Wirtschaft

Tesla vs. IG Metall Schicksalsgemeinschaft in der Eifel

Die Ruhe täuscht - ein bisschen: Prüm ist ein anerkannter Luftkurort, aber auch Standort mehrerer mittelständischer Unternehmen.

Die Ruhe täuscht - ein bisschen: Prüm ist ein anerkannter Luftkurort, aber auch Standort mehrerer mittelständischer Unternehmen.

(Foto: imago/Horst Galuschka)

Wissen Sie, wo Prüm liegt? Elon Musk jedenfalls kennt den kleinen Ort in der Eifel. Die Mitarbeiter der dortigen Tesla-Tochter drohen, seine Mission zu gefährden. Doch der Visionär und die Angestellten wissen, dass sie voneinander abhängig sind.

Wenn jemand erklären soll, was ein "Hidden Champion", ein "versteckter Weltmarktführer" ist, kann Grohmann als perfektes Beispiel dienen. Rund 800 Mitarbeiter des mittelständischen Unternehmens produzieren modernste Maschinen für die Fertigung unter anderem von Batterien für Elektroautos. Sie tun das in einem kleinen Gewerbegebiet in Prüm - so tief in der Eifel, dass man die Lage kaum anhand eines bekannten Ortes in der weiteren Umgebung beschreiben kann. Fast alle großen Namen der Branche setzten Grohmann-Maschinen ein: Daimler, BMW, Bosch und auch der amerikanische Superstar der Elektromobilität Tesla.

Tesla Motors (USD)
Tesla Motors (USD) 175,79

Um seine Autoproduktion innerhalb von derzeit wenigen zehntausend auf mehrere Millionen zu schrauben, braucht Tesla die Geräte aus Prüm so dringend, dass der US-Konzern den deutschen Mittelständler vergangenes Jahr kaufte. Die Nachricht löste allseits Begeisterung aus. Aus Grohmann wurde Tesla Grohmann Automation. Die deutsche Tochter solle zur Basis für eine größere Expansion werden, hieß es, hunderte neue Stellen würden in den kommenden Jahren geschaffen.

Politik, Mitarbeiter und Gewerkschaften begrüßten die Übernahme. Die nahezu zeitgleiche Ankündigung von Tesla-Chef Elon Musk, er plane auch eine "Gigafactory" in Europa, heizten Spekulationen an, die Eifel könnte sogar zum Standort für eine neue hypermoderne Autofabrik werden.

Doch von der Aufbruchstimmung ist inzwischen nicht mehr viel zu spüren. "Die Hoffnung ist einer tiefen Verunsicherung gewichen", sagt Michael Ebenau, Sprecher des IG-Metall-Bezirks Mitte, n-tv.de. Dabei steht Grohmann eigentlich vor einem Luxusproblem: Die Geschäfte laufen so gut, dass die Aufträge kaum abgearbeitet werden können. Das Unternehmen brauche dringend neue Mitarbeiter, heißt es. Die lassen sich aber nicht finden am Standort Prüm, so lange man nicht bereit sei, mehr als 75 Prozent des üblichen Tariflohns der Branche zu zahlen, sagt Ebenau. Da Teslas Eigenbedarf Priorität habe, laufe das Unternehmen Gefahr, andere Kunden zu verlieren. "Die Mitarbeiter haben Angst, dass Grohmann sich in eine gefährliche Abhängigkeit allein von Tesla begibt", so der Gewerkschafter.

Abschied des Gründers sorgt für Spekulationen

Die Verunsicherung nahm noch zu, als kürzlich Klaus Grohmann aus der Geschäftsleitung ausschied. Bei Bekanntgabe der Übernahme im vergangenen Jahr hatte es noch geheißen, der Unternehmensgründer werde an Bord bleiben. Sein Abschied, ohne Bekanntgabe von Gründen, sorgt für Spekulationen über einen möglichen Streit über die Ausrichtung des Unternehmens.

"Das Vertrauen der Mitarbeiter in die Unternehmensleitung ist weg", sagt Ebenau. Deshalb verlangt die Gewerkschaft von Tesla den Abschluss eines Tarifvertrags, den es zuvor in dem inhabergeführten Unternehmen nicht gegeben hatte. Zu den zentralen Forderungen gehören zudem eine Garantie für Arbeitsplätze und eine "Heranführung der Gehälter an das Tarifniveau", wie der Gewerkschafter es formuliert.

Tesla reagierte mit einer Doppelstrategie: Einerseits bot Musk in einem Brief den Mitarbeitern mehr Geld in Form einer Lohnerhöhung von 150 Euro plus Einmalzahlungen und Tesla-Aktienanteile. Zudem versprach er, dass in den nächsten fünf Jahren keine Arbeitsplätze abgebaut würden. Andererseits schloss Musk einen Tarifvertrag oder auch nur Gespräche mit der Gewerkschaft kategorisch aus. Er glaube nicht, dass die IG Metall Teslas "Mission" teile, den Übergang zu nachhaltiger Energie global voranzutreiben, schrieb Musk.

Schaden eines Streiks wäre "immens"

Der Brief beruhigte die Gemüter in Prüm kaum. Gemeinsam wiesen Betriebsrat und Gewerkschaft Musks Angebot zurück. Der hohe "Ethos" vom Weltretter, den Musk als Antwort auf konkrete Forderungen vorbringe, habe eher für einen "Kulturschock" gesorgt, als Vertrauen wiederhergestellt, sagt Ebenau. "Dabei sind wir sehr wohl der richtige Partner, wenn es darum geht, Deutschland als Standort für die Elektromobilität zu etablieren." Der Gewerkschafter betont, dass die Arbeitnehmerseite kompromissbereit sei. Doch um einen Kompromiss zu finden, müsse man miteinander reden.

Bisher blocke die Unternehmensleitung allerdings jeden Versuch der Kontaktaufnahme ab, heißt es bei der IG Metall. Wenn das noch mehrere Wochen so bleiben sollte, könnte es "natürlich" auch zum Arbeitskampf kommen, sagt Ebenau.

Doch mit einem Streik will die IG Metall nur ganz vorsichtig drohen. "Der Schaden könnte immens sein", so Ebenau. Tatsächlich dürfte ein Streik das Vertrauen bereits verunsicherter externer Kunden nicht gerade festigen. Und auch der Mutterkonzern Tesla könnte empfindlicher getroffen werden, als den Mitarbeitern lieb sein dürfte. Zwar heißt es bereits, der dieses Jahr geplante Produktionsstart des neuen Model 3 werde durch einen Streik nicht gefährdet. Doch Musks gesamte Strategie beruht darauf, in extrem kurzer Zeit die Fertigung zu vervielfachen, dafür ist er auf die Maschinen aus Prüm angewiesen.  

Quelle: ntv.de

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