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Geldbeschaffung per Krypto-IPO Startup will Babynahrung sicher machen

In China gab es in den vergangenen Jahren viele Skandale um verseuchte Babynahrung.

In China gab es in den vergangenen Jahren viele Skandale um verseuchte Babynahrung.

(Foto: REUTERS)

Die einen halten Börsengänge aus dem Reich des Kryptogelds für Lug und Trug. Andere bezeichnen Initial Coin Offerings als "Geburt einer neuen Wirtschaft". Das kleine chinesische Startup Walimai zeigt: Es gibt gute Ansätze.

Das chinesische Start-up Walimai, das 11,5 Millionen Dollar durch den Verkauf von sogenannten Token aufnehmen will, ist untypisch. Weder ist es ein Fintech, noch steht es sonstwie in Verdacht, mit Bitcoin oder anderen Krypto-Währungen zu zocken. Walimai will eine Technologie weiterentwickeln, die in der realen Welt gefälschte Nahrungsmittel identifizieren kann.

Lebensmittelsicherheit, insbesondere bei Kindernahrung, ist ein großes Thema in China. Im Jahr 2008 erkrankten viele Säuglinge, weil sie verseuchte Milchprodukte getrunken hatten. Einige von ihnen starben. Obwohl Peking seine Ein-Kind-Politik gelockert hat, leisten sich viele Eltern weiterhin nur ein Kind. Es sei "das Wichtigste in ihrem Leben", sagt Zennon Kapron, Direktor der in Schanghai ansässigen Beratungsfirma Kapronasia dem Nachrichtensender CNBC. Die Eltern seien auch "bei Lebensmittelsicherheit oder Bildung bereit, deutlich mehr auszugeben".

Walimai trifft mit seinen fälschungssicheren Etiketten für Nahrungsmittel, die dem Käufer per App auf dem Handy die Echtheit eines Produkts bestätigen sollen, auf jeden Fall den Nerv der Verbraucher. Den Nerv der Finanzaufsichtsbehörden trifft Walimai mit der Art seiner Finanzierung eher nicht. Denn sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs) bergen große Risiken für Anleger.

Der smarte Kontrakt zwischen den Geschäftspartnern ist simpel und gleichzeitig völlig unreguliert: Im Rahmen von Krypto-IPOs - die zunächst an herkömmliche Börsengänge, Initial Public Offerings, von Unternehmen erinnern - überweisen die Investoren den Firmen etablierte Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether und bekommen im Gegenzug eine virtuelle Währung, die das Start-up herausgibt. Im Unterschied aber zu herkömmlichen Börsengängen gibt es keinerlei Absicherung für das eingesetzte Kapital. Was ein Token wert ist und welche Ansprüche der jeweilige Käufer damit hat, geht von ICO zu ICO weit auseinander. Jede Firma bestimmt selbst. 

Währungs-Wildwuchs birgt Potenzial für Betrug

Die Token können eine Unternehmensbeteiligung wie Aktien sein, sie können eine Gewinnbeteiligung beinhalten oder aber sie können auch nur ein Gutschein für eine spätere Dienstleistung sein. Es soll sogar Firmen geben, die das Geld der Anleger als Spenden quittieren und sagen, die Investoren hätten gar keine weitergehenden Ansprüche. Regeln oder Beschränkungen gibt es schlicht nicht.

Angesichts des Wildwuchses bei den virtuellen Währungen haben Staaten und Finanzregulatoren weltweit in den vergangenen Monaten Alarm geschlagen. Als erster Staat verbot China Anfang September ICOs, Südkorea zog nach. Die europäische Finanzaufsicht warnte ebenfalls, weil ganz leicht ein paar Millionen Dollar abzocken können, ohne dass eine Finanzaufsicht dies verhindern könnte.

Gestoppt hat das diesen Trend nicht. Auch wenn zwischendurch geunkt wurde, dass die "Dienstmädchen-Hausse" das Ende des ICO-Trends verkündet. Ungeachtet aller Warnungen und Verbote sind virtuelle Börsengänge ein immer beliebteres Vehikel für Start-ups. Waren es im vergangenen Jahr gerade einmal 46, sind es dieses Jahr bereits über 200 Firmen. Zusammen tankten sie gut drei Milliarden Dollar - zehn Mal so viel wie im Vorjahr.

Die chinesische Walimai musste für ihr ICO nach Singapur umziehen, denn dort sieht die Aufsicht Krypto-IPOs noch etwas gelassener als auf dem chinesischen Festland. Die Vorteile von ICOs für Unternehmen liegen auf der Hand: Es gibt nicht nur keine Regularien, wie auf dem Finanzmarkt sonst üblich, sondern es gibt auch sonst weniger Bürokratie. Außerdem ist das Kapital, das so theoretisch angezapft werden kann, gigantisch.

Nächste Stufe des Crowdfundings?

Manche Beobachter sehen in virtuellen IPOs inzwischen die nächste Stufe des Crowdfundings. Gerade in Ländern wie China, in denen der Zugang zum Kapitalmarkt stark reglementiert ist, bieten ICOs nicht nur für Unternehmer, sondern auch für Anleger eine der wenigen Möglichkeiten, Kapital zu sammeln und Rendite zu machen. Solange es noch einen Ort auf der Welt gibt, wo virtuelle Börsengänge nicht reglementiert sind, wird der Trend deshalb kaum zu stoppen sein.

Walimai gibt 46 Millionen WaBi-Münzen für 0,25 US-Dollar pro Token aus, insgesamt gibt es ungefähr 100 Millionen WaBi-Token. Nach Unternehmensangaben können diese statt Bargeld beim Kauf von Produkten mit Walimai-Etiketten eingesetzt werden. Selbst Peking, das ICOs verboten hat, hat das Geschäftsmodell, Echtheit von Nahrungsmitteln zu scannen, durch die Zuteilung von Fördermitteln für gut befunden. Viel Geld sei es zwar nicht gewesen, sagt Firmenchef Alexander Busarov CNBC. Dafür hätte es dem Unternehmen mit rund 20 Mitarbeitern in China, Russland und den Niederlanden aber "Glaubwürdigkeit" und "Verbindungen" gebracht.

"Auf der einen Seite sind ICOs wirklich toll, auf der anderen Seite sind sie wirklich gefährlich", sagt Julian Hosp, Mitbegründer und Präsident des in Singapur ansässigen Start-ups TenX CNBC. Der Zahlungsdienstleister am ICO-Markt hat erfolgreich rund 80 Millionen Dollar durch einen Token-Verkauf eingenommen, um seine Technologie weiterzuentwickeln. Das TenX-Wallet soll möglichst viele Kryptowährungen integrieren, damit das mühselige Tauschen in andere Währungen wegfällt. Einen Bezug zur realen Welt gibt es nicht.

Nick Spanos, CEO von Zap und Gründer des Bitcoin Center NYC, denkt weiter. Er spricht von der "Geburt einer neuen Wirtschaft", in der vorausdenkende Menschen "veraltete Methoden" des Fundraisings ablösen. Beide Welten - die virtuelle wie die reale - haben letztlich eines gemein: Start-ups brauchen Risikokapital. Wo echtes knapp ist, werden die Unternehmen wohl auch in Zukunft notgedrungen virtuelle Quellen anzapfen. Am Ende zählt in beiden Welten, wer oder was hinter einem Börsengang steht.

Quelle: ntv.de

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