Wirtschaft

Gründe, Folgen, Alternativen Die wichtigsten Fragen zur Bankenfusion

Dauerbaustelle: Auch ohne neue Fusion arbeiten Deutsche Bank und Commerzbank an umfassenden Reformen, inklusive Abbau tausender Stellen.

Dauerbaustelle: Auch ohne neue Fusion arbeiten Deutsche Bank und Commerzbank an umfassenden Reformen, inklusive Abbau tausender Stellen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Woran krankt das Geschäftsmodell von Deutscher Bank und Commerzbank? Warum treibt der Finanzminister die Fusion voran? Gibt es bessere Alternativen? Und welche verschiedenen Rollen spielt die Politik? n-tv.de beantwortet die wichtigsten Fragen zur Bankenfusion.

Was ist das Problem der deutschen Banken?

In den Jahren vor der großen Finanzkrise gehörte die Deutsche Bank zu den größten Kreditinstituten der Welt, auch die Commerzbank war damals ein Finanzkonzern von internationalem Rang. Doch seitdem sind die beiden führenden deutschen Banken tief gestürzt. Die Deutsche Bank hält sich - gemessen an der weiter schrumpfenden Bilanzsumme - noch auf Platz 15 der globalen Rangliste, die Commerzbank auf Platz 45. Noch gravierender: Beide Banken verdienen kaum Geld. Die Deutsche Bank erwirtschaftet kaum eine Rendite, die Commerzbank verdient magere 3,4 Prozent von ihrem Eigenkapital - und das, während die Konjunktur 2018 noch gut lief. Wenn sich das Wirtschaftswachstum wie in diesem Jahr erwartet spürbar abschwächt, drohen die Banken sofort in die Krise zu rutschen.

Als Hauptgründe für diese im internationalen Vergleich winzigen Gewinne gelten einerseits veraltete, aufgeblähte Strukturen der beiden Banken sowie für die Deutsche Bank Milliardenkosten für die Folgen alter Skandale. Zum anderen stehen alle Banken im Euroraum und besonders in Deutschland vor besonderen Schwierigkeiten: Die Negativzinsen der Europäischen Zentralbank machen ihnen ebenso zu schaffen wie die ruinöse Konkurrenz auf dem mit weit mehr als 1000 Privatbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken völlig überfüllten deutschen Bankenmarkt.

Was würde eine Fusion bringen?

Auf dem Papier zumindest hätte Deutschland wieder eine Bank von zumindest europäischem Spitzenrang. Mit rund zwei Billionen Euro wäre das fusionierte Institut die Nummer zwei im Euroraum. Nach Vorstellungen der Fusions-Befürworter wäre die neue Bank damit eher in der Lage, große internationale Transaktionen für deutsche Konzerne weltweit zu unterstützen, als es die beiden schrumpfenden Einzelbanken derzeit können.

Durch Sparmaßnahmen könnten die Gewinne steigen. Beide Banken verfügen über viele Strukturen in der Verwaltung, bei den Filialen und in der IT doppelt. Das ergibt - in der Theorie - gigantische Einsparpotenziale. Fraglich ist allerdings, ob sich diese Synergien so leicht heben lassen. Laut der "Financial Times" glauben Bankenaufseher, dass der Deutschen Bank die "Brutalität" für das notwendige "Blutbad" fehlt, das heißt, für die Streichung zehntausender Stellen. Erfahrungen etwa mit dem Kauf der bis heute nicht vollständig integrierten Postbank durch die Deutsche Bank oder die desaströse Übernahme der Dresdner Bank, die die Commerzbank in den Abgrund riss, lassen erahnen, wovon die Aufseher sprechen.    

