Wirtschaft

Zuckerberg vor dem US-Kongress Dinge, die wir über Facebook gelernt haben

Mark Zuckerberg höchstpersönlich: Mehrfach schon war er vor den Kongress geladen, bislang schickte er jedoch lieber seine Anwälte.

Mark Zuckerberg höchstpersönlich: Mehrfach schon war er vor den Kongress geladen, bislang schickte er jedoch lieber seine Anwälte.

(Foto: REUTERS)

Insgesamt zehn Stunden lang befragen die Ausschüsse von US-Senat und Abgeordnetenhaus Mark Zuckerberg. Der Facebook-Chef laviert und taktiert. Wichtige Antworten bleibt er auch nach der zweiten Anhörung schuldig.

Mark Zuckerberg hat sich zwei Tage lang um Schadensbegrenzung bemüht. Insgesamt zehn Stunden lang befragten ihn die beiden Kammern des US-Kongresses zum Skandal um den gigantischen Datenmissbrauch. Es ist die schwerste Krise in der 14-jährigen Unternehmensgeschichte. Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Usern sollen unerlaubt für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump ausgeschlachtet worden sein. Welche Einsichten haben wir gewonnen?

Meta
Meta 493,50

1. Alle sind so klug wie vorher: Ernüchterung macht sich breit. Das einzige was nach den Anhörungen klar ist, ist, dass es so nicht weitergehen kann. Zuckerberg selbst wollte bei den beiden Terminen im Senat und Repräsentantenhaus wenig dazu beitragen, wie das Geschäftsmodell seines Konzerns geändert werden könnte, um die Privatsphäre der Nutzer besser zu schützen. Kritischen Fragen wich er aus. Mehrfach wies der Facebook-Chef darauf hin, dass sein Team Informationen nachreichen werde. Viele Fragen blieben damit offen. Bislang ist nicht einmal klar, welcher Branche der Konzern zugerechnet werden muss. Ist Facebook ein Werbe-, Telekommunikationskonzern oder ein Verlag? Wäre Facebook ein Telekomdienst, wäre die US-Behörde FCC (Federal Communications Commission) zuständig. Zuckerberg bezeichnet Facebook als Technologiekonzern, nicht als Medienkonzern.

2. Die Diskussion über neue Gesetze hat gerade erst begonnen: Obwohl Einvernehmen darüber herrscht, dass neue Gesetze notwendig sind, gibt es noch keine klaren Vorschläge, wie diese aussehen könnten. Erwartet wird die Verabschiedung einer Gesetzesvorlage des Senats, die vorsieht, dass Social-Media-Unternehmen künftig eine Finanzierung durch politische Anzeigen offenlegen müssen.

Zwei Datenschutzgesetze wurden in den USA immerhin parallel zur Anhörung erlassen. Das eine soll verhindern, dass Daten über Schüler gesammelt werden, die Technologie im Klassenzimmer, zum Beispiel Tablets oder Laptops, benutzen. Das zweite verpflichtet Unternehmen, Nutzer um Erlaubnis zu fragen, bevor sie deren Daten sammeln und teilen. Mindestens drei US-Politiker erklärten, sie arbeiteten an Gesetzentwürfen zur Regulierung von Internetunternehmen.

Auf die genauen Bedingungen für den sogenannten "Honest Ads Act" - einer Initiative, die Online-Werbung so regulieren und transparent machen will wie Werbung im Fernsehen, im Radio oder in Zeitungen - konnten sich die Vertreter von Capitol Hill nicht einigen.

In Europa ist man schon etwas weiter. Ende Mai tritt die neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft. Sie verpflichtet Unternehmen unter anderem zu verbraucherfreundlicheren Datenschutzeinstellungen.

3. Zuckerberg tut das, was absolut nötig ist: Zuckerberg betonte lediglich, dass er bei Regulierungsmaßnahmen kooperationsbereit sei. Allerdings müsse es "die richtige Regulierung" sein. Die neuen europäischen Datenschutzregeln begrüßte Zuckerberg ausdrücklich. Facebook wolle die dort vorgesehenen Kontrollen weltweit anwenden, kündigte er an. Bei Verstößen gegen die DSGVO drohen Internetunternehmen Strafen von bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes, was im Fall von Facebook in die Milliarden gehen kann. Einlenken will das Unternehmen auch bei einer kalifornischen Initiative für besseren Verbraucherschutz. Gegen den California Privacy Act werde es keinen Widerstand mehr geben, teilte Facebook mit.

Gleichzeitig verfolgt Zuckerberg aber auch Pläne, wie er eine striktere Regulierung noch abwenden könnte: In der Befragung im Senat signalisierte er zum ersten Mal, dass Facebook eine Bezahlvariante ohne Werbung bekommen könnte. Es werde aber "immer eine kostenlose Version von Facebook geben".

4. Zuckerberg ist nicht ganz ehrlich: Zu seiner Strategie gehört es, reichlich Asche auf sein Haupt zu streuen. Er bekennt sich immer wieder zu seiner persönlichen Verantwortung für die unerlaubte Verwendung der Daten durch Cambridge Analytica. "Es war mein Fehler, und es tut mir Leid", sagte Zuckerberg. Als "idealistische und optimistische Firma" habe Facebook früher ignoriert, dass die globalen Netzwerke nicht nur für positive Ziele verwendet werden könnten. Facebook habe das Ausmaß der Verantwortung nicht erkannt.

Zuckerberg beschwört eine Neuausrichtung der Firmenkultur. Ausgelöst hat diesen Sinneswandel aber erst der große Datenskandal und der Druck der Öffentlichkeit. Damit bleiben berechtigte Zweifel. Facebook habe sich bereits in früheren Jahren immer wieder für Fehler entschuldigt - warum sollte dem Konzern jetzt vertraut werden, dass er die "notwendigen Veränderungen" umsetze, formulierte es der republikanische Senator John Thune bei der Anhörung.

Tatsache ist: Zuckerberg war bislang unbelehrbar. Ein Video aus dem Jahr 2010 beweist, dass Apple-Gründer Steve Jobs die Probleme beim Datenschutz durchaus schon vor Jahren kommen sah - und offen ansprach. Der Facebook-Chef, der damals im Publikum saß, stieß er auf taube Ohren.

5. Jetzt kommt es auf die Nutzer an: Die Gesetzeslage wird vorerst unklar bleiben. Und Facebook wird weiterhin nur das Nötigste tun, um Datenmissbrauch zu verhindern. Die Nutzer müssen also für sich entscheiden, welche Daten sie mit wem teilen möchten. Im Zweifelsfall bedeutet das auch, die Finger von sozialen Netzwerken zu lassen. Zuckerberg wird niemandem die Entscheidung abnehmen. Der Frage: "Was glauben Sie: Wem gehört die Präsenz des Individuums im Internet? Wem gehört Ihr virtuelles Ich? Sind Sie es oder sind es die anderen?", wich Zuckerberg aus. "Es wird Zeit dauern, bis wir alle notwendigen Änderungen abgearbeitet haben.". Die Frage vor dem Senat, ob er den Anwesenden mitteilten möchte, in welchem Hotel er abgestiegen sei, beantwortete er mit einem klaren "Nein". Wer das nicht möchte, darf es auch nicht bei Facebook posten.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen