Wirtschaft

Sondersitzung vor Finanzgipfel Spanien beschäftigt Bundestag

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(Foto: dpa)

Noch ist offen, mit wie viel Milliarden spanische Banken aus Europa geholfen werden soll. Sicher scheint nun jedoch, dass die Bundestagsabgeordneten in der kommenden Woche zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um ihr Placet zu den Bankenhilfen zu geben. Die Opposition meldet vorsorglich an, vor einer Zustimmung erst einmal genügend Fakten sehen zu wollen.

Am letzten Sitzungstag des Deutschen Bundestages vor der Sommerpause hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert den Parlamentariern den Rat mit auf den Weg gegeben, stets das Handgepäck im Urlaub griffbereit zu halten. Was als Hinweis auf mögliche Sondersitzungen wegen des ESM-Vertrags und Fiskalpakts gedacht war, stellt sich nun als hilfreicher Hinweis für Spanien heraus:

Am 19. Juli wird der Bundestag seine Sommerpause für eine Sondersitzung über den Hilfsantrag Spaniens an den Euro-Rettungsschirm EFSF unterbrechen. In Regierungskreisen hieß es nach einer Telefonkonferenz des Bundesfinanzministeriums mit den Fraktionsspitzen im Bundestag, die Sitzung sei für Donnerstag kommender Woche um 14.00 Uhr geplant. Der finanzpolitische Sprecher der Linkspartei im Bundestag, Axel Troost, gab ebenfalls das Datum an. Auch bei den Grünen wurde es genannt.

EU-Reformempfehlungen Spanien

Sollte Spanien nicht nur Hilfe für seine Banken benötigen, sondern ganz unter den Rettungsschirm schlüpfen, muss es sich einem Reformprogramm unterwefen, das sich an Empfehlungen der Europäischen Union orientiert. Diese sehen vor:

  • Staatsdefizit im Jahresschnitt 2010 bis 2013 mindestens um 1,5 Prozent pro Jahr abbauen
  • Renteneintrittsalter an gestiegene Lebenserwartung anpassen
  • Wachstumsfreundlicheres Steuersystem, das Arbeit weniger und Verbrauch mehr belastet. Voller Mehrwertsteuersatz für mehr Produkte
  • Umbau des stark angespannten Finanzsektors
  • Umsetzung von Arbeitsmarktreformen, Verbesserung der Wirksamkeit von aktiver Arbeitsmarktpolitik
  • Stärkere Förderung arbeitsloser Jugendlicher
  • Öffnung stark abgeschotteter Berufsgruppen, z.B. durch Abbau von Wartezeiten für Lizenzen
  • Stärkere Verknüpfung der Strom- und Gasversorgung mit den Nachbarländern, um Kosten zu senken

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble soll vom Parlament grünes Licht bekommen, um bei der Sitzung der Euro-Finanzminister einen Tag später den Hilfen für Spanien zustimmen zu können. Damit Schäuble freie Hand bekommt, reicht es aus, dass der Bundestag mit einfacher Mehrheit den Hilfsantrag befürwortet.

SPD und Grüne stellen Bedingungen

Ob die Koalition dabei auch aus der Opposition Unterstützung bekommt, ist noch offen. Der stellvertretenden SPD-Fraktionschef Joachim Poß sagte, es komme sehr auf die vereinbarten Details an: "Hier ist Schäuble in der Pflicht, den Bundestag umgehend über die vereinbarten Details zu informieren." Solange Unklarheit über die genauen Bedingungen herrsche, könne Schäuble nicht auf die Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion hoffen. Auch bei den Grünen wurde betont, eine Entscheidung über die mögliche Zustimmung zu den Hilfsmaßnahmen für Spanien könne erst fallen, wenn die Einzelheiten bekannt seien.

Die Eurogruppe hat Spanien bereits bis zu 100 Mrd. Euro Hilfen für die Banken in Aussicht gestellt. Der tatsächliche Bedarf liegt nach Untersuchungen von unabhängigen Beratern eher bei rund 60 Mrd. Euro.

Eine erste Tranche von 30 Mrd. Euro soll noch im Juli an die spanische Regierung fließen. Diese kann dann wiederum mit den Mitteln ihre heimischen Finanzinstitute stärken. "Das soll zu einem neuen Vertrauen in das spanische Bankensystem beitragen", bilanzierte EU-Währungskommissar Olli Rehn nach zweitägigen Beratungen der europäischen Finanzminister. Vor allem die spanischen Sparkassen leiden unter den Folgen einer geplatzten Immobilienblase.

Madrid hofft auf "sehr niedrige Zinsen"

Spanien zeigte sich zufrieden. "Ich denke, mit Blick auf die Rekapitalisierung [der Banken] ist das ehrlich eine gute Einigung", sagte Wirtschaftsminister Luis de Guindos. Er erwarte "sehr niedrige Zinsen" für die Notkredite aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF. Im Gespräch seien Raten von drei bis vier Prozent - also etwa halb so viel, wie Spanien derzeit Investoren an den Märkten bieten muss.

Als Gegenleistung muss Madrid Auflagen erfüllen und seinen Bankensektor von Grund auf reformieren. Laut Schäuble geht es dabei auch um Grenzen für die Gehälter von Bankmanagern. Seine österreichische Amtskollegin Maria Fekter betonte, die Vereinbarung mit Spanien (Memorandum of Understanding) enthalte "eine Fülle von Auflagen und Regularien, die Spanien einhalten muss".

Quelle: ntv.de, nne/rts

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