"Eine völlig andere Dimension" Elektro-Erfolg überrascht BMW
26.11.2013, 13:09 UhrDie Nachfrage nach dem i3 fällt angeblich sehr viel stärker aus als erwartet: Vor allem in den USA und Frankreich registriert BMW ein überaus lebhaftes Interesse am ersten rein elektrisch betriebenen Großserienfahrzeug aus Deutschland. Im Heimatmarkt bleibt die Resonanz dagegen verhalten.
Mit diesen Zahlen hat selbst der BMW-Chef nicht gerechnet: Norbert Reithofer, Vorstandsvorsitzender des Münchner Premiumherstellers, hat sich angesichts der ersten Absatzprognosen nach der Markteinführung des neuen Elektromodells i3 überrascht gezeigt.
"Wir haben beispielsweise über 100.000 Anfragen für Probefahrten und bereits rund 10.000 Bestellungen allein in Europa", sagte Reithofer dem "Münchner Merkur". Die starke Nachfrage verteilt sich demnach allerdings sehr unterschiedlich über die einzelnen Märkte. In Frankreich etwa dürften in diesem Jahr insgesamt rund 10.000 Elektrofahrzeuge verkauft werden, in Deutschland dagegen nur etwa 4000, wie Reithofer erklärte.
Die größten Absatzerfolge dürfte der Dax-Konzern dagegen im US-Markt feiern. Dort könnten Reithofers Angaben zufolge noch im laufenden Jahr sogar zwischen 60.000 und 90.000 Fahrzeuge an die Kunden gehen. Dies sei "eine völlig andere Dimension", sagte Reithofer.
Konservativ geschätzt
Vor der Markteinführung war BMW eher vorsichtig mit Prognosen zum i3-Erfolg umgegangen. Mit einer konkreten Zahl wagte sich Vertriebschef Ian Robertson erst auf der Automesse in Los Angeles an die Öffentlichkeit. Kurz nach dem Verkaufsstart habe BMW rund 10.000 Bestellungen in den Auftragsbüchern, hieß es zu Beginn der Messe. Die Veranstaltung begann am 22. November und läuft noch bis zum 1. Dezember. Die Markteinführung des i3, des "ersten reinen Elektrofahrzeugs in Großserie aus Deutschland", begann am 16. November.
Experten gingen bislang für das kommende Jahr von einem Absatz von rund 25.000 Fahrzeugen aus. Der i3 hat eine Reichweite von 130 bis 160 Kilometer pro Batterieladung. Die Fahrgastzelle ist aus dem leichten, aber sehr teuren Zukunftswerkstoff Kohlefaser gefertigt, den BMW zusammen SGL Carbon in den USA produziert. Das Elektroauto ist das erste Fahrzeug in Serienproduktion, dessen Karosserie aus Kohlefaserverbundstoffen besteht. BMW schlägt damit in Sachen Leichtbau einen ähnlichen Weg ein wie Flugzeughersteller bei der Rumpf- und Tragflächenkonstruktion neuer Spritsparmodelle. Das Auto läuft im Leipziger BMW-Werk vom Band.
Siegeszug der Kohlefaser?
Ein erfolgreiche Markteinführung des i3 und des größeren hybrid-angetriebenen Sportwagens i8 käme Branchenbeobachtern zufolge gerade recht: Erst Anfang November musste BMW bei der Vorstellung des Zwischenberichts zum dritten Quartal auf die umfangreichen Entwicklungskosten verweisen, um Anleger und Analysten über die vergleichsweise schwachen Gewinnzuwächse hinwegzutrösten.
Die unerwartet starke Nachfrage stellt den Autobauer vor neue Aufgaben. BMW-Chef Reithofer kündigt an, die Produktionsplanung der neuen Lage anzupassen. "Wir werden uns darauf einstellen", sagte er. "Wir haben unsere Produktionskapazitäten konservativ geplant und werden den i3 in die Märkte bringen, wo wir damit auch dank guter Rahmenbedingungen erfolgreich sein werden."
Zusammen mit SGL
Bereits vor dem Wochenende waren Gerüchte aufgekommen, denen zufolge sich BMW auf eine stärkere Nachfrage für das Elektrofahrzeug i3 vorbereite. Das gemeinsame Carbon-Werk von BMW und SGL verdoppele die Produktionskapazitäten für Kohlefasern in einem Werk im US-Bundesstaat Washington, berichtete die "Welt". Der Autobauer könnte bei einem anhaltenden Erfolg des i3 einen hohen Kohlefaserverbundstoffe-Bedarf haben, hieß es.
Sorgen abseits aller Absatzprognosen bereiten dem BMW-Chef unterdessen die politischen Perspektiven im Heimatmarkt. Mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin mahnte Reithofer, die Flexibilität am Arbeitsmarkt, beispielsweise durch Instrumente wie Leiharbeit, zu erhalten. "Tatsache ist, dass wir uns zukünftig auf ein viel volatileres wirtschaftliches Umfeld einstellen müssen. Wir sind mit einer unsicheren Weltwirtschaft konfrontiert - nicht nur in Europa. Auch deshalb wollen wir uns unseren Flexibilitätssockel nicht nehmen lassen."
Auch einen gesetzlichen Mindestlohn sieht Reithofer kritisch. Zwar wäre BMW davon nicht direkt betroffen, weil dort höhere Löhne gezahlt werden. "Aber wir müssen in Deutschland nicht nur über Großunternehmen nachdenken, sondern über den gesamten Arbeitsmarkt", sagte Reithofer. "Es gibt viele Kleinbetriebe und Branchen, für die es hart wäre, wenn von heute auf morgen ein Mindestlohn eingeführt würde." Wie viele Unternehmen der Branche ist auch BMW auf ein weit gespanntes Netz an Zulieferern angewiesen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts