Wirtschaft

"Viel falsch gelaufen" Poco aus Steinhoff-Bilanz - weniger Umsatz

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(Foto: imago/Hannelore Förster)

Noch immer ringt Steinhoff mit den Bilanzen der vergangenen Jahre - und noch immer ist kein Land in Sicht. Doch die Geschäfte gehen weiter.

Der in der Krise steckende Möbelhändler Steinhoff hat im ersten Quartal seines Geschäftsjahres weniger umgesetzt. Demnach sanken die Erlöse in den ersten drei Monaten per Ende Dezember nach nicht testierten Zahlen von 5,1 Milliarden auf 4,86 Milliarden Euro. Grund für den Rückgang ist indes, dass Steinhoff die deutsche Möbelkette Poco nicht mehr voll in die eigene Bilanz aufnehmen kann. Man habe bei der Beteiligung nicht mehr das Sagen, erklärte der Konzern. Deshalb könne er nur noch die Beteiligungserträge bilanzieren. Ohne den Bilanzeffekt hätte Steinhoff in der tiefsten Krise seiner Geschichte sogar zwei Prozent mehr umgesetzt.

"In unserem Unternehmen ist viel falsch gelaufen", räumte die amtierende Konzernchefin Heather Sonn in einem Brief an die Aktionäre ein. "Wir alle wollen eine sichere Zukunft für Steinhoff, und ich will alles dafür tun." Bei der Vorlage des ersten Finanzberichts seit Bekanntwerden des Bilanzskandals benannte das in Deutschland mit den Poco-Häusern vertretene südafrikanische Unternehmen zudem sechs unabhängige Mitglieder für den Aufsichtsrat. Die Hauptversammlung findet am 20. April statt.

Wie es weiter hieß, legten die Erlöse in Europa um zwei und in Afrika um sieben Prozent zu. In den USA hingegen sanken sie um gut ein Sechstel. Mehr als die Hälfte des Umsatzes erwirtschaftet Steinhoff in Europa, vor allem mit Möbeln und Haushaltswaren über Ketten wie Conforama in Frankreich, Kika/Leiner in Österreich und Poco in Deutschland.

Größte Sorge: Liquidität

Steinhoff hatte im Dezember die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC mit der Durchführung einer unabhängigen Untersuchung von Unregelmäßigkeiten in der Rechnungslegung beauftragt. Das Unternehmen hat seither erklärt, dass es seine Ergebnis für 2015 und 2016 neu darlegen muss. Zahlen für 2017 wurden noch nicht veröffentlicht. Bei der Sanierung soll Richard Heis als Chief Restructuring Officer helfen. Er kommt von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und verfügt laut Steinhoff über 25 Jahre Erfahrung im Umbau komplexer Unternehmen.

Die Enthüllungen hatten nicht nur den Aktienkurs um bis zu 90 Prozent nach unten gedrückt, sondern Steinhoff auch in eine Liquiditätskrise gestürzt. Vor allem einigen Töchtern in Europa drohte zeitweise das Geld auszugehen, wie Sonn einräumte. Die größten Löcher seien inzwischen gestopft, doch brauche vor allem der US-Matratzenhändler Mattress Firm frische Mittel. "Gespräche mit unseren verschiedenen Gläubigern, sowohl in Südafrika als auch international, dauern an", teilte Sonn mit. Steinhoff arbeite weiterhin daran, die Gläubiger in Europa dazu zu bewegen, keine Kredite fällig zu stellen. Finanzkreisen zufolge muss Steinhoff in diesem Jahr etwa ein Fünftel seines rund 10,7 Milliarden Euro schweren Schuldenbergs refinanzieren.

Ende einer Ära - Firmengründer geht

Ein Gericht in Amsterdam hatte in der vergangenen Woche entschieden, dass sich Steinhoff die umstrittenen Anteile des österreichischen Mitaktionärs XXXLutz nicht zurechnen lassen dürfe. Weil Poco-Aufsichtsratschef Peter Pohlmann, der sich mit Steinhoff verbündet hatte, nach zehn Jahren seine Stimmrechte von zehn Prozent verloren hat, hat Steinhoff damit trotz eines 50-Prozent-Anteils bei Poco nicht mehr das Sagen. Damit fehlen von Oktober bis Dezember allein 365 Millionen Euro Umsatz.

Operativ habe bei Poco die Insolvenz des Küchen-Lieferanten Alno ins Kontor geschlagen. Die Umstellung auf andere Hersteller habe zehn Millionen Euro Umsatz gekostet, insgesamt stagnierte das Geschäft. Bei Kika/Leiner sei der Umsatz auf vergleichbarer Fläche um vier Prozent zurückgegangen. Im Aufsichtsrat von Steinhoff geht unterdessen eine Ära zu Ende: 20 Jahre nach dem Börsengang legte Firmengründer Bruno Steinhoff wie sein Geschäftspartner Claas Daun sein Mandat mit sofortiger Wirkung nieder. Zur Hauptversammlung am 20. April hätten sie nach den Vorschriften ohnehin ihren Platz freimachen müssen. Die Familie ist noch mit Angela Krüger-Steinhoff in dem Gremium vertreten.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts

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