Wirtschaft

Börsenaufsicht untersucht Tweet Manipuliert Elon Musk den Tesla-Kurs?

Tesla-Chef Elon muss schreckt auch vor unorthodoxen Methoden nicht zurück. Diesmal hat er es womöglich übertrieben.

Tesla-Chef Elon muss schreckt auch vor unorthodoxen Methoden nicht zurück. Diesmal hat er es womöglich übertrieben.

(Foto: picture alliance/dpa)

Jobkahlschlag, Zelte vor der Fabrik, Analystenschelte: Für das Wohl von Tesla ist Elon Musk nichts zu radikal. Mit seinem Plan, die Firma von der Börse zu nehmen, hat er nun womöglich die Grenze überschritten. Ein Motiv für Börsenbetrug hätte er.

Dass Elon Musk ein schwieriges Verhältnis zur Realität hat, ist bekannt. Kritische Analysten kanzelt er als "Dummköpfe" ab. Medien, die die massiven Probleme bei seinem ersten massentauglichen Elektroauto "Model 3" thematisieren, wirft er "Heuchelei" vor. Um seine ehrgeizigen Produktionsziele zu erreichen, stellt er einfach ein riesiges Zelt vor die Fabrikhalle und feuert kurz entschlossen neun Prozent der Belegschaft.

All das wird angesichts seines neusten Coups jedoch zur Randnotiz. Am Dienstag, mitten im Handelstag an der Wall Street, verkündete Musk auf Twitter, er denke darüber nach, Tesla zum Preis von 420 Dollar je Aktie von der Börse zu nehmen. "Finanzierung gesichert." Tesla machte daraufhin einen Riesensatz. Die Aktie wurde vom Handel ausgesetzt und beendete den Tag mit einem Plus von rund 11 Prozent.

Tesla und Musk haben damit einen Wendepunkt erreicht. Alles, was er bisher getan hat, kann man als Marketingshow für nervöse Investoren sehen. Obwohl der E-Auto-Pionier bis zum Hals in Schulden steckt und Milliarden versenkt, verbreitet sein Chef ungebrochene Siegesgewissheit: Im zweiten Halbjahr will Tesla endlich erstmals Gewinn machen, hat Musk versprochen. Das ist nicht nur verständlich: Er hat Tesla gegründet und ist mit 20 Prozent bis heute größter Anteilseigner. Es ist seine Pflicht: Als Chef muss er alles tun, um das Vermögen der Aktionäre zu mehren.

Doch nun hat Musk womöglich den Rubikon überschritten. Denn öffentlich Kritiker mit Zweckoptimismus zu besänftigen ist das eine. Wissentlich die etwaige Falschmeldung zu verbreiten, die Finanzierung für einen Buyout-Plan stehe, um den Tesla-Kurs zu pushen, etwas ganz anderes. Laut "Wall Street Journal (WSJ)" geht die US-Börsenaufsicht SEC bereits Musks Tweet nach. Denn falsche oder irreführende Nachrichten zu verbreiten ist verboten. Die Aufseher wollen deshalb wissen, ob es eine Grundlage für Musks Behauptung gibt, der Deal sei vorbehaltlich der Zustimmung der Aktionäre sicher.

Falls Musk blufft, wird es eng

Zwar wollen sich Teslas Aufsichtsräte mit der Buyout-Idee schon vergangene Woche befasst haben. Und auch Musk hatte bereits im November in einem Interview geklagt: "Ich wünschte Tesla wäre eine Firma in Privatbesitz. Es macht uns weniger effizient, eine börsengelistete Firma zu sein."

Solche Planspiele sind jedoch etwas anderes als ein bewilligter Deal. "Wenn die Finanzierung steht, gibt es Dokumente, die das belegen", zitiert das "WSJ" den Ex-Chef der New Yorker Börse, Thomas Farley. "Ich halte das aber für eine sehr entfernte Möglichkeit", sagt er dem US-Sender CNBC.

