Wirtschaft

Warnung vor "deflationären Entwicklungen" Euro-Wirtschaft kommt richtig in Schwung

In der Eurozone wird rangeklotzt - allerdings nicht überall in gleichem Maße.

In der Eurozone wird rangeklotzt - allerdings nicht überall in gleichem Maße.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Konjunktur der Eurozone brummt. Die Geschäfte von Industrie und Dienstleistern legen so stark zu wie seit annähernd drei Jahren nicht mehr. Ist die Krise damit abgehakt? Experten dämpfen zu hohe Erwartungen - auch EZB-Chef Draghi warnt.

Der wirtschaftliche Aufschwung des Euroraums hat sich zu Jahresbeginn beschleunigt. Dabei erwies sich Deutschland weiter als Wachstumslokomotive, doch auch die Länder der Euroraum-Peripherie legten einen guten Jahresstart hin.

Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft kletterte im Januar um 1,1 auf 53,2 Punkte, wie das Markit-Institut zu seiner Umfrage unter 5000 Unternehmen mitteilte. Ökonomen hatten lediglich mit 52,4 Zählern gerechnet. Damit hielt sich das Barometer klar über der Marke von 50 Punkten, ab der es Wachstum signalisiert.

Motor des Wachstums im Euroraum war im Januar erneut die Industrie. Der Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes zog im Januar auf 53,9 Punkte an von 52,7 im Vormonat und erreichte damit den höchsten Stand seit 32 Monaten. Volkswirte hatten einen Anstieg auf 53,0 Zähler prognostiziert.

Im Dienstleistungssektor erhöhte sich die Aktivität nicht ganz so stark. Der Einkäuferindex für den Servicesektor erhöhte sich auf 51,9 Zähler von 51,0 im Vormonat. Hier war ein Stand von 51,4 Punkten erwartet worden.

Zu großes Gefälle in der Währungsunion

Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson warnte trotz der guten Zahlen vor allzu großem Optimismus: "Trotz der Wachstumsbeschleunigung steht der Aufschwung weiter auf wackligen Beinen." Die Unternehmen setzten den Jobabbau fort. Und wegen der nach wie vor schwachen Nachfrage hätten zudem viele Unternehmen ihre Verkaufspreise senken müssen. "In vielen Ländern sind deflationäre Entwicklungen durchaus Anlass zur Besorgnis", sagte Williamson weiter.

Auch das nach wie vor große Gefälle innerhalb der Währungsunion gibt Anlass zur Sorge. In Deutschland beschleunigte sich das Wachstum. In Frankreich - der nach Deutschland zweitgrößten Volkswirtschaft des Euroraums - setzte sich der Abwärtstrend hingegen fort, wenn auch abgeschwächt.  "Unserer Einschätzung nach dürfte Deutschland - insbesondere dessen boomender Industriesektor - die Wachstumslokomotive bleiben", sagte der Markit-Ökonom. "Dagegen könnte die Entwicklung in Frankreich wohl noch für einige Zeit das Wachstum dämpfen." Der Internationale Währungsfonds sagt der Währungsunion in diesem Jahr ein Wachstum von 1,0 Prozent voraus. 2013 war sie noch um 0,4 Prozent geschrumpft.

Draghi warnt vor Rückschlägen

EZB-Präsident Mario Draghi dämpfte in einem Interview ebenfalls allzu hohe Erwartungen an die Konjunkturerholung. Es gebe zwar ermutigende Signale und erste Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung, aber der Aufschwung sei noch schwach und ungleich verteilt, sagte Draghi der "Neue Züricher Zeitung". "Insgesamt ist die Gefahr von Rückschlägen groß."

Der Notenbankchef riet den Staaten dazu, die Haushaltskonsolidierung fortzusetzen, allerdings auf eine wachstumsfreundlichere Art und Weise. "Also weniger Steuern und laufende Ausgaben, dafür mehr Investitionen in Infrastruktur und Bildung", sagte Draghi. Strukturreformen seien allerdings zwingend notwendig.

Im Kampf gegen Kreditklemme und Konjunkturschwäche in der Eurozone kündigte Draghi an, bei Bedarf weitere Geschütze einzusetzen. Die Notenbank habe "sehr viele Instrumente" in petto, betonte Draghi im Interview. uch die Einführung eines Strafzinses für Banken, die ihr überschüssiges Geld bei der EZB parken, schloss Draghi nicht aus. Mit einem Strafzins könnten Banken dazu angeregt werden, mehr Kredite zu vergeben statt das Geld bei der EZB zu deponieren. Ein solcher negativer Einlagezins gilt als ein Mittel, um die Kreditvergabe in den Krisenländern im Süden der Euro-Zone anzukurbeln. Gegner befürchten, dass Geldhäuser die Kosten auf die Kunden abwälzen.

Frankreich schwächelt - Deutschland nicht

Konjunkturlokomotive im Euroraum ist weiterhin Deutschland. Hier verstärkte sich laut Markit-Institut der wirtschaftliche Aufschwung zu Jahresbeginn vornehmlich wegen einer zunehmenden Dynamik in der Industrie. "Von diesem Anstieg geht ein starkes Aufschwungssignal aus", kommentierte Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Für das erste Quartal prognostiziert er ein Wachstum der deutschen Wirtschaft von 0,3 bis 0,4 Prozent.

In Frankreich schwächte sich der Abwärtstrend ab. Der Sammelindex legte zwar überraschend deutlich zu, blieb aber mit 48,5 Zählern den dritten Monat in Folge unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. In den übrigen Euroraum-Ländern festigte sich nach Angaben von Markit der Aufschwung.

Die Ergebnisse basieren auf der Befragung von rund 5.000 Industrie- und Dienstleistungsunternehmen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, Österreich, Irland und Griechenland.

Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts

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