Letzter Ausweg aus der Euro-Krise Plant die EZB negative Zinsen?
20.11.2013, 18:44 UhrTiefer können die Zinsen nicht mehr fallen? Doch. Ins Negative. Mit Strafzinsen will die EZB die Banken angeblich zwingen, ihr Billiggeld endlich an die Wirtschaft weiterzugeben, statt es bei der Notenbank zu bunkern. Die Planspiele zeigen, wie ernst es um die Eurozone steht.
Die Europäische Zentralbank (EZB) erwägt einem Medienbericht zufolge erstmals in ihrer Geschichte ernsthaft einen negativen Zins. Wie die Agentur Bloomberg unter Berufung auf zwei mit den Debatten in der Notenbank vertrauten Personen berichtete, könnte der unter dem Leitzins liegende sogenannte Einlagesatz auf -0,1 Prozent von derzeit 0,0 Prozent gekappt werden. Der Einlagesatz ist der Zins, den Banken von der EZB gezahlt bekommen, wenn sie ihr Geld über Nacht bei der Zentralbank anlegen.
Mit negativen Zinsen würden de facto jene Banken bestraft, die ihr Geld wegen der andauernden Vertrauenskrise im Finanzsektor lieber sicher bei der EZB parken anstatt Kredite an andere Institute oder Firmen und Haushalte zu vergeben. Mit den Plänen will die EZB offenbar die marode Wirtschaft im Euro-Raum ankurbeln und die Massenarbeitslosigkeit im Süden der Euro-Zone zu bekämpfen. Eine Sprecherin der EZB wollte den Bericht nicht kommentieren. An den Finanzmärkten geriet der Euro deutlich unter Druck. Die Gemeinschaftswährung fiel auf ein Tagestief von 1,3453 Dollar.
Notwendig könnte der Schritt ins Negative werden, weil die EZB die Zinsen kaum noch weiter senken kann. Die Währungshüter hatten Anfang November ihren Leitzins auf das Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt und den Einlagensatz bei 0,0 Prozent belassen. Der EZB-Rat entscheidet Anfang Dezember das nächste Mal über die Zinsen.
Notfallplan mit unerwünschten Nebenwirkungen
EZB-Chef Mario Draghi hatte kürzlich erklärt, die Zentralbank sei technisch bereit für negative Zinsen. Kritiker fürchten unerwünschte Nebenwirkungen eines solchen Schritts. Der deutsche EZB-Direktor Jörg Asmussen hatte gesagt, negative Zinsen seien grundsätzlich eine Option, die die EZB einsetzen könne. "Aber ich wäre mit diesem Instrument in der Tat sehr sehr vorsichtig - will es aber nicht grundsätzlich ausschließen."
Negativer Einlagezinsen hat sich in den vergangenen Jahren die dänische Zentralbank bedient, mit wenig Erfolg. Anstatt wie beabsichtigt den Kreditfluss zu beleben, passierte genau das Gegenteil, weil die Banken den Strafzins auf ihre Kreditzinsen, die sie von den Kreditnehmern verlangte, aufschlug. In Kreisen des Eurosystems, also der EZB und der ihr angeschlossenen 17 Notenbanken der Euro-Länder, wurde deshalb abermals vor unerwünschten Nebenwirkungen gewarnt.
Die EZB, die nationalen Notenbanken und auch die Geschäftsbanken hätten ihre technischen Systeme zwar inzwischen für den möglichen Einsatz negativer EZB-Zinsen umgestellt, "aber im Gegensatz zum Frühjahr, als über diese Option heftig nachgedacht wurde, hat der Appetit darauf zuletzt abgenommen", sagte ein Notenbanker.
Quelle: ntv.de, hvg/rts