Wirtschaft

Dumpingpreis bei Food-IPO Anleger lassen Finger von Blue Apron

Kochen für Anfänger: Blue Apron ist das größte amerikanische Unternehmen im Bereich Lebensmittelboxen.

Kochen für Anfänger: Blue Apron ist das größte amerikanische Unternehmen im Bereich Lebensmittelboxen.

(Foto: Blue Apron)

Der Kochboxenanbieter Blue Apron aus New York muss seine Aktien beim Börsengang fünf Dollar billiger ausgeben als geplant. Für den deutschen Konkurrenten Hello Fresh ist das ein schlechtes Omen. Verblasst die Startup-Euphorie?

Vapiano, Delivery Hero, Blue Apron: Auf dem Börsenparkett herrscht Tischlein-Deck-dich-Stimmung. In der letzten Juni-Woche geben in Deutschland gleich zwei Food-Firmen ihr Börsendebüt. Auch in den USA ist angerichtet: Hier hat Blue Apron am Donnerstag den Sprung aufs Parkett gewagt. Doch schon bevor es richtig an der Börse losging, schien die Startup-Euphorie der Anleger wieder verblasst.

Die Nachfrage nach Aktien des US-Kochboxenlieferanten ließ zu wünschen übrig: Der Essenskurier musste seine Aktien zu zehn US-Dollar je Titel anbieten, deutlich unter der ursprünglich angestrebten Preisspanne von 15 bis 17 Dollar. Unterm Strich ist Blue Apron damit "nur" noch rund 1,9 Milliarden Dollar wert. So teuer haben die Investoren die Firma bereits vor zwei Jahren bewertet. Wie es aussieht, konnte Blue Apron die Zweifel der Anleger nicht ausräumen. Auch im Handel fassten Anleger das Papier nur mit spitzen Fingern an. Der erste Kurs wurde mit exakt zehn Dollar angegeben - keinen Cent mehr.

Wachstumsdelle und keine Gewinne

Eigentlich galt Blue Apron als Erfolgsgeschichte, seit es vor fünf Jahren gegründet wurde. Beobachter gehen davon aus, dass Blue Apron der 800 Milliarden US-Dollar schweren Lebensmittelindustrie durchaus Schaden zufügen könnte. Derzeit ist die "blaue Schürze" zwar nur in den USA vertreten, wo sie unter anderem mit der Rocket-Internet-Beteiligung Hello Fresh konkurriert. Aber eine Expansion ins Ausland ist geplant.

Investoren treibt trotzdem die Sorge um, dass die Kosten für die Anwerbung neuer Kunden steigen und viele Abonnenten schnell wieder abspringen könnten. Das weckt auch Bedenken hinsichtlich der künftigen Profitabilität. Zwar haben sich die Umsätze von Blue Apron zwischen 2014 und 2016 verzehnfacht, aber das 2012 gegründete Unternehmen verdient immer noch kein Geld. Stattdessen sind die Verluste gestiegen. Und das Wachstum lässt nach. Im ersten Quartal stiegen die Erlöse von Blue Apron "nur" noch um 42 Prozent.

Im letzten Quartal machte Blue Apron nur noch 236 US-Dollar Umsatz pro Kunde, der niedrigste Wert seit zwei Jahren. Diese Summe könnte auch noch weiter sinken, da die Firma sich immer noch in einer Phase mit schnellem Wachstum befindet und daher jede Menge neue Kunden gewinnen wird, die erst einmal testen werden und dann zu dem Entschluss kommen, dass die Kochboxen vielleicht nicht das Richtige für sie sind.

Hello Fresh: Hello and Good bye IPO?

Erfolg oder Nicht-Erfolg von Blue Apron beim US-Börsengang dürfte das geplante IPO von Hello Fresh in Deutschland beeinflussen. Sie ist die wichtigste Rocket-Internet-Tochter aus dem Food-Bereich nach Delivery Hero. Die Firma ist eines von wenigen Unternehmen, an denen Rocket Internet mehrheitlich beteiligt ist. Es soll ebenfalls Appetit auf Börse haben.

Hello Fresh zögert jedoch noch. Ob das Startup den Börsengang im Herbst angehen wird, hängt nicht nur davon ab, wie Blue Apron den Anlegern schmeckt, sondern auch davon, wie sich Delivery Hero an der Börse schlägt, sagen Insider. Die Rocket-Firma geht am Freitag an den Start.

Bisher haben die Anleger die IPO-Pläne von Delivery Hero zwar goutiert. Es ist die größte Neuemission des Jahres an der Frankfurter Börse. Aber auch hier wurden bereits Zweifel am Geschäftsmodell laut. Wie bei Blue Apron wurde mit viel Werbung Umsatz generiert, aber kein Gewinn. Das Geld für die finanzielle Gesundung und die weitere Expansion soll nicht nicht Geschäftserfolg, sondern der Börsengang liefern.

Das Hauptproblem ist, dass abgesehen von der Restaurantkette Vapiano, die Essen nicht nur liefert, sondern auch selbst herstellt, keiner der genannten Food-Kuriere Gewinne schreibt. Sie auf Wachstum zu trimmen kostet viel Geld und die Margen sind klein.

Vapiano schlägt Anlegern auf den Magen

Auch Vapiano hat den Sprung an die Börse diese Woche geschafft. Aber selbst bei der profitablen Restaurantkette bleiben Zweifel. Zwar handelt es sich um ein innovatives Konzept mit Wachstumspotenzial. Die Vorstellung, dass aus der Kette ein globaler Konzern in der Größenordnung der US-Champions wird, halten aber viele für vermessen. 

Vapiano ist im Markt der anspruchsvolleren Fastfood-Kundschaft massiver Konkurrenz ausgesetzt. Mobile Imbissbuden, neue Ketten, die auf Modetrends wie Bio oder Veggie setzen, und Billig-Restaurants mit ausländischer Küche spielen alle in der gleichen Liga. Und Vapianos Zielgruppe ist dabei um ein Vielfaches kleiner, weil es für die meisten hungrigen Mäuler einen großen Unterschied macht, ob das Mittagessen sechs oder zwölf Euro kostet. Die Vorsicht spiegelt sich im Aktienkurs, der sich immer noch nahe des Ausgabekurses von 23 Euro bewegt.

Mit der Anleger-Zurückhaltung bei Blue Apron verliert der Hype um Food-IPOs erstmals sichtlich an Fahrt. Der im Vergleich zu den eigenen Erwartungen schwache Ausgabepreis für ein sehr bekanntes Startup ist nicht nur für die Konkurrenz ein Warnzeichen. Nach einem insgesamt trüben Jahr 2016 ist das auch für den ganzen IPO-Markt eine enttäuschende Entwicklung. Das Startup-Feuer war gerade erst wieder entbrannt.

Quelle: ntv.de

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