Wirtschaft

Drahi schmiedet an neuer Nummer 1 Telekomkonzern Altice greift nach Bouygues

Bouygues könnte vom Markt verschwinden.

Bouygues könnte vom Markt verschwinden.

(Foto: REUTERS)

In Frankreich steht der Mobilfunkmarkt vor einem gewaltigen Umbruch. Aus vier Anbietern könnten drei werden. Milliardär Drahi setzt seine Shopping-Tour fort. Dich von den Behörden kommt Widerstand.

Der europäische Kabelmagnat Patrick Drahi setzt seine Einkaufstour fort. Der von ihm kontrollierte Telekomkonzern Altice hat dem französischen Wettbewerber Bouygues Telecom ein Übernahmeangebot unterbreitet. Nähere Angaben machte die Altice SA nicht. Insidern zufolge will das Unternehmen mit Sitz in Luxemburg rund zehn Milliarden Euro auf den Tisch legen. Altice will Bouygues Telecom der Unternehmensmitteilung zufolge über ihre Tochter Numericable-SFR übernehmen.

Trotz der milliardenschweren Offerte schießt die Altice-Aktie um fast 14 Prozent nach oben. Obgleich der Preis zwei Milliarden Euro über dem Wertansatz für Bouygues Telecom der ING liegt, bewerten die Analysten den möglichen Deal sehr positiv und sehen erhebliches Synergiepotenzial in den Bereichen Infrastruktur, Personal und Marketing. Dieses könnte sich auf bis zu 12 Milliarden Euro belaufen.

ING schätzt, dass die Ebitda-Marge von Altice bis auf 50 Prozent steigen könnte. Grund hierfür seien ein nach dem Kauf geringerer Wettbewerb und sehr viel niedrigere Kosten. Die Analysten erwägen eine Anhebung ihres Kursziels. Für Bouygues geht es um knapp 15 Prozent nach oben. Orange steigen um 7,2 Prozent. Europaweit gewinnt der Sektor 4 Prozent.

Im Zuge der Offerte, die vor rund zehn Tagen gemacht worden sei, schlage Altice die Integration von Bouygues in das bestehende französische Geschäft von Numericable-SFR vor, sagte einer der Insider. Das fusionierte Unternehmen würde dem früheren Monopolisten Orange SA den Rang ablaufen und wäre der größte Telekomkonzern nach Vertragskundenzahlen. Die Zahl der Mobilfunkanbieter im französischen Markt würde sich von vier auf drei verringern.

30 Milliarden für Zukäufe

Der Selfmade-Milliardär Drahi hat im vergangenen Jahr schon gut 30 Milliarden US-Dollar für Zukäufe ausgegeben und hat sich zu einem wichtigen - wenn auch hochverschuldeten - Marktteilnehmer auf beiden Seiten des Atlantiks aufgeschwungen. Zuletzt vereinbarte er etwa den Kauf des US-Kabelbetreibers Suddenlink Communications für 9,1 Milliarden Dollar, im vergangenen Jahr hatte er die Portugal Telecom für 8,4 Milliarden Dollar erworben. Drahi will sich in den USA weiter nach Deals umschauen.

Seine größten Wetten aber ist er bislang in Frankreich eingegangen: Vor knapp einem Jahr hatte Drahi die Bouygues SA in einer Bieterschlacht um die Vivendi-Tochter SFR ausgestochen, die in dem Deal mit 17 Milliarden Euro bewertet wurde. Anfang diesen Jahres erwarb Drahi den 20-Prozent-Anteil, den Vivendi noch nicht veräußert hatte, früher als zuvor geplant. Mit dem Kauf von Bouygues Telecom könnte Drahi wesentliche Einsparungen in Bereichen wie Netzinvestitionen, Marketing und IT erzielen. Numericable-SFR steuert den größten Teil zum Umsatz von Altice bei.

Gleichzeitig expandierte Drahi auch ins Mediengeschäft. Die französische Wettbewerbsbehörde genehmigte jüngst den Kauf der Zeitung "Liberation" und des Wochenmagazins "L'Express".

Behörden reserviert

Der Ehrgeiz des Investors, den französischen Telekommarkt zu konsolidieren, könnte allerdings auf regulatorische Hürden der französischen Regierung stoßen. Am Sonntag hatte Wirtschaftsminister Emmanuel Macron einen Warnschuss gegen den Deal abgefeuert und gefordert, Unternehmen sollten sich auf Investitionen und Jobs konzentrieren, nicht Fusionen.

Auch die Europäische Kommission hat bei Zusammenschlüssen in der Telekombranche zuletzt eine harte Haltung eingenommen und erklärt, der Wettbewerb solle zum Nutzen der Verbraucher aufrechterhalten werden. Die französische Wettbewerbsaufsicht ist nach eigener Aussage bei solchen Deals misstrauisch.

Um möglichen kartellrechtlichen Bedenken zu begegnen, sei Drahi einen Deal mit der Iliad SA eingegangen - dem Mutterunternehmen eines anderen Mobilfunkanbieters in Frankreich, Free Mobile. Demnach sollen Teile des Netzes und Spektrum von Bouygues verkauft werden, sagten die Informanten weiter.

Bislang keine Verhandlungen

Der von Drahi nun offenbar gebotene Preis für Bouygues Telecom ist sehr viel höher als ein Angebot, dass Iliad im vergangenen Jahr unterbreitet hatte und das das Unternehmen laut Kreisen mit fünf Milliarden bis sechs Milliarden Euro bewertete.

Bouygues hat im vergangenen Jahr sowohl mit Iliad als auch Orange Gespräche über eine mögliche Konsolidierung des Marktes geführt. Die drei konnten sich jedoch nicht auf Konditionen und einen Preis einigen. Die meisten Analysten bewerten Bouygues Telecom mit rund fünf Milliarden Euro.

Am Markt war schon über eine mögliche Übernahme spekuliert worden. Trotz des gewaltigen Schuldenbergs, den sich Altice mit dem SFR-Kauf aufgehalst hat, bleibt Drahi in Kauflaune. Voraussetzung wäre allerdings, dass die Konzernmutter Bouygues SA ihre Firmentochter gehen lässt. Bouygues bestätigte die unaufgeforderte Offerte von Altice. Der Board werde diese bis zum Dienstag prüfen. Verhandlungen mit Altice fänden derzeit nicht statt.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ

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