Wirtschaft

Kampf gegen die Schuldenkrise EZB duelliert sich mit Bundesbank

EZB-Präsident Mario Draghi

EZB-Präsident Mario Draghi

(Foto: REUTERS)

Die Bundesbank geht im Streit um die Rolle der EZB in die Offensive und liefert dem Verfassungsgericht Argumente gegen zentrale Teile der europäischen Rettungspolitik. Die Europäische Zentralbank wehrt sich.

Der Streit zwischen EZB und Bundesbank um die richtige Strategie bei der Bewältigung der Schuldenkrise wird zu einem Schlagabtausch der Juristen. Wenige Wochen vor einer ersten Anhörung vor dem Bundesverfassungsgericht verteidigte die Europäische Zentralbank jetzt ihr Vorgehen.

Nachdem am Freitag die Bundesbank in einer Stellungnahme für das Gericht kein gutes Haar an der Rettungspolitik der Europäischen Zentralbank gelassen hatte, rechtfertigte Europarechtler Frank Schorkopf die umstrittenen EZB-Operationen: "Die Europäische Zentralbank handelt (...) innerhalb ihres Mandates und erfüllt auch ihr Mandat". Um ihr Ziel der Geldwertstabilität zu gewährleisten, müsse sie auch für Finanzstabilität sorgen, heißt es in einem vom "Handelsblatt" in Auszügen veröffentlichten Gutachten.

Streitpunkt zwischen Bundesbank und EZB ist, dass diese im Sommer vergangenen Jahres potenziell unbegrenzte Aufkäufe von Staatsanleihen überschuldeter Euro-Länder in Aussicht gestellt hatte - eine Ankündigung, die schlagartig zu einer Beruhigung der Finanzmärkte geführt hatte. Nach Ansicht der Bundesbank ist dieses Versprechen nicht durch das Mandat der EZB gedeckt.

Urteil im Herbst erwartet

Im Gutachten im Auftrag der EZB wird im Gegensatz dazu argumentiert, das EU-Recht für die EZB enthalte neben dem vorrangigen Ziel der Preisstabilität auch sekundäre Ziele, wie die Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der EU. "Die Unumkehrbarkeit des Euros wird nicht auf Kosten der Preisstabilität, sondern innerhalb des Mandats gewährleistet."

Mit dem besonders umstrittenen OMT-Anleihenkaufprogramm werde ausdrücklich das Ziel verfolgt, den Zinsmechanismus weiter in Kraft zu halten. Es gehe ausdrücklich nicht darum, die auf Marktanreize setzende Eigenverantwortlichkeit der nationalen Haushalte außer Kraft zu setzen. OMTs zielten auch nicht darauf ab, die Renditen von Staatsanleihen verschiedener Euro-Länder anzugleichen. Es werde damit vielmehr versucht, exzessiv hohe Risikoaufschläge mit dem Hintergrund von Marktbefürchtungen, dass die gemeinsame europäische Währung auseinanderbrechen könnte, zu verhindern. Die Bundesbank argumentiert dagegen, es sei nicht Aufgabe der Notenbank dies zu tun oder dafür zu sorgen, dass kein Land die Währungsunion verlasse.

Die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe findet Mitte Juni statt. Mit einem Urteil wird für den Herbst gerechnet. Das Gericht hatte bereits im vergangenen September in einem Eilverfahren den Weg für den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM freigemacht. Das BVG hatte die EZB-Staatsanleihenkäufe damals zwar angesprochen, sie jedoch nicht anschließend bewertet. Allerdings hatten die Karlsruher Richter festgestellt, dass ein Kauf am Finanzmarkt, der de facto auf eine Finanzierung der Mitgliedstaaten per EZB durch die Hintertür hinauslaufe, gegen das europäische Recht verstoßen würde. Jetzt soll geprüft werden, ob mit den Käufen der "Ermächtigungsrahmen der deutschen Zustimmungsgesetze zu den Unionsverträgen" überschritten würde.

Bundesbank bleibt hart

Die Bundesbank hat schon seit dem ersten Rettungspakt für das finanziell angeschlagene Griechenland im Frühjahr vor drei Jahren jegliche Interventionen der EZB an den Anleihenmärkten abgelehnt. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann macht wie bereits sein im Streit mit der EZB zurückgetretener Vorgänger Axel Weber aus seiner Ablehung der EZB-Politik keinen Hehl.

Die Bundesbank-Stellungnahme ist eine von vielen Experten-Meinungen, die das Gericht heranzieht, um zu einer Entscheidung zu kommen. Die Position der deutschen Zentralbank dürfte aber ein besonderes Gewicht haben. Noch ist jedoch völlig unklar, ob die Karlsruher Richter am Ende selbst entscheiden, oder die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorlegen.

Quelle: ntv.de, jga/rts

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