Wirtschaft

Ist das die Zukunft? "Notenbanken sollten Digitalwährung schaffen"

EZB-Kritiker Axel Weber.

EZB-Kritiker Axel Weber.

(Foto: REUTERS)

In der Eurokrise warnte Axel Weber vor der Geldflut der Notenbanken. Der digitale Goldrausch bei Bitcoins macht dem Ex-Bundesbankchef dafür keine Angst. Er fordert mehr Mut von den Währungshütern.

Axel Weber ist als geldpolitischer Hardliner in die Geschichte der Eurokrise eingegangen. 2011, ein Jahr vor Ende seiner Amtszeit als Bundesbankchef, erklärte er seinen Rücktritt - aus Protest gegen die laxe Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Statt Weber kletterte der Italiener Mario Draghi auf den EZB-Thron. Der damalige EZB-Chef Jean-Claude Trichet warf Weber "perverse Angst" vor.

Die kann man dem Weber von heute nicht nachsagen. Denn ausgerechnet er steht großen geldpolitischen Experimenten nun offenbar deutlich aufgeschlossener gegenüber als viele seiner Ex-Kollegen. Nach IWF-Chefin Christine Lagarde appelliert auch der ehemalige Bundesbanker nachdrücklich an die Zentralbanken, Digitalwährungen ernst zu nehmen. Der öffentliche Sektor nutze die Chancen der Technologie nicht, kritisiert der heutige Verwaltungsratschef der Schweizer Großbank UBS.

Dabei bietet die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs immense Chancen, ist Weber überzeugt. Im Interview mit der "Financial Times" empfiehlt er den Zentralbanken sogar eigene digitale Versionen ihres Gelds zu schaffen. Es könnte der Gesellschaft erhebliche Vorteile bieten, sagt Weber. Die IWF-Chefin Lagarde hatte vor einigen Monaten bereits in Aussicht gestellt, dass sogar der Fonds selbst irgendwann eine eigene Kryptowährung entwickeln könnte.

Webers Idee, wie Digitalwährungen als Bargeldersatz der Notenbanken dienen könnten, bleibt allerdings vage. Den größten Vorteil sieht er darin, dass die Kryptografie das Geld fälschungssicher macht. Während die bekannteste Digitalwährung Bitcoin in Misskredit geraten ist, arbeiten immer mehr Finanzinstitute weltweit an Wegen, die Blockchain-Technologie kommerziell zu nutzen. Sie hoffen, Finanztransaktionen schneller, transparenter, einfacher und günstiger zu machen.

Crypto-Coins der anderen Art

Es sei ein Fehler, in Kategorien Bargeld versus Cybergeld zu denken, sagt Weber der "Financial Times". Der Zahlungsverkehr entwickle sich weiter. Die jüngere Generation zahle lieber mit dem Handy, ohne eine Bank als Vermittler. Wenn Zentralbanken digitale Währungen als Chance betrachteten, könnten sie "wahrscheinlich Zahlungen ohne Bankkonto für die Gesellschaft billiger und wirtschaftlicher anbieten". Dass sich der Zahlungsverkehr verändere, sei vor allem in großen Ländern oder auf dem afrikanischen Kontinent zu beobachten, wo Geldtransfers teuer seien, so Weber weiter.

Den Nutzen sieht Weber interessanterweise aber nicht nur in sinkenden Bankgebühren. Im Cybergeld könnten auch Informationen zum Nutzer kodiert werden, schlägt er vor. Im Unterschied zu einer Bezahlung mit Bargeld könnten Minderjährige so zum Beispiel daran gehindert werden, Alkohol zu kaufen. Das stünde allerdings in krassem Widerspruch zur gewollten Anonymität des Cybergelds. Der Bitcoin war die bewusste Antwort auf die Finanzkrise und die Geldhoheit von Banken und Staaten. Keine Instanz sollte ihn kontrollieren.

Bitcoin
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Der Bitcoin unterliegt heftigen Schwankungen, die bereits viele Crash-Propheten auf den Plan gerufen haben. Der Run auf digitale Währungen entzieht sich staatlicher Kontrolle. Dass dem Phänomen mit Verboten jedoch nicht so leicht beizukommen ist, musste in den vergangenen Monaten Peking erfahren. In China wanderte der Handel mit dem Kryptogeld in den Untergrund ab. Oder nach Japan, wo die Regierung dem digitalen Fieber deutlich aufgeschlossener gegenüberstand.

Angst vor Bankensturm und Kapitalflucht

Im Unterschied zur chinesischen, der schwedischen oder der russischen Notenbank, die alle mit digitalen Währungen, die auf der Blockchain-Technologie basieren, experimentieren, schmiedet die Deutsche Notenbank keine Kryptogeld-Pläne. Bundesbankchef Jens Weidmann ist zwar an der digitalen Technologie interessiert, aber nicht an einer digitalen Währung. Für die Schweizer Notenbank gilt das Gleiche. Die Notenbanker fürchten, dass Sparer im Krisenfall ihr Konto auflösen und ihr Geld in digitale Währungen tauschen. Es könnte der schlimmste Banksturm aller Zeiten werden.

Ex-Bundesbankchef Weber sieht offenbar keinen Anlass zur Panik - auch nicht wegen des Bitcoin-Hypes. Dafür sei die Währung "einfach zu unbedeutend", sagt er der Zeitung. Für ihn stehen die kriminellen Machenschaften in der virtuellen Finanzwelt im Fokus. Hier seien die Regulierungsehörden gefragt, sagt Weber.

Die Schweizer UBS will zusammen mit Barclays, Credit Suisse und HSBC im nächsten Jahr eine digitale Geldeinheit mit dem umständlichen Namen "Utility Settlement Coin" (USC) herausgeben, mit der Finanztransaktionen durchgeführt werden können, die auf der Blockchain-Technologie basieren. Die "Münzen", die für die Transaktionen verwendet werden, sollen dabei durch Zentralbankgeld besichert werden. Eine prototypische Weltwährung ist nicht geplant. Vielmehr soll es verschiedene Coins geben, je nachdem in welchen Währungen gehandelt wird.

Quelle: ntv.de

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