Wirtschaft

Minister treibt Banken zu Fusion Scholz probiert es auf die chinesische Art

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Es ist extrem bedenklich, wie der Finanzminister Deutsche Bank und Commerzbank in eine Fusion zu treiben versucht. Diese Art politischer Einmischung passt zu Chinas staatlichem Dirigismus, aber nicht zu Deutschland.

Zur Erinnerung: Olaf Scholz ist SPD-Mitglied. Doch seine Politik als Bundesfinanzminister unterscheidet sich nur marginal von der Wolfgang Schäubles. Wie sein CDU-Vorgänger hat Scholz alles getan, die Digitalsteuer für Internetgiganten zu verhindern. Wie einst Schäuble torpedierte er die vom EU-Parlament geforderte Pflicht für Großkonzerne zur Offenlegung zentraler Steuerdaten. Die "schwarze Null" im Bundeshaushalt ist für Scholz genauso Fetisch, wie sie es für Schäuble war.

Auch beim Thema Banken verfolgt der SPD-Mann einen pragmatischen Ansatz. Schäuble hatte keine Anstalten gemacht, die 15,5 Prozent an der Commerzbank zu verkaufen, die der Bund seit der Rettung des Kreditinstituts während der Finanzkrise besitzt. Denn das wäre mit einem Offenbarungseid einhergegangen: Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel hätten eingestehen müssen, dass ein Großteil der Steuermilliarden, die in die Bank investiert wurden, verloren ist.

Anregungen für die Wirtschaftspolitik geholt? Scholz bei einem Besuch in Peking.

Anregungen für die Wirtschaftspolitik geholt? Scholz bei einem Besuch in Peking.

(Foto: picture alliance / dpa)

Schon unter Schäuble gab es im Finanzministerium Gedankenspiele, den Commerzbankanteil strategisch zu nutzen. Aber erst Scholz setzt sie - an der Seite seines Staatssekretärs Jörg Kukies, ehemals Deutschland-Chef von Goldman Sachs - offensiv um. Scholz sprach Sätze, die manchem Juso Schnappatmung beschert haben dürften: "Die Banken müssen wieder nachhaltig profitabel werden. Das sind Aufgaben, die unternehmerisch geleistet werden müssen. Als Regierung sind wir Gesprächspartner für die Branche", sagte Scholz im Sommer 2018. 

Das war der Beginn der Umsetzung seines Plans für eine deutsche Großbank, einen "nationalen Champion", der das Zeug zum Global Player hat. Nun bekommen Scholz und Kukies, was sie wollen: Deutsche Bank und Commerzbank haben dem Druck aus dem Finanzministerium nachgegeben und verhandeln über eine Fusion. Dass es dazu kommt, ist kein gutes Zeichen für den Standort Deutschland. Denn ein politisch erzwungener Zusammenschluss von Unternehmen passt zu einer politisch gelenkten Wirtschaft wie der Chinas, nicht aber zu Deutschlands Marktwirtschaft.

Ein Global Player wäre gut für Deutschland

Dabei hat Scholz recht, wenn er sich für die Bundesrepublik einen Global Player wünscht. Es wäre gut, wenn die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt einen Finanzkonzern hätte, der exportierende Unternehmen ins Ausland begleitet. Ein Branchenriese, der die Beratung bei komplexen Transaktionen sowie die Führung bei großen Kreditkonsortien übernimmt, statt das Geschäft der ausländischen Konkurrenz zu überlassen.

Auch das Horrorszenario, das den Minister treibt, ist durchaus realistisch: ein massiver Konjunkturabsturz, der zu Kreditausfällen führt, was die skandalgebeutelte Deutsche Bank so hart treffen könnte, dass der Staat finanziell einspringen muss. Doch es ist fraglich, dass eine Fusion, die den Staat zum Anteilseigner werden lassen würde, daran etwas ändern würde. Größe allein ist keine Stärke.

Der Plan von Scholz wirkt unausgegoren. Grotesk ist, dass Scholz die Bedenken der Aufseher von der BaFin und der Europäischen Zentralbank einfach übergeht, die am Sinn einer Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank zweifeln. Gar nicht gut ist, wie Scholz hinter den Kulissen Druck macht, Gespräche arrangiert, Pläne lanciert, bewirbt und durch das Inaussichtstellen etwa von steuerlichen Hilfen vorantreibt. Das mag in einem Vorstand oder einem Start-up mit wenigen Leuten, die einen verschworenen Haufen bilden, funktionieren, aber niemals in einer Behörde wie dem Finanzministerium, wo das Durchstechen von Informationen eine Art Volkssport ist.

Die Folge davon ist, dass durch öffentliche Diskussionen größtmögliche Unruhe entsteht und wilde Spekulationen angeheizt werden. Nun schaut die ganze Welt zu, wie die Fusionsgespräche laufen. Jedes Detail, das aus den Unterredungen durchsickert, wird zerredet und - je nach Standpunkt - torpediert. Die Aktien bleiben Objekt lustvoller Spekulation an der Börse. Verunsicherte Kunden verlassen die beiden Banken.

Was sind die Alternativen?

Man kann nur hoffen, dass Scholz und der bestens in der Finanzwelt verdrahtete Kukies die Institute während der Verhandlungen in Ruhe lassen. Sie müssen ihre Entscheidung völlig frei nach rein unternehmerischen Aspekten treffen. Erheblichen Schaden hat Scholz schon angerichtet, weil ein Ja zur Fusion immer so aussehen würde, als sei es unter politischem Druck zustandegekommen.

Bedauerlich ist das, weil sich Scholz' Idee einer deutschen Megabank als richtig erweisen könnte. Christian Sewing, Vorstandschef der Deutschen Bank, ist zwar drauf und dran, die Lage des Unternehmens zu verbessern. Aber wie viel Zeit hat er noch, um seine Bank angesichts der Nullzinspolitik der EZB und miserabler Konjunkturaussichten nachhaltig auf Kurs zu halten? Auch die Commerzbank hat deutliche Fortschritte gemacht. Aber ist sie zukunftssicher?

Zwar ist die Kritik an dem Fusionsplan nachvollziehbar. Natürlich wäre die "Deutsche Commerzbank" alles andere als ein Global Player. Doch was wären die Alternativen? Was passiert, wenn die Deutsche Bank ihren Niedergang nicht stoppen kann? Wird sie genauso wie die Commerzbank zum Übernahmekandidaten und fällt in ausländische Hände? So schwach, wie die zwei Geldhäuser im internationalen Maßstab gerade dastehen, könnten sie nie und nimmer auf Augenhöhe verhandeln.

Die viel beschworene Stärke der US-Konkurrenten liegt nicht in deren Größe als solcher, sondern in der Profitabilität. Dass die deutschen Banken hier nicht ansatzweise mithalten können, liegt vor allem an der harten Wettbewerbssituation auf dem nationalen Markt. Das System aus privaten, genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Instituten ist in seiner jetzigen Form überholt und sollte reformiert werden. Darauf sollte Scholz den Fokus richten, statt den Chinesen zu markieren.

Quelle: ntv.de

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