Wirtschaft

Ökonomen geben Trump die Schuld Ifo-Index deutet Abkühlung an

In den Führungsetagen deutscher Unternehmen macht sich Skepsis breit: Zu Jahresbeginn fällt ein viel beachtetes Stimmungsbarometer zurück. Konjunkturexperten verweisen auf die neuen Risiken der US-Politik.

Die deutsche Wirtschaft beginnt 2017 mit unerwartet skeptischen Gefühlen. Der Ifo-Index zum Geschäftsklima fiel im Januar überraschend von zuletzt 111,0 auf 109,8 Punkte, wie die Münchner Konjunkturexperten zu ihrer Umfrage unter Tausenden Unternehmenslenkern mitteilten. Im Vorfeld befragte Ökonomen hatten hingegen im Schnitt mit einem leichten Anstieg auf 111,3 Punkte gerechnet.

"Die deutsche Wirtschaft startet weniger zuversichtlich ins neue Jahr", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Der Ifo-Index beruht auf den Ergebnissen einer Umfrage unter Führungskräften aus rund 7000 deutschen Unternehmen. Die aktuelle Lage schätzten die Manager im Januar zwar etwas besser ein: Der Teilindex stieg leicht von 116,7 auf 116,9 Punkte. Mit Blick auf die Erwartungen für das kommende halbe Jahr zeigten sich die Befragten jedoch deutlich vorsichtiger - der entsprechende Teilindex zu den Geschäftserwartungen fiel von 105,5 auf 103,2 Punkte.

Ende des Aufschwungs?

Dabei sieht die Ausgangslage - zumindest auf dem Papier - glänzend aus: Im zurückliegenden Jahr ist die deutsche Wirtschaft mit einer Rate von 1,9 Prozent so kräftig gewachsen wie seit fünf Jahren nicht mehr. Für das laufende Jahr rechnet die Bundesregierung laut neuem Jahreswirtschaftsbericht mit einer Abschwächung auf 1,4 Prozent. Im neuen Jahreswirtschaftsbericht ist unter anderem von wachsenden Unsicherheiten die Rede. Allerdings dürfte sich auch ein besonderer Kalendereffekt bemerkbar machen. 2017 gibt es aufgrund der Verteilung von Wochenenden und Feiertagen drei Arbeitstage weniger als 2016.

"Nach nicht einmal einer Woche Amtszeit hat es der neue US-Präsident Trump geschafft, die Stimmung der deutschen Unternehmen zu dämpfen", sagte Dekabank-Analyst Andreas Scheuerle in einer ersten Reaktion auf die Ifo-Daten. "Die jüngsten Zoll-Androhungen gegen die Automobilindustrie und die Aufkündigung der pazifischen Freihandelszone (TPP) führen den Unternehmen vor Augen, dass die Gefahr eines zunehmenden Protektionismus nicht theoretisch, sondern ganz real ist. Entsprechend deutlich gingen die Ifo-Geschäftserwartungen zurück."

Die Industriebetriebe äußerten sich nach Angaben der Ifo-Forscher quer durch die Branchen weniger optimistisch, obwohl ihre Kapazitätsauslastung stieg. Im Einzelhandel war die Geschäftslage nicht mehr ganz so gut, und auch der Ausblick war verhalten. Im Baugewerbe wurde die Lage als hervorragend beurteilt, aber der Optimismus ging zurück.

Angst vor Trump und Brexit

An der Börse reagierten Beobachter gelassen. Der etwas schwächere Ifo-Index im Januar sei "kein Beinbruch", sagte ein Aktienhändler. "Das ist zwar eine Überraschung angesichts der hohen Erwartung nach dem deutschen Einkaufsmanagerindex gestern", meinte er. "Aber das ist Jammern auf höchstem Niveau". Seit 1991 sei der Index überhaupt nur neun Mal über dem Höchstniveau von 105 Punkten im Jahresschnitt gewesen. Daher sei der Rückgang auf 109,8 nach 111 Punkten nicht bedeutend.

Grund für die gesenkten Erwartungen dürften nach Einschätzungen von Börsianern die Unsicherheiten um den wirtschaftspolitischen Kurs der neuen US-Regierung unter Donald Trump sein. Größere Kursreaktionen blieben zunächst aus. Der Dax notierte kurz nach der Veröffentlichung der viel beachteten Konjunkturdaten unverändert 1,3 Prozent im Plus bei 11.745 Zählern. Auch bei den Anleihe-Futures halte der Abwärtstrend ungebrochen an, hieß es.

"Die Sorgenfalten werden größer"

"Die Aussichten sind unsicherer geworden, aber nicht zwingend schlechter", kommentierte Nordea-Analyst Holger Sandte. "Deutschland wäre von weniger offenen Märkten – wenn es das ist, was der neue US-Präsident will – in besonderem Maße betroffen. In der Bauwirtschaft und bei den Dienstleistungen ist das Klima aber immer noch nahe am Rekordniveau", gab er zu Bedenken.

"Die hohe Auslastung der Firmen sollte eigentlich für gute Laune in den Chefetagen sorgen", meinte KfW-Chefökonom Jörg Zeuner. "Vor allem in der Exportwirtschaft werden jedoch die Sorgenfalten größer, das gab den Ausschlag für den stimmungsmäßig verpatzten Start in das neue Jahr."

Die Risiken aus Brexit und "amerikanischer Isolationspolitik" seien tatsächlich hoch, betonte der Konjunkturexperte. "Aber es liegt auch an uns in Europa, wie hoch die Kosten für unsere Unternehmen und Bürger werden." Entschlossenes, gemeinsames Auftreten gegenüber Briten und US-Amerikanern sei der Bedeutung der EU "angemessen", findet Zeuner.

"Und es erlaubt den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit unseren anderen strategischen Partnern weltweit", fügte der KfW-Volkswirt an. "Die deutsche Wirtschaft läuft derzeit noch gut. Allerdings sind unter solchen Rahmenbedingungen die Unternehmensinvestitionen die Achillesferse der Konjunktur."

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

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