotenzial von etwa 50 Prozent gegenüber dem aktuellen Kurs von knapp 37 US-Dollar. Für den Titel sprächen eine mögliche Dividendenerhöhung und ein möglicher weiterer Rückkauf eigener Aktien.

Generell profitieren die Banken in den USA von der Entwicklung der heimischen Volkswirtschaft. Hier nehmen die Risiken mit der besseren Konjunktur ab. Die zeitweise als Risikopapiere gemiedenen Kommunalanleihen haben zuletzt stark zugelegt, auch Unternehmensanleihen halten sich überwiegend sehr gut.

Die Vergabe von Verbraucherkrediten hat in der vergangenen Woche so stark zugenommen wie seit zehn Jahren nicht mehr. Eine Zunahme der Kreditvergabe führt bei den Banken in der Regel zu höheren Eigenkapitalrenditen. Die US-Haushalte profitieren dabei stark von den niedrigen Zinsen: Der Schuldendienst ist zum Jahreswechsel auf etwa 11 Prozent des verfügbaren Einkommens gesunken und damit auf den niedrigsten Stand seit Anfang der 90er Jahre, nach Spitzen um 14 Prozent zum Beginn der Finanzkrise.

Bleibt als Bremsschuh der US-Immobilienmarkt, der Auslöser der Finanz- und Schuldenkrise. Doch auch hier gibt es erste vage Besserungsanzeichen. "Der US-Immobilienmarkt ist am oder nahe dem Boden", sagte Jamie Dimon, Vorstandschef von JP Morgan, zwei Tage vor der Vorlage seiner Quartalsbilanz.

Wettbewerbsnachteil für Europa

Gegenüber europäischen Banken sind Anleger dagegen weiterhin sehr reserviert eingestellt. Die europäischen Banken suchen nach Kapital, um die neuen Anforderungen der Europäischen Bankenaufsicht EBA zu erfüllen. Bis zur Jahresmitte müssen die Banken in Europa ein hartes Kernkapital von 9 Prozent aufweisen. Der ursprüngliche Kapitalbedarf daraus war mit gut 100 Mrd. Euro errechnet worden. Eine gleichermaßen genaue Umsetzung der Basel-Vorschriften lässt in den USA bislang auf sich warten.

Zwar gibt es auch in Europa Fortschritte. So hat die Unicredit das Kapital erfolgreich erhöht. Doch zeigt der Kursabschlag von in der Spitze 50 Prozent beim Kurs der italienischen Bank, wie anfällig die Kurse auf Kapitalerhöhungen reagieren. Hinzu kommt die Angst vor weiteren Abschreibungen, so auf Griechenland-Anleihen: Hier ist die Diskussion wieder aufgebrochen, ob der vereinbarte freiwillige Schuldenschnitt von 50 Prozent ausreicht oder überhaupt zustande kommt.

"Auf die Stimmung für die europäischen Banken drückt die Staatsschuldenkrise", meint so auch Olaf Kayser, Bankenanalyst der LBBW. Zwar sei die Schuldenkrise auf dem derzeitigen Stand am Markt eingearbeitet. Sollte sie nicht weiter eskalieren, sieht Kayser Aufwärtspotenzial bei den Kursen. Neue Probleme zum Beispiel in Italien könnten die Kurse aber wieder belasten, meint er.

Quelle: ntv.de, ddi/DJ

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