Inoffiziell wird in Regierungskreisen argumentiert, die neue Großbank sei im Fall einer Finanzkrise stabiler als die Deutsche Bank heute. Denn der Staat, seit der Finanzkrise mit 15,5 Prozent der Anteile größter Commerzbank-Aktionär, wäre an dem neuen Institut beteiligt. Dieser Anteil wird von vielen Marktteilnehmern als implizite staatliche Garantie verstanden. Das wiederum schafft Vertrauen in die Bank und könnte helfen, dass sie im Krisenfall nicht so schnell vom Geldmarkt abgeschnitten wird, wie es bei vielen Banken in der vergangenen Finanzkrise der Fall war.   

Welche negativen Folgen hätte die Fusion?

Gewerkschaften und Analysten nennen eine Zahl von 30.000 Stellen, die allein in Deutschland wegfallen könnten. Selbst wenn dieser Kahlschlag durchsetzbar wäre, würde sich an den mageren Gewinnaussichten aufgrund der weiter niedrigen Zinsen aber nur wenig ändern. Auch der Wettbewerb mit Sparkassen, Landesbanken und Genossenschaftsbanken bliebe hart, der Spielraum für höhere Einnahmen gering. 

Geriete die neue Großbank etwa in einer Finanzkrise in Schieflage, könnte es für den Steuerzahler entsprechend teuer werden. Experten befürchten, dass das neue Institut instabiler wäre als die beiden Banken für sich genommen. Denn sie glauben gar nicht, dass die Sparmaßnahmen durchsetzbar sind. Stattdessen könnte der Zusammenschluss sogar hohe Kosten verursachen, ohne die Effizienz zu verbessern. Das wäre angesichts der bereits miesen Ertragslage der Banken ein Desaster.

Welche Alternativen gibt es?

So wie sie derzeit aufgestellt sind, sind Deutsche Bank und Commerzbank nicht zukunftsfähig. Deshalb arbeiten beide derzeit auch bereits massive Sparprogramme ab. Das heißt, auch ohne Fusion dürften Zehntausende Stellen in den kommenden Jahren wegfallen und hunderte Filialen geschlossen werden.

Aufgrund ihres stark gesunkenen Börsenwertes könnten beide Banken von ausländischen Konkurrenten übernommen werden. Deutschland könnte dann ganz ohne einheimische Großbank dastehen. Das wird vor allem von Politikern als Prestigeverlust betrachtet. Für deutsche Großkonzerne, die ebenso gut mit ausländischen Banken arbeiten können, sowie für Mittelständler und für Verbraucher, die von Direktbanken, Fintechs sowie Sparkassen und Genossenschaftsbanken mehr als ausreichend versorgt werden, dürfte das allerdings kein spürbarer Nachteil sein.

Welche Rolle spielt die Politik?

Olaf Scholz als Finanzminister war in den vergangenen Monaten die treibende Kraft bei der Anbahnung der Fusionsgespräche. Nach eigenen Angaben geht es ihm vor allem darum, durch die Schaffung einer weltweit präsenten und konkurrenzfähigen Bank die Finanzbranche und damit die deutsche Wirtschaft insgesamt zu stärken. Die Bundesregierung ist aber auch selbst als Commerzbank-Aktionär in eine mögliche Transaktion verwickelt. Die FDP und Teile der CDU fordern, diese Beteiligung vor einer Fusion zu verkaufen und sich aus der Entscheidung der Bankmanager rauszuhalten. Scholz hat sich dazu bislang nicht geäußert. Behält der Bund nach der Fusion seine Beteiligung, dürften die Gewerkschaften großen Druck auf die Regierung ausüben, um den geplanten Stellenabbau abzumildern.

Zudem tritt der Staat in Form vieler Kommunen und Länder, die hinter den Sparkassen und Landesbanken stehen, als direkter Konkurrent der privaten Großbanken auf. Die haben ein Interesse daran, dass eine Konsolidierung des umkämpften deutschen Bankenmarktes nicht auf ihre Kosten stattfindet. Eine Fusion mit einem kräftigen Filialabbau bei Deutscher und Commerzbank könnte ihnen gelegen kommen.

Quelle: ntv.de

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