Wirtschaft

Aktionär spricht von Bastard Ende der deutschen Linde AG beschlossen

Ex-Aufsichtsrats- und neuer Verwaltungsratschef Wolfgang Reitzle hatte die Fusion durchgedrückt.

Ex-Aufsichtsrats- und neuer Verwaltungsratschef Wolfgang Reitzle hatte die Fusion durchgedrückt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der Industriegasehersteller Linde in bisheriger Form verschwindet von den Kurszetteln. Das neue Unternehmen nach der Fusion mit Praxair beginnt gleich als Dax-Schwergewicht. Doch nicht alle Kleinaktionäre sind begeistert.

Die Linde AG ist als deutsches Traditionsunternehmen bald Geschichte. Die Aktionäre stimmten auf einer außerordentlichen Hauptversammlung über den Rückzug von der Börse. Die Zustimmung galt als Formsache. Die Linde AG geht nach der Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair in der Linde plc auf.

Linde plc
Linde plc 417,40

Die neue Linde plc sei "ein Bastard", sagte Kleinaktionär Philipp Steinhauer. "Eine irische Gesellschaft, die ihre wenigen Steuern in Großbritannien zahlt, aus Amerika geführt wird und einen deutschen Namen trägt." Die Linde AG habe sich bei der Fusion unter Wert verkauft, kritisierte Daniel Bauer von der Aktionärsvereinigung SdK vor rund 650 Anteilseignern. "Der Preis war deutlich zu gering."

Es war die letzte öffentliche Hauptversammlung der Linde AG. Künftig treffen sich die Aktionäre des fusionierten Konzerns in Guildford bei London, wo die Verwaltung der neuen Linde sitzt. Rund acht Prozent der Kleinaktionäre hatten ihre Papiere nicht in Aktien der Linde plc getauscht. Sie werden nun gegen eine Abfindung von 189,46 Euro aus dem Unternehmen gedrängt. Mit dem Tausch in 1,54 Aktien der Linde plc wären sie rund zehn Prozent besser gefahren.

"Die Aktionäre sind traurig, teilweise sogar wütend", sagte Daniela Bergdolt von der DSW. Die Kleinaktionärsvertreterin kündigte an, die Abfindung in einem Spruchverfahren überprüfen zu lassen. Deren Berechnung sei zum Teil fragwürdig. Sie klagt bereits dagegen, dass die Linde-Aktionäre - anders als die von Praxair - über die Fusion selbst nicht abstimmen durften. Den strategischen Sinn hinter dem Zusammenschluss könne sie aber durchaus nachvollziehen.

Acht Milliarden durch Verkäufe

Aufsichtsratschef Reitzle - zugleich Verwaltungsratschef des fusionierten Konzerns - sagte, der Kursanstieg der Linde-Aktie seit der Entscheidung zeige, welches Potenzial die Anleger in dem Zusammenschluss sähen. Mit einem Marktwert von 88 Milliarden Dollar sei Linde unter den wertvollsten Unternehmen im Leitindex Dax inzwischen die Nummer drei hinter SAP und Siemens. Reitzle hatte die Fusion im zweiten Anlauf auch gegen Widerstände durchgeboxt.

Um den Zusammenschluss zum weltgrößten Industriegase-Hersteller gegen die Bedenken der Wettbewerbshüter vor allem in Europa und USA durchzusetzen, mussten Linde und Praxair große Zugeständnisse machen und Firmenteile verkaufen. Die fusionierte Linde plc kann daher mit mehr als acht Milliarden Euro rechnen. Allein der Verkauf eines Großteils des bisherigen Linde-Geschäfts in Nord- und Südamerika bringt umgerechnet 3,3 Milliarden Euro, wie der scheidende Vorstandschef der Linde AG, Aldo Belloni, sagte. Dazu kommen Erlöse aus der Trennung von Tochtergesellschaften in Südkorea, China und Indien. Der Fusionspartner Praxair hatte das Europa-Geschäft für fünf Milliarden Euro an die japanische Taiyo Nippon Sanso abgegeben.

Die Fusion war zum 1. November vollzogen worden. Operativ dürfen die beiden Gesellschaften aber erst von Ende Januar an zusammenarbeiten, wenn die Unternehmensverkäufe unter Dach und Fach sind.

Quelle: ntv.de, jwu/rts

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