Wirtschaft

Kurse explodieren Immer mehr Firmen wollen "krypto" sein

Mit dem KodakCoin und der Plattform KodakOne sollen Fotografen ihre Bilder vermarkten können.

Mit dem KodakCoin und der Plattform KodakOne sollen Fotografen ihre Bilder vermarkten können.

(Foto: imago/photothek)

Kodak ist nur ein Beispiel: Kündigt ein Unternehmen derzeit an, auf die Bitcoin-Technologie Blockchain zu setzen, schießt sein Aktienkurs nach oben. Firmen ändern sogar ihre Namen, um "krypto" zu klingen. Experten warnen vor falschen Erwartungen.

Eastman Kodak
Eastman Kodak 4,27

Der spektakuläre Aufstieg des Bitcoin und anderer Kryptowährungen infiziert auch den Aktienmarkt: Zuletzt löste Kodak mit der Ankündigung eines eigenen KodakCoins einen Run auf seine Papiere aus. Diese gingen am selben Tag 120 Prozent höher aus dem Handel. Vor Weihnachten verzückte das Getränke-Unternehmen Long Island Iced Tea Anleger mit seiner überraschenden Namensänderung in Long Blockchain - und der Ankündigung, in diese neue Technologie investieren zu wollen. Der Aktienkurs verdreifachte sich sofort. Und es gibt noch andere Beispiele:

  • Line. Der japanische Betreiber einer Messaging App will Kryptowährungen auf seiner Plattform integrieren. Die Aktie steigt um bis zu 13 Prozent.
  • Chanticleer Holdings. Der Burger-Restaurant-Betreiber plant einen eigenen Digital-Coin für ein Kunden-Treueprogramm. Der Kurs der an der Nasdaq gehandelten Aktie schießt um 50 Prozent nach oben.
  • Riot Blockchain. Das Unternehmen ändert seinen Namen von Bioptix in Riot Blockchain. Der Kurs der Aktie verdreifacht sich in der Folge.
  • Digital Power. Der Anbieter von Netzteilen für medizinische und andere Geräte steigt in das Geschäft des "Schürfens" von Kryptowährungen ein. Kursveränderung: plus 625 Prozent.

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Im Zuge der Bitcoin-Kursrally geben sich Firmen plötzlich Namen wie Crypto Company, Nodechain oder Blockchain Group. Was genau sie mit Digitalwährungen zu tun haben, ist mitunter schwer zu erkennen.

Wirklicher Nutzen oder Schönfärberei?

Markus Miller, Experte für Kryptowährungen, warnt jedoch gegenüber n-tv.de: "Long Island Iced Tea und andere Firmen, die einfach das Wort Blockchain in ihren Namen aufnehmen und ankündigen, sie wollten in die Technologie investieren, ohne eine Ahnung zu haben, wie man eine Blockchain baut, sind natürlich mit absoluter Vorsicht zu genießen."

Bei näherer Betrachtung könnte der Fall von Long Island Iced Tea zumindest stutzig machen. Über Jahre hinweg kämpfte der Produzent von Säften, Limonaden und Eistees mit Verlusten. Der Aktienkurs geriet immer weiter unter Druck. Im vergangenen Oktober schließlich drohte der Verlust der Notierung an der US-Börse Nasdaq, weil der Marktwert unter 35 Millionen Dollar gesunken war. Wenige Wochen später änderte das Unternehmen seinen Namen. Bei einem Marktwert von mittlerweile wieder mehr als 50 Millionen Dollar, muss es sich um die Nasdaq-Notierung vorerst nicht mehr sorgen.

Miller, Initiator des Informationsdienstes Krypto-X, und andere Marktkenner raten aber auch zu einer differenzierten Betrachtung. So schreibt etwa Tim Culpan für "Bloomberg", im Fall von Kodak sei die Einführung der Blockchain-Technologie durchaus sinnvoll. "Die Fotografie-Branche ist reif für einen neuen Ansatz, Inhalte zu verwalten und zu vermarkten." Auch beim japanischen Anbieter Line passe der geplante Kryptowährungs-Austausch über die App. Dieser sei "eine Erweiterung des bestehenden Trends, Bezahlsysteme in Messaging-Dienste zu integrieren".

"Schlecker wäre auch mit Blockchain pleitegegangen"

Ein konkretes Anwendungsfeld für die Blockchain-Technologie sei aber immer noch kein Garant für den wirtschaftlichen Erfolg, betont Miller: "Schlecker hätte auch eine Blockchain zur Abwicklung haben können und wäre trotzdem pleitegegangen, weil es falsche Märkte erschlossen und falsche Geschäftskonzepte verfolgt hat." Gleichzeitig ist der Experte überzeugt, dass für Unternehmen kein Weg an Blockchains und digitalen Münzen, auch Coins genannt, vorbeiführt: Um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten Firmen rationalisieren, auch in Hinblick auf die Arbeitsabläufe.

Beispiele nennt Miller auch: "Wo bisher ein Jurist Vertragsinhalte prüfen musste, kann künftig ein Coin wie Ethereum als Smart Contract, also intelligenter Vertrag, dies automatisieren", sagt Miller. Andere Coins wie Ripple oder Litecoin leisteten Ähnliches bei Finanztransaktionen. "Dadurch werden Personen substituiert und Unternehmen sparen Arbeitskosten", so Miller. Dennoch bleibt er bei seiner Einschätzung: "Es ist Nonsens, Aktien einer Firma zu kaufen, nur weil sie verkündet, auf die Blockchain-Technologie zu setzen."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen