Wirtschaft

Schlaflos, einsam, überarbeitet Elon Musks Nerven liegen blank

Elon Musk im Interview mit der "New York Times": "Wenn Sie jemanden haben, der einen besseren Job machen kann, lassen Sie es mich wissen. Sie können den Job haben."

Elon Musk im Interview mit der "New York Times": "Wenn Sie jemanden haben, der einen besseren Job machen kann, lassen Sie es mich wissen. Sie können den Job haben."

(Foto: REUTERS)

In einem Interview erlaubt der Tesla-Chef ungewohnt tiefe Einblicke in sein Leben. Elon Musk erklärt, was ihn zu dem verhängnisvollen Tweet zu Tesla getrieben hat. Und er gibt zu, schwer angeschlagen zu sein. Stoppen wird ihn das nicht.

Fährt Elon Musk Tesla gegen die Wand? Oder steht der Tesla-Gründer möglicherweise selbst vor dem Kollaps? Nach dem fatalen Tesla-Tweet, der die US-Börsenaufsicht inzwischen auf den Plan gerufen hat, gibt ein Interview mit der "New York Times" beunruhigend tiefe Einblicke in den seelischen Zustand des 47-jährigen Ausnahme-Unternehmers - die plötzlich noch mal ganz andere Fragen als die nach Teslas Börsen-Zukunft oder Liquidität aufwerfen.

Tesla Motors (USD)
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Offen räumt Musk ein, dass das vergangene Jahr für ihn "eine Qual" war: "Es war das schwierigste und schmerzhafteste in meiner Karriere." Zuletzt habe er bis zu 120 Stunden pro Woche gearbeitet und seit 2001, als ihn eine Malaria-Infektion schachmatt gesetzt hatte, nicht länger als eine Woche freigenommen, berichtet er. "Es gab Zeiten, in denen ich die Fabrik drei oder vier Tage lang nicht verließ - Tage, an denen ich nicht nach draußen ging." Das sei auf Kosten seiner Kinder, aber auch seiner Freunde gegangen.

"Freunde sind wirklich besorgt"

Es sei ein sehr emotionales Gespräch gewesen, schreibt die Zeitung. Mehrmals sei Musk dabei fast von seinen Gefühlen überwältigt worden: Die Hochzeit seines Bruders in diesem Sommer sei für ihn nur eine Stippvisite gewesen. Musk sei nur zwei Stunden vor der Zeremonie eingetroffen und direkt danach zurück zum Tesla-Hauptquartier geflogen. Auch seine Einsamkeit kam zur Sprache. So habe Musk berichtet, dass er selbst an seinem Geburtstag 24 Stunden bei Tesla geackert habe, um die Produktionsziele des Model 3 zu erreichen.

Immer wieder habe Musk zwischen Lachen und Weinen geschwankt, schreibt die Zeitung. Auf die Frage, ob sein Gesundheitszustand beeinträchtige sei, habe er geantwortet: "Ich habe Freunde, die vorbeigekommen sind, weil sie wirklich besorgt sind." Das einstige Wunderkund scheint an einem neuen Tiefpunkt angekommen zu sein. Laut der Zeitung wird schon länger nach einer Nummer 2 gesucht, die Musk entlasten könnte. In Sicht ist jedoch bislang niemand.

Einige Vorstandmitglieder sollen sich auch besorgt über Musks Konsum des Schlafmittels Ambien geäußert haben. Der Tesla-Chef gibt im Gespräch zu, dass er das Medikament regelmäßig nimmt: "Oft ist es die Wahl: kein Schlaf oder Ambien." Sein Wirkstoff Zolpidem ist derzeit das in den USA und in Europa meistverordnete Schlafmittel. Das Medikament aus dem Hause Sanofi-Aventis gilt als gut verträglich, wird aber auch wegen unerwünschter Nebenwirkungen kritisiert. Dazu sollen auch unkontrollierte Handlungen gehören. In Deutschland ist Zolpidem deshalb nur zur Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen zugelassen.

Musk rastet immer häufiger aus

Trotz seines vollen Einsatzes ist der Druck auf den erfolgsverwöhnten Unternehmer zuletzt immer weiter gestiegen. Und seine Ausraster scheinen mit jedem Rückschlag zuzunehmen: Streit und Beleidigungen mit Leerverkäufern und Analysten sind fast an der Tagesordnung. Völlig über die Stränge geschlagen ist Musk bei einem Höhlentaucher in Thailand beim Rettungseinsatz eines Fußball-Teams: Er verhöhnte ihn auf Twitter als Pädophilen, weil dieser das Mini-U-Boot, das Musks Ingenieure für den Einsatz gebaut hatten, nicht zu schätzen wusste.  

Insider sollen der "New York Times" berichtet haben, dass das Mittel Ambien Musk manchmal erst recht schlaflos macht, was gelegentlich auch zu ausgedehnten Twitter-Sessions führen soll. Angeblich sei er auch anderen "Gelegenheitsdrogen" nicht abgeneigt, schreibt die Zeitung.

Aufschluss gibt das Interview auch darüber, wie es am 7. August zu dem fatalen Tweet gekommen ist. Musk berichtet, dass er die Nacht zuvor mit seiner Freundin, der Musikerin Grimes verbracht habe. Nach einer Runde Frühsport habe er sich ans Steuer eines Tesla Model S gesetzt und sei zum Flughafen gefahren, um mit einem Privatflugzeug nach Nevada zu einer Tesla-Batteriefabrik zu fliegen. Auf der Strecke zum Flughafen habe er den Tweet abgesetzt: "Ich überlege Tesla zu 420 Dollar (je Aktie) von der Börse zu nehmen. Finanzierung gesichert."

Nach Musks Darstellung ging es ihm dabei um Transparenz. Niemand habe die Botschaft abgesegnet. Während er zwischen den Bundesstaaten hin und her jettete, nahm das Drama seinen Lauf: Schon eine Stunde und 20 Minuten nach dem Tweet war die Tesla-Aktie sieben Prozent gestiegen, die Börse musste den Handel stoppen. Es dauerte nicht lange und das Wort Manipulation machte die Runde.

"Habe kein Gras geraucht "

Im Interview verrät Musk auch, was ihn dazu veranlasste, 420 Dollar je Aktie als Wert festzusetzen. Die Zahl habe ein "besseres Karma" gehabt als 419, zitiert ihn die Zeitung. 420, 4:20 oder 4/20 ist ein im US-amerikanischen Raum gebräuchliches Codewort für den regelmäßigen Konsum von Cannabis. Daraus abzuleiten, er sei auf Drogen gewesen, als er den Tweet absetzte, sei falsch, betont Musk: "Ich habe kein Gras geraucht. Gras ist nicht hilfreich für die Produktivität." Musk flog noch am selben Abend weiter nach San Francisco, wo er bis spät in die Nacht an Tesla-Meetings teilnahm. Offenbar einer von vielen langen Arbeitstagen für ihn.

Musk stellt in dem Interview fest, dass für Tesla aus unternehmerischer Sicht das Schlimmste vorbei sei - aber "vom persönlichen Schmerz-Standpunkt das Schlimmste noch kommen wird". Die Schuld am wachsenden Stress-Level gibt Musk am Ende wieder den Short-Sellern, die auf fallende Tesla-Kurse wetten. Er sei auf "mindestens ein paar Monate extreme Folter eingestellt, in denen die Short-Seller eine Geschichte pushen, die möglicherweise den Untergang Teslas zur Folge hat".

Zurückziehen will Musk sich ausdrücklich nicht. Und auch der Vorstand stärkt ihm den Rücken. "Es gab viele falsche und unverantwortliche Gerüchte in der Presse über die Diskussionen des Tesla-Vorstands", zitiert das Blatt aus einem Schreiben des Managements. "Wir möchten klarstellen, dass Elons Engagement für Tesla offensichtlich ist." Er habe Tesla in den vergangenen 15 Jahren von einem Startup zu einem Konzern gemacht, der auf der ganzen Welt wachse und bedeutende Werte für seine Anleger schaffe. Das es so bleibt, setzt voraus, dass Musk gesund bleibt.

Quelle: ntv.de

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