Wirtschaft

Disney & Co. greifen an Netflix' letzte Feierstunde

Erbe des Fernsehens: Netflix-Boss Hastings

Erbe des Fernsehens: Netflix-Boss Hastings

(Foto: imago/UPI Photo)

Netflix wartet wieder mit traumhaften Wachstumsraten auf. Doch die goldenen Zeiten könnten für de Streaming-Pionier schon wieder vorbei sein. Obwohl sie erst Jahre später ins Geschäft einsteigen, haben Disney und Apple gute Chance Netflix in die Schranken zu weisen.

Noch ist Netflix nicht nur der Marktführer unter den Streamingdiensten, sondern befindet sich auch auf einem eindrucksvollen Wachstumskurs - noch. Mit auf 4,5 Milliarden Dollar gesteigerten Umsatz auf 344 Millionen Dollar gewachsenen Gewinn übertraf der Online-Videodienst und Macher von Serien wie "House of Cards" oder "Triple Frontier" mit Hollywood-Star Ben Affleck im vergangenen Quartal sogar deutlich die Erwartungen der Analysten.

Doch die Zeiten des großen Wachstum dürften schon vorüber sein. Selbst die eigenen Prognosen des Unternehmens zeigen eindeutig, dass sich der Anstieg abschwächen dürfte. Denn nach Jahren der ungebremsten Expansion bekommt Netflix es nun plötzlich mit gleich mehreren mächtigen Konkurrenten zu tun. Nach eigenen Angaben rechnet Netflix für das laufende Quartal mit einem abnehmenden Kunden- und Gewinnwachstum. Beim Umsatzwachstum ist der Trend - auf hohem Niveau - bereits negativ: Im vierten Quartal 2018 lag es noch bei 27,4 Prozent, nun schaffte Netflix noch ein Plus von knapp 22 Prozent.

Die Prognosen sind deshalb so brisant, weil die stärkste Konkurrenz erst noch kommt - allen voran Disney. Der Unterhaltungsriese will im November mit einem eigenen Streamingdienst den Markt aufmischen. Nicht nur der monatliche Abo-Preis von 6,99 Dollar ist eine Kampfansage - Netflix wird nach der Preiserhöhung in diesem Jahr rund doppelt so teuer sein -, auch das Film- und Serienangebot ist mächtig. Der Mickey Mouse-Konzern hat nicht nur selbst eine Riesenauswahl an Filmen, durch den Kauf von Fox Entertainment wurde das Angebot um eine gigantische Filmbibliothek erweitert. Doch Disney will nicht nur Bestehendes neu auflegen, sondern mit 25 neuen Originalserien und 10 Spielfilmproduktionen neue Kunden anlocken.

Neben Disney greifen noch andere Medienunternehmen nach einem Stück vom Streamingdienst-Kuchen. Der Telekomriese AT&T will im vierten Quartal ebenfalls ein eigenes Angebot einführen. Dazu hat er für 85 Milliarden Dollar den Medienkonzern Time Warner geschluckt und kann ebenfalls eine Menge eigener, originärer Inhalte anbieten. Für zusätzlichen Wettbewerbsdruck im Streaming-Bereich sorgt Amazon, die mit Amazon Prime Video hinter Netflix aktuell die Nummer zwei am US-Markt sind. Nun hat der Konzern seine Investitionen für eigene Inhalte deutlich aufgestockt, um noch mehr Prime-Kunden zu gewinnen.

Apple gehört zu den Späteinsteigern

Zwar hat Netflix gegenüber den Späteinsteigern wie Disney oder AT&T noch einen zeitlichen Vorsprung, doch diese Firmen haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie in vergleichbaren Märkten erfolgreich sein können. Das gilt auch für Apple, das mit einem großen Event mit Megastarts wie Oprah Winfrey im März seinen Eintritt in den Streaming-Markt feierte. "Apple könnte mit seiner Video-Plattform von Synergieeffekten profitieren", erklärt Frank Schwarz, Fondsmanager des MainFirst Global Equities Fund. "Denn anders als Netflix kann das Unternehmen auf seine hauseigenen Geräte setzen, um den Service unmittelbar an Millionen von Menschen weltweit zu vermarkten. Sollte der Service in Zukunft etwa auf den Smartphones, Tablets oder Smart-TVs des Unternehmens vorinstalliert und mit Probeabos kommen, dürfte Apple schnell Marktanteile erobern", so Schwarz weiter.

Trotz der vielen Späteinsteiger bietet der Streaming-Markt noch großes Potenzial, wie das Fernsehverhalten zeigt. Den Daten der Informations- und Medienfirma Nielsen zufolge haben Millionen von US-Haushalte in den vergangenen Jahren ihre Satelliten- und Kabelanschlüsse abgemeldet und fragen stattdessen immer mehr Streaming-Angebote nach. Der Anteil dieser Haushalte ist innerhalb eines Jahres von 56 auf 64 Prozent geklettert. Dagegen geht in Deutschland die zunehmende Beliebtheit von Online-Videodiensten kaum auf Kosten des herkömmlichen Fernsehens. Laut dem Branchenverband Vaunet ist die tägliche Nutzungsdauer von Videos im Internet nur von 30 auf 40 Minuten gestiegen. Die tägliche Fernsehzeit ist mit drei Stunden und 54 Minuten nur minimal gesunken.

Besonders gefragt sind Streamingdienste bei den jungen Erwachsenen. 61 Prozent der Amerikaner im Alter zwischen 18 und 29 Jahren schauen Fernsehen hauptsächlich per Streaming, so eine neue Studie. Bei den Erwachsenen liegt der Wert insgesamt bei lediglich 28 Prozent, bei den 50- bis 64-jährigen sind es nur zehn Prozent.

Die Zahlen belegen, welch enorme Verschiebung es in den nächsten Jahrzehnten in Richtung Streaming geben könnte. Aufgrund dieser Aussichten hat Netflix-Chef Reed Hastings auch keine Sorge vor der Zukunft, denn der Markt verspricht Potenzial für zahlreiche Unternehmen. Doch mit dem kräftigen Wachstum der Vergangenheit dürfte es vermutlich bald vorbei sein. Disney und andere haben die Chance, Netflix vom Streaming-Thron zu stürzen.

Quelle: ntv.de

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