Wirtschaft

Griechen-BIP schrumpft deutlich Erste Details zu Athens Sparpaket

Die neuen Sparmaßnahmen dürften auf wenig Verständnis bei den Bürgern des Landes stoßen.

Die neuen Sparmaßnahmen dürften auf wenig Verständnis bei den Bürgern des Landes stoßen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Gespräche, Verhandlungen, Terminverschiebungen - gut Ding will Weile haben: Nun gelingt zumindest ein erster Schritt auf dem Weg zu weiteren griechischen Milliardenhilfen. Die Weichen für ein neues Sparpaket sind gestellt. Auf die Bürger warten harte Einschnitte. Gleichzeitig gibt es erschreckende Zahlen zur griechischen Wirtschaftsleistung.

Griechenlands Premier Papademos (l.) und Finanzminister Venizelos (r.): Beim Athener ritt auf der Rasierklinge versuchen sie es mit Ruhe.

Griechenlands Premier Papademos (l.) und Finanzminister Venizelos (r.): Beim Athener ritt auf der Rasierklinge versuchen sie es mit Ruhe.

(Foto: REUTERS)

In Athen sickern erste Details aus dem neuen Sparprogramm der griechischen Regierung durch. Gleichzeitig kommen neue Daten zur Situation der gebeutelten Wirtschaft ans Tageslicht: Griechenland rechnet Regierungskreisen zufolge für das laufende Jahr mit einem Einbruch der Wirtschaftsleistung zwischen vier und fünf Prozent. Das sagte ein Vertreter der Athener Regierung unter Berufung auf einen Berichtsentwurf zum neuen Hilfspaket an den Internationalen Währungsfonds. Im November hatte die Regierung einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 2,8 Prozent prognostiziert. Analysten gingen Ende Januar von 3,7 Prozent aus.

Ob das neue Sparpaket da Abhilfe schaffen kann, darf bezweifelt werden: Wie aus Berichten der griechischen Presse hervorgeht, müssen sich die Arbeitnehmer des Landes auf drastische Einschnitte einstellen. Demnach sollen alle Löhne in der Privatwirtschaft solange eingefroren werden, bis die Arbeitslosenquote von heute mehr als 19 Prozent auf 10 Prozent gefallen ist.

Zudem solle der Mindestlohn um 22 Prozent auf 590 Euro gesenkt werden, für junge Leute unter 25 Jahren soll die Kürzung noch drastischer ausfallen. Schließlich sollen die Renten der als reich geltenden Rentenkassen von Banken sowie Telefon- und Elektrizitätsgesellschaft um 15 Prozent reduziert werden. Die Regierung bekräftigte auch ihre Absicht, dass 150.000 Staatsbedienstete bis 2015 gehen sollen.

Eurogruppe soll tagen

Die Regierung hatte sich nach zähen Verhandlungen mit der Troika aus EU, IWF und EZB auf neue Sparanstrengungen geeinigt. Ministerpräsident Lucas Papademos traf mit den Vorsitzenden der drei Regierungsparteien zusammen, um sich deren Unterstützung zu sichern.

Der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, berief für diesen Donnerstagabend eine Sitzung der Euro-Finanzminister ein. Juncker hatte die Sondersitzung zuvor von den Ergebnissen der Athener Gespräche abhängig gemacht. Laut Diplomaten wollen die Kassenhüter über das neue, 130 Mrd. Euro umfassende, Hilfsprogramm für Griechenland entscheiden. Ohne weitere Hilfen droht Griechenland im März die Pleite.

Fortschritte bei Schuldenschnitt-Gesprächen

Bewegung zeichnete sich derweil bei den Verhandlungen über den dringend benötigten Schuldenschnitt ab. Die Europäische Zentralbank (EZB) soll nach Informationen des "Wall Street Journals" nun bereit sein, zum griechischen Schuldenschnitt beizutragen. Weder die EZB noch die EU-Kommission wollten dies am Mittwoch kommentieren. In EZB-Kreisen hieß es indes, der "WSJ"-Bericht treffe nicht zu.

Diese widersprüchlichen Informationen sorgten für Irritationen an den Märkten. Am Aktienmarkt wurde auf Meldungen verwiesen, dass eine Beteiligung der Euro-Notenbanker am Schuldenschnitt EZB-intern höchst umstritten und deshalb keinesfalls in trockenen Tüchern sei.

Früheren Angaben des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos zufolge hingen die Verhandlungen mit den Privaten zuletzt an der Frage, ob EZB und nationale Notenbanken beim Forderungsverzicht mit ins Boot Steigen.

Keine Hilfe bis März: pleite

Nach den Beratungen von Papademos und den Parteichefs muss die Regierung das Sparpaket offiziell absegnen und dann dem Parlament vorlegen. Dort ist die Abstimmung voraussichtlich für diesen Sonntag vorgesehen.

Griechenland hängt bereits seit dem Frühjahr 2010 am internationalen Finanztropf. Damals wurden dem Land als erstem in der Eurozone Kredithilfen über 110 Mrd. Euro zugesagt, die sich aber bald als unzureichend erwiesen.

Würde Athen bis März keine weiteren Milliardenhilfen bekommen, wäre Griechenland pleite, denn am 20. März werden Staatsanleihen im Umfang von 14,5 Mrd. Euro fällig. Bis zur letzten Minute hatten Papademos und sein Finanzminister Venizelos mit den Finanzkontrolleuren der Troika aus EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB um letzte Details gerungen.

100 Mrd. Euro oder mehr?

Parallel wird über einen freiwilligen Schuldenschnitt für Griechenland mit privaten Gläubigern wie Banken und Hedge-Fonds verhandelt. Griechenland hofft dabei auf eine Reduzierung des Schuldenberges um 100 Mrd. Euro. Ob diese Zahl zustande kommt, gilt aber als fraglich. Denn es ist unklar, ob sich alle Gläubiger zum Forderungsverzicht bereiterklären.

Größter öffentlicher Gläubiger ist die EZB. Sie hatte seit 2010 griechische Staatsanleihen aufgekauft, um den damals einsetzenden rapiden Kursverfall aufzuhalten. Dem "WSJ" zufolge soll die EZB nun bereit sein, diese Anleihen zum niedrigen Kurs an den Euro-Rettungfonds EFSF zu verkaufen. Der EFSF würde die Anleihen an Athen dann seinerseits zu einem Kurs deutlich unter dem Nennwert zurückgeben. Damit müsste Griechenland diese Anleihen nicht mehr zum vollen Wert zurückzahlen, die Schulden wären reduziert. EFSF-Vizechef Christophe Frankel sagte, dass der EFSF «wahrscheinlich eine bedeutende Rolle» beim geplanten Schuldenschnitt für Griechenland spielen werde.

Quelle: ntv.de, bad/dpa/DJ

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