Wirtschaft

Kranich mit Übernahmehunger Lufthansa strebt nach totaler Dominanz

Seit Anfang Februar ist die Lufthansa in neuem Gewand unterwegs.

Seit Anfang Februar ist die Lufthansa in neuem Gewand unterwegs.

(Foto: REUTERS)

Bereits jetzt dominiert die Lufthansa den deutschen Flugmarkt: 45 Prozent der Starts in Deutschland gehen 2017 auf ihr Konto - Tendenz steigend. Mit weiteren Übernahmen und Kostensenkungen will das Unternehmen seine starke Position ausbauen.

Die Lufthansa hat ein erfolgreiches, aber keineswegs leichtes Jahr 2017 hinter sich. Vor allem der Kampf um die Hinterlassenschaften der insolventen Air Berlin hat das Management um Vorstandschef Carsten Spohr beschäftigt. Auch an vielen anderen Stellen war der Konzern gefordert: Höhere Ticketpreise und ein wiedererstarktes Frachtgeschäft haben Europas größtem Luftverkehrskonzern höchstwahrscheinlich zum dritten Rekordgewinn infolge verholfen. Die genauen Kennzahlen will Spohr an diesem Donnerstag veröffentlichen.

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Die Pleite der Air Berlin verlief längst nicht so, wie sich Spohr das vorgestellt hatte. Aus dem Nachlass konnte sich der politisch stark unterstützte "nationale Champion" statt des gewünschten Löwenanteils von mehr als 80 Flugzeugen letztlich nur die kleine Tochter LG Walter mit ihren 33 Fliegern sichern. Wobei 20 der Flieger kleinere Dash-Propellermaschinen sind und damit ein Flugzeugtyp, den die Lufthansa längst aus der eigenen Flotte verbannt hat.

Wegen des kartellrechtlichen Widerstands der EU-Kommission gingen andere Teile des Air Berlin-Flugbetriebs an die britische Easyjet, den Thomas-Cook-Konzern sowie an den Gründer der zwischenzeitlichen Air-Berlin-Tochter Niki, Niki Lauda. Die Lufthansa-Tochter Eurowings kann damit längst nicht so schnell wachsen wie gewünscht. Der einstige Rennfahrer Lauda hat mit Condor eine enge Partnerschaft vereinbart und seine übrigen Flugkapazitäten umgehend auf dem Leasing-Markt angeboten.

Auch mit Eurowings verhandelt der Österreicher über Jets und Besatzungen. Schließlich will die Lufthansa-Tochter erklärtermaßen weiter schnell wachsen, zur Not mit angemieteten Maschinen wie bereits vom Ferienflieger Tuifly. Das Management strebt weiterhin eine Flotte von 210 Jets an, die Eurowings mit 40 Millionen Passagieren hinter Ryanair und Easyjet zum drittgrößten Punkt-zu-Punkt-Anbieter Europas machen würde.

Vorstand schielt auf Alitalia

Bereits nach den ersten neun Monaten 2017 hatte die Lufthansa einen bereinigten operativen Gewinn von knapp 2,6 Milliarden Euro eingeflogen, rund 800 Millionen Euro mehr als 2016 insgesamt. Zum Jahresende winkt zudem ein Sondergewinn, der sich aus der Neuregelung der Piloten-Betriebsrenten ergibt.

Der Umsatz des Konzerns war in den ersten drei Quartalen vor allem wegen der Komplettübernahme der belgischen Brussels Airlines um 12,1 Prozent gewachsen. Selbst die im Aufbau befindliche Eurowings und das Sorgenkind Lufthansa Cargo haben im abgelaufenen Jahr Gewinne eingeflogen.

Gestillt ist der Übernahmehunger des Lufthansa-Vorstands noch nicht, aber die Zahl der Kandidaten ist begrenzt. Teile der nur mit Staatsgeldern in der Luft gehaltenen Alitalia würde sich Spohr gerne nach einer harten Sanierung einverleiben. Doch dafür fehlt es in Italien bisher am politischen Willen und am Rückhalt bei den Gewerkschaften. Weil die Staatskredite nicht ewig fließen können, hofft die Lufthansa darauf, dass die EU-Kommission den Italienern entsprechend Druck macht.

Absolute Dominanz

Dabei wird der Lufthansa-Konzern schon jetzt immer größer - und vor allem in Deutschland immer dominanter. Insgesamt will der Konzern sein Flugangebot in diesem Jahr um zwölf Prozent ausbauen - auch dank der übernommenen Teile von Air Berlin. Bei den Ticketpreisen erwartete Finanzchef Ulrik Svensson für 2018 zwar insgesamt keinen weiteren Anstieg. Allerdings hat der Wegfall des Air-Berlin-Angebots die Preise vor allem auf innerdeutschen Flügen in kaum gekannte Höhen getrieben - was auch das Bundeskartellamt auf den Plan rief.

Eine Analyse des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) belegt die immer stärkere Stellung der Lufthansa auf dem Heimatmarkt. Demnach entfallen dieses Jahr 54 Prozent der Starts von deutschen Flughäfen auf Maschinen des Lufthansa-Konzerns - 9 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Bei den innerdeutschen Flügen kommen Lufthansa und Eurowings sogar auf einen Anteil von 87 Prozent. Die Lufthansa verweist darauf, dass Billigflieger wie Ryanair und Easyjet ihr Geschäft kräftig ausbauen. Spohr schätzt sogar, dass das durch die Air-Berlin-Pleite weggefallene Flugangebot durch neue Rivalen zu 110 Prozent ersetzt wird. Zwar ist Easyjet in Berlin-Tegel in die von Air Berlin hinterlassene Lücke gesprungen. Innerdeutsch ist die britische Airline im Vergleich zu Lufthansa und Eurowings aber immer noch ein Zwerg.

Spohr und sein Team wollen sich auf der starken Position des Konzerns derweil nicht ausruhen. Finanzchef Svensson hat bereits angekündigt, die Kosten je angebotenem Sitzplatzkilometer jedes Jahr um 1 bis 2 Prozent nach unten zu drücken. Auch im Ticket-Preissystem wollen die Marketingleute noch Luft nach oben entdeckt haben. Trotz harten Widerstands vor allem der Reisebüros hat Lufthansa an zusätzlichen Gebühren bei Buchungen aus den weltweiten Reservierungssystemen (GDS) festgehalten und damit immer mehr Kunden in die eigenen Vertriebskanäle gelockt. Rund 40 Prozent der Tickets werden inzwischen direkt vermarktet und können mit individuell auf den Kunden zugeschnittenen Extra-Angeboten aufgewertet werden. Jüngstes Beispiel für mögliche Zusatzgeschäfte sind optionale Menüs für Economy-Kunden auf der Langstrecke, die über das weiterhin vorgehaltene Standardangebot hinausgehen.

Quelle: ntv.de, Christian Ebner, dpa und Steffen Weyer, dpa-AFX

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