Wirtschaft

Apple Pay erreicht Deutschland "Die Banken haben keine andere Wahl"

Auch per Uhr lässt sich mit Apple Pay bezahlen.

Auch per Uhr lässt sich mit Apple Pay bezahlen.

(Foto: AP)

Apple startet seinen mobilen Bezahldienst nun auch in Deutschland. Der wesentliche Vorteil sei die Bequemlichkeit, sagt Andreas Hackethal. Im Interview mit n-tv.de spricht der Professor für Finanzen über die Macht der Gewohnheit, Zeitvorteile und das Dilemma, vor dem Banken nun stehen.  

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n-tv.de: Apple Pay ist in Deutschland angekommen. Google ist schon länger hier. Hat das Bezahlen mit dem Smartphone überhaupt Vorteile gegenüber anderen Zahlungsmethoden?

Andreas Hackethal: Es gibt einen wesentlichen Vorteil: Bequemlichkeit. Der Zeitgewinn und die Einfachheit, die damit einhergehen, mögen klein sein - aber das kann dennoch Gewohnheiten kippen. Das sehen wir beispielsweise bei Amazon. Alles ist gebündelt an einem Ort. Man findet sich zurecht, kennt sich aus. Das Einkaufen und Bezahlen geht schnell und komplikationsfrei. Das ist die zentrale These: Apple und Google sind Meister der Einfachheit und Bequemlichkeit - und übertragen das jetzt auf das Bezahlen mit dem Smartphone.

Man kann jetzt aber auch schon etwa mit der Kreditkarte kontaktlos bezahlen. Ist es bequemer, das Handy zu zücken als die Karte aus dem Portemonnaie zu holen?

Das entscheidet jeder für sich. Es stellt sich doch die Frage, ob man in Zukunft überhaupt ein Portemonnaie bei sich trägt, wenn man ohnehin ein Smartphone in der Hand hat oder ein Wearable am Körper. Diese Geräte ermöglichen den kleinen Zeitvorteil und die Bequemlichkeit, die entscheidend sind. Das hat sich in anderen Ländern bereits gezeigt, etwa in den USA, Großbritannien oder China. Dort gibt es auch das Mobile Payment mit Karte. Doch das Bezahlen per Smartphone scheint dem mittlerweile den Rang abzulaufen.

Deutschland gilt als ein Land, in dem sich Bargeld großer Beliebtheit erfreut.

Andreas Hackethal ist Professor für Finanzen am House of Finance der Goethe Universität Frankurt am Main.

Andreas Hackethal ist Professor für Finanzen am House of Finance der Goethe Universität Frankurt am Main.

In der Tat. Das bargeldlose Bezahlen nimmt trotzdem stetig zu - wenn auch langsamer als in anderen Ländern. Der Punkt ist: Hat man erst einmal etwas ausprobiert, und überzeugt einen die Bequemlichkeit, dann macht man das wieder und gewöhnt sich schließlich dran. Daraus entwickeln sich dann Routinen. Ein Beispiel aus einem anderem Bereich: Hier in Frankfurt ist das Landesticket für den Öffentlichen Nahverkehr für Professoren und Mitarbeiter an der Universität kostenlos. Das hat zu einem vollständigen Umdenken bei vielen Kollegen geführt: War früher das Auto Standard, so ist es jetzt der Zug. Und Abweichungen vom Standard verursachen immer geistige Kosten. Ähnlich wird das beim Bezahlen sein: Wenn das mobile Zahlen zum Standard geworden ist, dann werden irgendwann alle Zahlungen auf diese Weise getätigt – zumindest von der Mehrheit. Dieser Punkt ist aber noch nicht erreicht. Noch ist das mobile Zahlen die Ausnahme.

Und die Frage ist, ob sich das ändert?

Ja. Das wird bei bestimmten Nutzertypengruppen oder eben ganzen Generationen starten und dann wie ein Lauffeuer um sich greifen.

Apple Pay arbeitet hierzulande beispielsweise mit der Deutschen Bank und der Comdirect zusammen. Ist das aus Sicht der Banken eine gute Idee?

Für die Banken ist das nicht die beste denkbare Lösung. Sie arbeiten mit einem sehr mächtigen Partner zusammen, der Daten erlangt und die Kundenschnittstelle vereinnahmt. Für die Banken wäre es wesentlich besser gewesen, eine eigene Lösung zu haben, die universell funktioniert. In unserem national geprägten und zersplitterten Bankensystem ist es aber extrem schwer, so etwas zu entwickeln. Außerdem ist dieser Zug längst abgefahren, insofern stellt sich die Frage nach dieser bestmöglichen Lösung für Banken nicht mehr. Sie müssen also das Beste aus der gegenwärtigen Situation machen.

Und wie sieht das aus?

Sie müssen das machen, was ihre Kunden wünschen. Wenn die Kunden Apple Pay oder Google Pay haben wollen, können die Banken das nicht ignorieren.

Die Sparkassen setzen auf eine eigene App. Ist das also ein Fehler?

Ich wünsche den Instituten – im Sinne der Sparkassen - viel Erfolg mit dieser Strategie. Es wird sich zeigen, wie groß der Druck der Kundschaft sein wird. Ob das die richtige Lösung ist, wird der Markt entscheiden, und das wird davon abhängen, welche Lösung an der Kasse um einen Klick weniger weit entfernt ist.

Banken dürfen bei diesen Zahlungen in der EU höchstens 0,3 Prozent der Summe als Gebühr kassieren. In den USA müssen sie 0,15 Prozent an Apple zahlen. Lohnt es sich für die Banken finanziell, mit Apple zusammenzuarbeiten?

Das kann ich mir kaum vorstellen. Das wäre nur dann ein lohnendes Geschäft, wenn mehr Transaktionen, wenn höhere Umsätze stattfinden. Ich denke aber nicht, dass das Volumen der Transaktionen deutlich steigt. Vielleicht kommt es sogar eher dazu, dass häufiger kleinere Käufe getätigt werden – bei gleichbleibenden Fixkosten pro Transaktion. Außerdem ist bei Apple Pay ja in der Regel eine Kreditkarte hinterlegt. Das heißt: Wenn auf diese Weise bezahlt wird und nicht über das Girokonto, bekommen andere die Daten - und nicht die Bank.

Wäre es also für die Banken doch besser, nicht mit Apple oder Google zusammenzuarbeiten?

Der Druck der Kunden ist so groß, dass sich eine einzelne Bank nicht gegen Apple Pay und Google Pay stellen kann. Würde sie das tun, begibt sie sich ins Abseits. Die Banken haben keine andere Wahl.

Mit Andreas Hackethal sprach Jan Gänger

Quelle: ntv.de

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