Politik

450-Milliarden-Dollar-Paket Obama kämpft für USA und sich

Hohe Arbeitslosigkeit, massive Staatsverschuldung, zwei Kriege: Die Sympathiewerte für Obama sinken schon lange.

Hohe Arbeitslosigkeit, massive Staatsverschuldung, zwei Kriege: Die Sympathiewerte für Obama sinken schon lange.

(Foto: REUTERS)

Mit einem ambitionierten Konjunkturpaket will US-Präsident Obama 14 Monate vor der Wahl die Wende auf dem Arbeitsmarkt schaffen. Kern der Initiative im Umfang von 447 Milliarden Dollar sind Senkungen von Sozialabgaben und Steuererleichterungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Für den Präsidenten ist es die letzte Chance, auch seinen Job zu retten.

Ein  "Ruck" werde durch die Wirtschaft gehen, versprach Barack Obama bei der gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus in Washington. "American Jobs Act" (Gesetz für amerikanische Jobs) hat der Präsident seine Initiative genannt, das neue Arbeit in der Baubranche, für Lehrer, für Armeeveteranen und für Langzeitarbeitslose schaffen soll. Das Paket geht mit 447 Milliarden Dollar (322 Milliarden Euro) über das Erwartete hinaus; ursprünglich hatten US-Medien mit einem Umfang von rund 300 Milliarden Dollar gerechnet.

Boehner will Obamas Vorschläge prüfen - "bestenfalls".

Boehner will Obamas Vorschläge prüfen - "bestenfalls".

(Foto: dpa)

Das Vorhaben solle der zum Stillstand gekommenen Wirtschaft einen Schub verleihen, sagte Obama in seiner mit Spannung erwarteten Rede vor dem Kongress. Der Plan beruhe insbesondere auf Steuersenkungen für die Mittelschicht und Unternehmen. Zudem peilt die US-Regierung milliardenschwere Infrastrukturmaßnahmen an. Obama drängte den Kongress zu einer umgehenden Verabschiedung des Konjunkturprogramms. Der Präsident rief Republikaner und Demokraten im Kongress auf, ihrer Verantwortung nachzukommen.    

Die Senkungen von Sozialabgaben und Steuern sollen die Arbeitgeber und Arbeitnehmer um rund 240 Milliarden Dollar entlasten. Unternehmen, die neue Arbeitsplätze schaffen, sollen mit Steuererleichterungen belohnt werden. Die Hilfszahlungen an Arbeitslose sollen ebenfalls verlängert werden.

Der Einsatz ist hoch für Obama, viel Zeit bleibt ihm nicht bis zum Wahltermin. Seine Rede wurde zur besten US-Sendezeit im Fernsehen übertragen. Der Präsident muss Zweifel an seinen Führungsqualitäten ausräumen, die sich auch in den Umfragewerten widerspiegeln: Einer Erhebung von NBC und dem "Wall Street Journal" zufolge ist der Demokrat nicht mehr der Favorit für die Wahl im November 2012. Für Obama ist diese Initiative wohl die letzte Chance, um beim wahlentscheidenden Thema Wirtschaft und Jobs zu punkten.

USA in anhaltender nationaler Krise

Die USA befänden sich in einer anhaltenden nationalen Krise, räumte Obama ein. Dem Land setzen hohe Arbeitslosigkeit und Staatsschulden zu. Die vorgestellten Maßnahmen sollen früheren Angaben zufolge mehr als eine Million neuer Jobs schaffen. Obama hatte kurz nach seinem Amtsantritt inmitten der schweren Wirtschaftskrise bereits ein Konjunkturprogramm im Umfang von 787 Milliarden Dollar verabschiedet, das rund vier Millionen Jobs erhalten oder schaffen sollte. Ob das geschafft wurde, ist höchst umstritten: In der Rezession hatten die USA mehr als acht Millionen Arbeitsstellen verloren. Die Arbeitslosigkeit in den USA liegt mit 9,1 Prozent noch immer auf einem sehr hohen Niveau.   

Obama wolle bereits in der kommenden Woche einen Gesetzesentwurf für die neuen Maßnahmen vorlegen, hieß es. Das Paket solle das ohnehin schon gigantische Defizit nicht weiter vergrößern, ein mit der Suche nach Einsparmöglichkeiten beauftragtes Gremium von Abgeordneten soll nun auch die Finanzierung des Programms sicherstellen. Noch in diesem Monat will der Präsident zusätzlich einen eigenen Katalog mit Sparvorschlägen vorlegen.

Republikaner gegen Ausgaben allergisch

Die Entscheidung über Obamas Arbeitsbeschaffungsprogramm liegt jedoch beim Kongress. Dort stießen die geplanten Milliarden-Ausgaben insbesondere bei der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus bislang auf Ablehnung: Sie fordern zunächst eine Sanierung des Haushalts.

Für die Bewerberin um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, Michelle Bachmann, ist Obamas Plan ledigliich ein "Kunstgriff".

Für die Bewerberin um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, Michelle Bachmann, ist Obamas Plan ledigliich ein "Kunstgriff".

(Foto: AP)

So war denn die Reaktion der republikanischen Seite bestenfalls lauwarm. Der Präsident des Repräsentantenhauses, John Boehner, erklärte, die Vorstellungen Obamas "verdienen eine Prüfung". "Wir hoffen, dass er unsere Ideen ebenfalls ernsthaft prüft." Zuvor hatte der republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, gesagt, bei den Vorschlägen handele es sich nicht um einen Job-Plan, sondern vielmehr um einen "Plan für die Wiederwahl" Obamas.

Vor allem bei der Tea-Party-Bewegung stößt Obamas Plan auf Widerstand. Der erzkonservative Flügel der Republikaner hat sich die knallharte Senkung der öffentlichen Ausgaben auf die Fahnen geschrieben: Die bisherigen Milliardenpakete der Regierung Obamas zur Stimulierung der Konjunktur haben die US-Wirtschaft auch nicht aus dem Tal geholt, so die Argumentation.

Allerdings riskieren die Republikaner, mit einer Verweigerungshaltung den Groll der Wähler auf sich zu ziehen. Obama baute in seine Rede eine Reihe von Angeboten an die gegnerische Seite ein, etwa Kürzungen beim Gesundheitsprogramm Medicare oder den Abbau von Regulierungen für Unternehmen. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, nannte Obamas Vorschläge daher einen "Lackmustest" für die Republikaner: "Ich hoffe, sie werden der amerikanischen Bevölkerung zeigen, dass sie mehr Interesse an der Schaffung von Jobs haben als daran, Präsident Obama zu besiegen."

Im Sommer hatte der Streit zwischen Demokraten und Republikanern das Land an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht und war Grund dafür, dass die Ratingagentur Standard & Poor's ihre beste Bonitätsnote AAA dem Land entzog. Jetzt sitzt ihnen der Wähler noch stärker im Nacken, denn im kommenden Jahr wird auch das ganze Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats gewählt.          

Vor der Rede Obamas veröffentlichte Daten zum Arbeitsmarkt gaben kein Signal der Entspannung. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe fiel in der Woche zum 3. September mit 414.000 höher aus als von Experten erwartet, die mit 405.000 gerechnet hatten. Im August war das Beschäftigungswachstum zum Stillstand gekommen. Dies hat Sorgen vor einer erneuten Rezession aufkommen lassen.

Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP

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