Wirtschaft

Tödliche Software im Cockpit US-Aufseher halten Boeing-737-Jets am Boden

Verhängnisvolle Automatismen im Cockpit: Für Boeing steht mit dem Passagierjet 737 Max mehr als nur der gute Ruf auf dem Spiel.

Verhängnisvolle Automatismen im Cockpit: Für Boeing steht mit dem Passagierjet 737 Max mehr als nur der gute Ruf auf dem Spiel.

(Foto: dpa)

Wann darf das wichtigste Jet-Modell des US-Luftfahrtriesen Boeing wieder abheben? In den USA will sich der Chef der zuständigen Aufsichtsbehörde nicht auf einen Zeitplan zur Startfreigabe festlegen. Boeing-Kunden müssen auf die 737 Max womöglich bis 2020 warten.

Die US-Luftaufsichtsbehörde FAA lässt offen, wann sie Passagierflugzeuge vom Typ Boeing 737 Max wieder für den regulären Flugbetrieb freigibt. Behördenchef Daniel Elwell erklärte zuletzt, seine Technikexperten würden jeden Stein umdrehen. Sollte es ein Jahr dauern, bis die FAA über alle erforderlichen Erkenntnisse verfüge, um die Flugzeuge wieder fliegen zu lassen, "dann soll es so sein".

Für den Hersteller Boeing und alle betroffenen Fluggesellschaften zeichnet sich damit eine kostspielige Hängepartie ab, die womöglich bis ins Jahr 2020 andauern könnte. Maschinen des Typs müssen wohl zumindest über den gesamten Sommer hinweg am Boden bleiben. Damit fallen die neuen Jets auch für die üblicherweise umsatzstarken Sommerflugpläne aus.

Viele Airlines hatten die als besonders effizient und leistungsstark beworbenen Flugzeuge fest in ihr Angebot eingeplant. Mit jedem Tag, an dem teure Ersatzmaschinen eingesetzt werden müssen, schwellen die anfallenden Kosten weiter an. Bei Boeing selbst stauen sich neu produzierte Maschinen mittlerweile bereits auf den Werksflugplätzen. Der Hersteller muss mit millionenschweren Schadenersatzforderungen oder gar Auftragsstornierungen rechnen.

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Für den heutigen Donnerstag steht ein Treffen der FAA mit 31 Flugaufsichtsbehörden aus aller Welt auf dem Programm. Dabei dürfte es auch um die Rolle der US-Aufseher bei der Zertifizierung der 737-Max-Modelle gehen. Die Behörde hatte Teile des Freigabeprozesses an den Hersteller delegiert und nach dem Absturz einer zweiten Maschine des Typs als letzte der im Luftfahrtmarkt maßgeblichen Aufsichtsbehörden Boeing die erforderliche Betriebserlaubnis entzogen.

Beim Absturz zweier Maschinen des Typs - einer Boeing 737 Max von Ethiopian Airlines im März und einer Maschine gleichen Typs der indonesischen Fluglinie Lion Air im Oktober 2018 - waren insgesamt 346 Menschen ums Leben gekommen. Als Unglücksursache wird in beiden Fällen eine Fehlfunktion des Steuerungsmoduls MCAS vermutet.

Überarbeitete Boeing-Software

Der Bordcomputer soll die Nase der Boeing nach unten gedrückt haben, die Besatzung war nicht mehr in der Lage, den Fehler zu korrigieren. In diesem Zusammenhang war auch die Frage aufgekommen, wie gut die Piloten über dieses System Bescheid wussten - und wie gut sie beim Training im Simulator darauf vorbereitet worden waren. Die Ermittlungen dauern an. Von den den Erkenntnissen zur Unglücksursache dürfte auch abhängen, wie umfangreich die Rechtsrisiken für Boeing ausfallen.

Boeing hatte zuletzt mitgeteilt, die Entwicklung eines Updates für die Steuerungssoftware des Flugzeugs abgeschlossen zu haben. Die FAA muss die Änderungen allerdings noch freigeben, bevor die Maschinen wieder starten dürfen. Zudem hat der Flugzeugbauer nach eigenen Angaben auch Mängel an der Software eines Flugsimulators beseitigt, mit dem Piloten auf den Einsatz im Cockpit der 737 Max vorbereitet werden sollen. Die Verbesserungen sollen sicherstellen, dass der Simulator unter verschiedenen Flugbedingungen genauso reagiert wie die Maschinen in der Luft.

FAA-Chef Elwell erklärte dazu laut Bloomberg, Boeing habe die Updates der Behörde noch nicht präsentiert. Boeing sei bereits vor zwei Monaten kurz davor gewesen, die verlangten Updates vorzulegen, habe aber dann zurückgezogen, als ein Ausschuss Bedenken geäußert habe, so Elwell.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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