Wirtschaft

Regiert er bald Griechenland? Tsipras erschreckt die Märkte

Alexis Tsipras.

Alexis Tsipras.

(Foto: imago/Wassilis Aswestopoulos)

Er wettert gegen das "Spardiktat" und will Reformen rückgängig machen: Alexis Tsipras. Der Anführer der radikal-linken Opposition könnte bald Griechenlands nächster Ministerpräsident sein. An der Börse fallen die Kurse.

Die Börse in Athen hat ihr Urteil bereits gefällt: Sie hält wenig von der Aussicht, dass Oppositionsführer Alexis Tsipras Premier des Landes wird. Nachdem der Leitindex ASE am Dienstag den größten Kurssturz seit 1987 hingelegt hat, geht die Talfahrt weiter. 4 Prozent verliert der Leitindex am Mittwoch, am Vortag war er bereits um knapp 13 Prozent eingebrochen.

Anlass war die Ankündigung von Ministerpräsident Antonis Samaras, die Wahl eines neuen Staatspräsidenten von Februar auf den 17. Dezember vorzuziehen. Es gilt als äußerst unsicher, dass der Kandidat der Regierung, Stavros Dimas, die nötige Mehrheit im Parlament bekommt. Denn dafür ist Samaras auf die Unterstützung der Opposition angewiesen, die das aber ablehnt.

Sollte der 73-jährige ehemalige EU-Kommissar scheitern, verlangt die Verfassung, dass das Parlament Anfang 2015 neu gewählt wird. Und in den Umfragen liegt die Oppositionspartei "Bündnis der radikalen Linken" (Syriza) vorne. Sie war aus den Europawahlen Ende Mai mit knapp 27 Prozent der Stimmen als Sieger in Griechenland hervorgegangen.

Syriza punktet bei den Wählern vor allem damit, dass sie den von der Gläubiger-Troika verlangten Sparkurs ablehnt und den Großteil der erzwungenen Maßnahmen rückgängig machen will. So sollen alle entlassenen Beamten wieder eingestellt, der Mindestlohn wieder auf monatlich 751 Euro angehoben, Renten auf das Niveau vor der Krise erhöht und Steuern gesenkt werden. Bedürftige sollen Strom kostenlos bekommen, ihre Heizkosten sollen bezuschusst werden. Insgesamt will Tsipras 11,5 Milliarden Euro investieren, das sind etwa sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Gelingen soll das ohne neue Schulden. "Wir wollen keine Defizite", sagte Tsipras Anfang der Woche im Parlament. Wie sich seine Ankündigungen finanzieren lassen sollen, ist unklar Tsipras argumentiert, durch diese Maßnahmen werde die Konjunktur angekurbelt. Das werde zu höheren Steuereinnahmen und zu weniger Sozialausgaben führen.

Vor allem will Tsipras allerdings, dass Griechenland alte Schulden erlassen werden. Die Gläubiger-Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds sollen auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten, sie haben das Land mit 240 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt. Ob sich die Troika darauf einlässt, ist höchst zweifelhaft - ein heftiger Streit wäre unausweichlich.

Tiefe Rezession

Eine Regierungsbildung dürfte Tsipras zwar schwerfallen, doch die Verunsicherung an den Märkten ist da. Denn Griechenland droht politische Instabilität. Bei vorgezogenen Wahlen seien die Chancen auf einen Sieg der Regierungskoalition von Samaras gering, sagt Jan von Gerich, Chef-Anleihe-Analyst der Nordea Bank. "Dies könnte die wirtschaftliche Erholung erneut stoppen. Und wenn man sich das Programm von Syriza anschaut, ist nicht ausgeschlossen, dass die Leute zu zweifeln beginnen, dass Griechenland noch eine Zukunft in der Eurozone hat." "Das wäre ein Desaster für das Land. Das würde alles Vertrauen zerstören", sagt Craig Erlam vom Londoner Broker Alpari. Denn Syriza stelle einen Großteil der Abmachungen und damit auch künftige Verträge grundsätzlich in Frage.

Die Furcht vor unsicheren Zeiten ist nicht nur an der Athener Börse zu sehen, sondern auch am Anleihemarkt. Einige Investoren trennten sich von griechischen Staatsanleihen und trieben die Renditen der richtungsweisenden zehnjährigen Titel auf mehr als 8 Prozent.

George Saravelos von der Deutschen Bank sprach von einer "deutlich verschärften Phase der Verunsicherung bis zum Jahresende", zumal auch die weiteren Hilfsmaßnahmen für Griechenland ungeklärt seien. Das Parlament in Athen hatte Anfang der Woche den Haushalt für das kommende Jahr beschlossen, doch die Troika verlangt höhere Einsparungen. Das lehnt Ministerpräsident Samaras aus Furcht vor neuen Protesten und politischer Destabilisierung ab.

Griechenland leidet unter den Folgen von sechs Rezessionsjahren in Folge, der Abschwung wurde durch Einschnitte bei Löhnen und Renten verstärkt. Die Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 25 Prozent, bei Jugendlichen ist sie etwa doppelt so hoch.

Vor diesem Hintergrund kommen die Versprechen von Tsipras in Griechenland gut an. "Ende Dezember endet die desaströse Aktivität der Ausverkaufsregierung", kündigt der Oppositionsführer an. Für Investoren ist das Grund genug, erst einmal Abstand zum Aktienmarkt in Athen und zu griechischen Staatsanleihen zu nehmen.

Quelle: ntv.de, mit DJ/rts

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