Wirtschaft

Neue Untersuchung EZB kauft immer mehr Südeuropa-Anleihen

Das Anleihenkaufprogramm der EZB stößt nicht nur der Bundesbank sauer auf. Auch in der Wissenschaft erntet es zunehmend Kritik. Die Gründe dafür zeigt eine neue Studie.

Aus der Wissenschaft kommt scharfe Kritik an dem umstrittenen Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB). Laut einer neuen Studie überwiegen immer mehr die Käufe von südeuropäischen Staatsanleihen, besonders von italienischen und spanischen Staatspapieren, dabei werde immer stärker vom vorgegebenen EZB-Kapitalschlüsse abgewichen, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf eine Untersuchung des Finanzwissenschaftlers Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim und der Universität Heidelberg.

"Das Anleihekaufprogramm der EZB wirkt zunehmend asymmetrisch. Immer stärker kauft die EZB ausgerechnet die Anleihen der hoch verschuldeten Euro-Staaten", sagte Heinemann der Zeitung. "Damit verfehlt die EZB von Monat zu Monat in wachsender Weise ihr eigenes Ziel, die Käufe nach dem EZB-Kapitalschlüssel zu steuern."

Deutschland unterproportional vertreten

Im Jahr 2015, als das Kaufprogramm "Quantitative Lockerung" begann, habe die Orientierung an den Kapitalanteilen noch recht gut funktioniert. "Inzwischen werden ankaufsfähige Anleihen aber immer knapper, so dass Europas Zentralbanken dort kaufen müssen, wo noch viel zu holen ist", erklärt der Finanzprofessor gegenüber dem Blatt.

Viel zu holen sei bei den hoch verschuldeten Staaten wie Italien und Frankreich, Österreich, Belgien. "Für diese Länder lag das Kaufvolumen 2017 schon um die 10 Prozent über dem eigentlich nach Kapitalanteilen zulässigen Niveau", kritisiert Heinemann den Angaben zufolge. Auch für Spanien stellt er überproportionale Käufe fest.

Aus Deutschland wurden unterproportional viele Anleihen gekauft, aus den baltischen Staaten kaufen die Notenbanken fast gar nichts mehr. Bis zum Stichtag 31. Dezember 2017 hatten die Euro-Notenbanken mit ihrem sogenannten PSPP-Programm für 1931 Milliarden Euro Staatsanleihen oder Anleihen öffentlicher Institutionen gekauft.

Privilegierung der Schulden-Staaten

Der ZEW-Ökonom hält diese Entwicklung der Zeitung zufolge für kritisch in mehrfacher Hinsicht: "Im Hinblick auf das laufende Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof ist die Konzentration der Käufe auf die Hochschulden-Staaten Wasser auf die Mühlen der Kläger", sagt er. "Eine rein geldpolitisch motivierte Maßnahme darf bei den Wertpapierkäufen kein Land privilegieren."

Mit jedem weiteren Monat des Kaufprogramms verschärfe sich nun aber die sichtbare Privilegierung der Schulden-Staaten weiter. "Damit wachsen auch die Zweifel an der Vereinbarkeit des Programms mit dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung", so Heinemann weiter. Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr mehrere Verfassungsbeschwerden an den EuGH zur Prüfung überwiesen. Die Karlsruher Richter sahen "gewichtige Gründe" dafür, dass das EZB-Kaufprogramm das Verbot einer monetären Staatsfinanzierung - also quasi über die Notenpresse – verletze.

Quelle: ntv.de, bad

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