Wirtschaft

Euro4 und Handelskrieg Kein leichter Start ins Motorradjahr

Im Frühjahr werden wieder die Motorräder aus den Garagen geholt.

Im Frühjahr werden wieder die Motorräder aus den Garagen geholt.

(Foto: dpa)

Nach einem kräftigen Absatzeinbruch im vergangenen Jahr hofft die Motorradbranche in diesem Jahr auf bessere Geschäfte. Neben den EU-Vorschriften wirkt sich auch die große Weltpolitik aus.

Mehr als 4,3 Millionen Motorräder stehen in den deutschen Garagen, doch die Hersteller sind optimistisch, in diesem Jahr wieder deutlich mehr als 150.000 Maschinen verkaufen zu können. Die Absatzzahlen haben in den ersten zwei Monaten deutlich angezogen, was allerdings auch an den miserablen Vorgaben aus dem Jahr 2017 liegt.

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland nur knapp 140.000 schwere Roller und Motorräder an das Publikum gebracht. Der Grund: Hersteller und Händler hatten 2016 unmittelbar vor der Einführung der neuesten Abgasnorm Euro4 noch Tausende Euro3-Bikes auf eigene Rechnung angemeldet und dann mit teils kräftigen Preisabschlägen an die Endkunden gebracht.

"Diese Bestände sind jetzt weg", sagt Christoph Gatzweiler, Technikexperte des Industrieverbands Motorrad in Essen. Bereits seit dem vergangenen Jahr dürfen in der EU nur noch Kräder neu zugelassen werden, die der neuen Euro4-Norm entsprechen. Vorher zugelassene Maschinen mit den alten Normen dürfen aber ohne Einschränkungen weiter benutzt werden.

Trotz der hohen Einstiegskosten für den Führerschein registrieren Industrie und der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM) wieder ein steigendes Interesse bei ganz jungen Fahrern - sowohl für die 125er, die ab 16 Jahren gefahren werden können, als auch für die größeren Maschinen. Cross-Bikes und besonders kurvengängige Super-Motos faszinieren in dieser Altersgruppe wieder mehr als die zwischenzeitlich so erfolgreichen Roller, glaubt Gatzweiler. "Es gibt auch eine Riesen-Szene von Leuten, die sich auf der Grundlage günstiger Gebrauchter selber individuelle Bikes zurechtmachen", sagt BVDM-Chef Michael Lenzen.

BMW-Groß-Enduro bleibt Dauer-Bestseller

Im deutschen Markt sind traditionell besonders große und starke Motorräder gefragt, wobei der Trend zu unverkleideten Naked-Modellen weiter anhält. Während die fast rennstreckentauglichen Supersportler verkaufsmäßig schwächeln, befeuern die Hersteller ihren Absatz mit immer neuen Retro-Modellen, die zusätzlich mit individuellen Anbauteilen aufgemotzt werden können. Zumindest äußerlich erinnern brandneue Bikes wie die Kawasaki Z900RS oder die Honda CB1000R an alte Zeiten, zu denen auch der Großteil der zahlungskräftigen Kundschaft noch so richtig jung war. Drinnen steckt modernste Elektronik mit diversen Fahrmodi und dem inzwischen obligatorischen Anti-Blockier-System.

Dauer-Bestseller bleibt die langstreckenerprobte BMW-Groß-Enduro R 1200 GS, die in diesem Jahr auch eine neue kleine Schwester F 850 GS bekommen hat. Immer noch nicht richtig in Fahrt kommen Elektro-Zweiräder, die wohl den emotionalen Nerv der Kundschaft bislang nicht richtig treffen. Einen ersten Sinneswandel erkennt der größte Importeur Honda bei den Rollern, die verstärkt in Asien als Elektro-Varianten in die überfüllten Großstädte kommen. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis diese auch in Europa angeboten würden, erklärt ein Honda-Sprecher.

Angst vor Strafzöllen

Mit Sorge blickt die Branche auf US-Präsident Donald Trump, der die heimische Stahl- und Aluminium-Industrie mit Strafzöllen schützen will und die EU zunächst nur auf Zeit davon ausgenommen hat. Mit als Erstes nannten EU-Politiker Strafzölle auf US-Motorräder als mögliche Gegenmaßnahme, auch weil der einflussreiche Republikaner Paul Ryan in seinem Wahlkreis in Wisconsin den bekannten Hersteller Harley Davidson sitzen hat - im deutschen Markt mit zuletzt 9144 Neuzulassungen die Nummer sechs. Dazu kommt noch eine Vielzahl gebrauchter Harleys, die von Privatpersonen und kleinen Importeuren aus den USA nach Europa geholt werden.

Das ist recht kompliziert wegen unterschiedlicher technischer Vorschriften und der oft unklaren Historie der US-Bikes. Der Einfuhrzoll in die EU beträgt derzeit 6 Prozent. "Wenn stattdessen 20 Prozent Zoll erhoben würden, bricht der Markt zusammen", sagt Ingo Schlüter, Geschäftsführer von "US-Cycles" im NRW-Ort Geseke.

Doch auch in umgekehrter Richtung könnte der Handel bei höheren Zöllen Schaden nehmen, warnt die europäische Vereinigung der Motorradhersteller (ACEM). Die USA sind nämlich der größte Exportmarkt für europäische Motorräder, ebenso für Teile und Komponenten. Im Jahr 2016 habe der Wert der Exporte bei rund 623 Millionen Euro gelegen - rund 30 Prozent der Branchenausfuhren.

Quelle: ntv.de, Christian Ebner, dpa

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