Musks Buyout wäre nicht nur der größte, den es je gegeben hat: 72 Milliarden Dollar wären nötig, um alle Aktien zum vorgeschlagenen Preis von 420 Dollar aufzukaufen. Der Tesla-Boss hat kein Wort dazu gesagt, wo das Geld herkommen soll. Zwar gibt es eine Handvoll Investoren, die theoretisch so einen gigantischen Scheck schreiben könnten: Die Staatsfonds von Saudi-Arabien, Norwegen oder Abu Dhabi, der Visionfund von Softbank-Chef Masayoshi Son oder eine Allianz von Tech-Milliardären wie Peter Thiel und anderen Silicon-Valley-Buddies von Elon Musk.

Doch für ihren Einstieg gibt es große Hürden. Die Saudis haben im Stillen zwar bereits fünf Prozent aller Tesla-Aktien gekauft. Aber es ist fraglich, ob die US-Regierung mitten im Handelskrieg mit dem Rest der Welt die komplette Übernahme einer der wichtigsten US-Techfirmen aus dem Ausland erlauben würde. Und Musks Milliardärsfreunde werden ihm seine Firma nicht aus Gefälligkeit zu einem Mondpreis abkaufen und dabei ihr ganzes Vermögen riskieren.

Wirtschaftlich macht der Deal kaum Sinn. Normalerweise kaufen Hedgefonds nur Firmen von der Börse weg, die entweder schon massig Gewinne gehortet haben oder deren Geschäft stetige Geldströme garantiert. Denn nur dann ist einigermaßen gesichert, dass sie die gigantischen Schulden, die sie zur Übernahme machen müssen, auch zurückzahlen können. Tesla aber ist das Gegenteil von einem sicheren Buyout-Kandidaten: Die Firma verdient nicht etwa Geld, sondern verbrennt es in atemberaubender Geschwindigkeit - und das seit 15 Jahren. Musks Konzern liefert keine Cashflows, sondern braucht dringend frisches Kapital. Wenn Tesla von der Börse geht, dürfte das noch schwieriger werden, nicht leichter.

Illegale Kurspflege gegen Spekulanten?

Der Börsenabgang wäre deshalb eine extrem riskante Wette. Und noch dazu eine, bei der es vergleichsweise wenig zu gewinnen gäbe: Zum vorgeschlagenen Übernahmepreis von 420 Dollar würden die Aktionäre beim aktuellen Kurs etwa 17 Prozent Rendite machen. Platzt der Plan, droht ihnen der Totalverlust. Kein Wunder, dass Banken davon wohl die Finger lassen: Laut "Financial Times" ist in der Finanzbranche nichts darüber bekannt, dass irgendein Konsortium momentan an einem gigantischen Kreditpaket für Tesla strickt.

Musk und sein Konzern stehen dagegen enorm unter Druck. Jede Menge Spekulanten wetten wegen der Produktionsprobleme und des ständigen Kapitalbedarfs gegen die Tesla-Aktie. Ein stabiler Kurs ist die Voraussetzung dafür, dass Investoren bei der Stange bleiben. Mit seinem Tweet über den angeblichen Mega-Buyout hat Musk seinen Gegnern an der Börse mit einem Schlag den Wind aus den Segeln genommen.

Und noch einen konkreten Grund hätte Musk für womöglich illegale Kurspflege: Im Frühjahr werden Tesla-Wandelanleihen über fast eine Milliarde Dollar fällig. Ihre Käufer bekommen für ihr Geld Tesla-Aktien, falls der Kurs über rund 360 Dollar liegt. Fällt er darunter, können sie verlangen, dass Tesla sie bar ausbezahlt. Der klamme Konzern müsste dann nochmal eine Milliarde Dollar mehr aufbringen. Musks Tweet hat das Problem vorerst gelöst: Der Kurs schnellte weit über die magische Schwelle von 360 Dollar. Für die Zukunft von Tesla und Elon Musk kann man nur hoffen, dass das reiner Zufall war.

Quelle: ntv.de

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