Wirtschaft

Spardebatte mit schrillen Untertönen Staatschef beschimpft Schäuble

In Krisenzeiten verzichten verantwortliche Politiker mitunter auf diplomatische Zurückhaltung. So greift Griechenlands Präsident Papoulias in ungewohnt scharfer Form Bundesfinanzminister Schäuble sowie die Regierungen der Niederlande und Finnlands an. Zum Glück wird auch Realpolitik gemacht: Am Montag soll die Entscheidung zu den neuen Athen-Hilfen fallen. Eurogruppen-Chef Juncker äußert Zuversicht.

Wegen ihrer harten Haltung im Umgang mit Griechenland hat sich der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die Niederlande und Finnland vorgenommen. "Ich akzeptiere nicht, dass Herr Schäuble mein Land verhöhnt, als Grieche akzeptiere ich das nicht", sagte Papoulias während eines Besuchs im Verteidigungsministerium in Athen. "Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland verhöhnt? Wer sind die Niederländer? Wer sind die Finnen?", fügte das 82-jährige Staatsoberhaupt hinzu.

Wolfgang Schäuble sprach von einem Fass ohne Boden.

Wolfgang Schäuble sprach von einem Fass ohne Boden.

(Foto: dpa)

"Wir waren stets stolz nicht nur auf die Verteidigung unserer Freiheit, sondern auch auf diejenige Europas", bemerkte Papoulias, der in jungen Jahren gegen die deutschen Besatzer Griechenlands kämpfte, später in München und Köln Jura studierte und fließend Deutsch spricht.

Schäuble hatte zuvor erklärt, die Euro-Länder seien weiterhin bereit, das hochverschuldete Griechenland zu unterstützen. Allerdings könnten sie "nicht in ein Fass ohne Boden schütten", sagte er im SWR vor einer Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister über Griechenland. Die Niederlande und Finnland gelten innerhalb der Eurozone ebenfalls als Vertreter einer harten Linie gegenüber Griechenland.

Entscheidung über Athen-Hilfen am Montag

Unterdessen zeigte sich Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker zuversichtlich, am kommenden Montag die neuen Milliarden-Hilfen für Griechenland beschließen zu können. Er sei "zuversichtlich", dass beim nächsten Treffen der Eurogruppe "alle notwendigen Entscheidungen" fallen würden, erklärte Juncker nach einer Telefonkonferenz der Eurozonen-Finanzminister.

Der luxemburgische Regierungschef begründete dies in einer Erklärung mit den schriftlichen Verpflichtungen der Regierungsparteien Pasok und Nea Dimokratia an die Europartner, auch nach den Wahlen den vereinbarten Spar- und Reformkurs zu verfolgen. Auch sei klar geworden, wie die von der Eurogruppe geforderten neuen Einsparungen in Höhe von 325 Millionen Euro erzielt werden könnten. Das entsprechende Einsparpotenzial seien von der Athener Regierung und der Troika "identifiziert" worden.  

, da Griechenland die Bedingungen für eine Entscheidung über die Freigabe eines neuen Rettungspakets über 130 Milliarden Euro nicht erfüllt hatte.

Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos hatte zuvor eine schwindende Unterstützung beklagt. "In der Eurozone gibt es manche, die uns nicht mehr haben wollen", sagte der Pasok-Politiker nach offiziellen Angaben bei einem Treffen mit Papoulias. Die Bundesregierung wies Spekulationen zurück, sie halte eine Staatspleite für unvermeidbar und akzeptabel. "Ich kann ganz klar für die Bundesregierung sagen, dass diese Gerüchte falsch sind. Eine solche Entscheidung Deutschlands gibt es nicht", stellte Regierungssprecher Steffen Seibert klar.

Offen ist, wann die Absichtserklärung mit Privatgläubigern wie Banken und Versicherungen auf einen Schuldenschnitt bekanntgegeben werden soll. Die Staatsschulden sollen so um rund 100 Milliarden Euro sinken. Eine grundsätzliche Einigung soll es bereits geben, wobei das Ausmaß offen ist. Schäuble betonte, die Verhandlungen seien weit vorangeschritten. Ein Sprecher von EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn sagte: "Die Privatsektorbeteiligung ist eine umfangreiche Operation, sie braucht Zeit."

Zweifel an griechischer Reformfähigkeit

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann erteilte einer Beteiligung der Notenbanken an einem freiwilligen Schuldenschnitt eine klare Absage. "Der entscheidende Punkt ist, dass es uns nicht erlaubt ist, auf Forderungen gegenüber einem Staat zu verzichten. Das wäre eine Form der monetären Staatsfinanzierung", sagte er dem "Handelsblatt".

Weidmann äußerte Zweifel an der . "Das, was jetzt entschieden wurde, ist ein wichtiger Schritt. Entscheidend ist am Ende aber die Umsetzung der Maßnahmen, und dafür braucht es eine Verwaltung, die die Maßnahmen umsetzt, und eine Bevölkerung, die sie trägt."

Im EU-Parlament mehren sich Forderungen nach mehr Wachstumsinitiativen für Griechenland - statt das Land "kaputt zu sparen". Die Sozialdemokraten wollen eine eigene Troika von Parlamentariern nach Griechenland schicken, um mit Regierungsvertretern und Gewerkschaftern über ein alternatives Programm zu beraten. Es sollte Vorschläge zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beinhalten.

"Bundestag darf nicht überrumpelt werden"

Angesichts der zähen Verhandlungen kommt im Bundestag Unruhe über den Zeitplan für die Zustimmung zum geplanten Hilfspaket auf. Bislang ist anvisiert, dass die Abgeordneten über das Paket am 27. Februar abstimmen. Zuvor ist eine kurze Beratung in den Fraktionen vorgesehen. Bundestagspräsident Norbert Lammert hofft, dass in den beiden kommenden Wochen alle Bedingungen erfüllt werden, die "eine Zustimmung des Bundestags ohne weitere Befassung ermöglichen". "Ob die dafür vorgesehene Beratungszeit reichen wird, wird man sehen", sagte der CDU-Politiker der "Financial Times Deutschland".  

Der parlamentarische SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann verwies darauf, dass derzeit nicht einmal klar sei, ob über Hilfen von 30, 130 oder 165 Milliarden Euro abgestimmt werden solle. "Ich erwarte, dass die Bundesregierung schnell Klarheit schafft." Das Parlament werde verantwortungsvoll entscheiden, sagte Oppermann dem "Hamburger Abendblatt". "Aber der Bundestag darf nicht überrumpelt werden."

Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa/rts/DJ

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