Wirtschaft

Dürr steckt Auftragsverlust weg Deutsche Industrie ist gegen Trump gefeit

Mexiko oder USA? Für den Lackieranlagenbauer Dürr ist es egal, in welches Land er exportiert.

Mexiko oder USA? Für den Lackieranlagenbauer Dürr ist es egal, in welches Land er exportiert.

(Foto: picture alliance / dpa)

Donald Trump überzeugt Ford, seine Pläne für ein Werk in Mexiko aufzugeben. Dürr verliert dadurch einen Millionenauftrag. Weder der Anlagenbauer noch andere deutsche Industrieunternehmen hierzulande müssen deshalb vor Trump zittern.

Eine Kampfansage pro Tag scheint bei Donald Trump zur Pflicht geworden zu sein. Gerne an große Autokonzerne und gerne per Twitter. Dass seine Interventionen in die Unternehmenspolitik von Weltkonzernen irgendwie deutsche Unternehmen treffen würden, war vermutlich nur eine Frage der Zeit. Diejenige, die dem US-Autobauer Ford galt, bekommt jetzt auf jeden Fall der deutsche Anlagenbauer Dürr zu spüren. Weil der US-Autobauer vom Bau eines neuen Werks in Mexiko Abstand genommen hat, und entsprechend dort auch keine Lackieranlagen mehr braucht, verliert das deutsche Unternehmen mit rund 16.000 Mitarbeitern einen Auftrag im Wert von 100 Millionen Euro.

Autoexperten vermuten hinter der Entscheidung das Wirken von Trump. Auch wenn Ford eine geringere Nachfrage aus den USA nach den Kompaktwagen, die dort gebaut werden sollten, als Grund anführte. Der designierte US-Präsident lässt keinen Zweifel daran, dass er die Industrie zum Aufbau von Jobs in den USA zwingen will- notfalls auch durch die Rückkehr zu Zöllen auf Einfuhren aus Mexiko. Nicht nur Ford kritisierte Trump wegen seiner Expansionspläne in Mexiko scharf - auch General Motors und Chryser erhielten bereits entsprechende Ansagen. Selbst vor dem japanischen Autobauer Toyota machte der künftige US-Präsident nicht Halt.

Möglicherweise ist Nissan als nächster Autobauer an der Reihe. Der Autobauer ist stärker in Mexiko engagiert als Toyota. Viel wichtiger noch: Nissans Partner Renault baut derzeit mit Daimler ein neues Werk in Mexiko. Wird Trump noch einmal einen Blick darauf werfen, um zu prüfen, ob er gegebenenfalls Jobs für die USA einfordern kann? Worauf muss sich die deutsche Industrie einstellen?

Dürr: "Kein wirtschaftlicher Nachteil"

Dürr beschwichtigt: "Uns entsteht kein wirtschaftlicher Nachteil", sagte ein Sprecher. Es gebe bereits Verhandlungen mit Ford über alternative Aufträge an Standorten in den USA, Mexiko und Brasilien." Auch die Prognose eines Auftragseingangs von 3,5 bis 3,7 Milliarden Euro für 2017 bleibe unverändert. Auf den Umsatz hätte sich der Ford-Auftrag frühestens 2018 ausgewirkt.

Auch dass Trumps nationalistische Politik die deutsche Wirtschaft insgesamt in Mitleidenschaft ziehen könnte, sieht der Weltmarktführer für Lackieranlagen nicht. Zusätzliche Investitionen in den USA könnten Rückgänge in Mexiko ausgleichen, heißt es. "Als Kommunikationschef von Dürr würde ich das genauso formulieren", sagt Autoexperte Helmut Becker n-tv.de. Man wolle Trump oder die amerikanische Politik keinesfalls provozieren. "Wenn man das Gegenteil behaupten würde, hätte das einen Rattenschwanz von Folgen. Man würde die Wirtschaftspolitik auf den Plan rufen. Alle würden gegen Protektionismus wettern und das würde Staub aufgewirbeln."

Gleichzeitig sei es aber auch egal, wohin der Anlagebauer liefere. "Ein Problem wäre es, wenn Dürr aus einem Werk in Mexiko diese Anlagen liefern wollte. Solange die aus Deutschland geliefert werden, ist es egal, ob die nach Mexiko gehen oder in die USA."

Siemens: "Wir haben, was gezwitschert wird"

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Beruhigende Worte gibt es auch von Siemens. Vorstandschef Joe Kaeser erwartet keinen ähnlichen Druck aus den USA, wie die Unternehmen Ford und Toyota derzeit erfahren. Er sieht sich vor Trumps Twitter-Angriffen gefeit. "Wir sind im Grunde ein sehr etablierter Bestandteil der Vereinigten Staaten", sagte Kaeser in Seeon mit Hinweis auf die hohe Zahl an Mitarbeitern in den USA. Siemens habe sehr frühzeitig auf Lokalisierung in der Produktion gesetzt. "Insofern haben wir im Grunde genau das, was eben gezwitschert wird", sagte Kaeser in Anspielung auf Trumps Tweets.

Siemens, das im übrigen zu den großen deutschen Sponsoren in Trumps Wahlkampf gehörte, ist ein uralt eingesessenes Unternehmen in den USA. Es hat dort mehr als 60.000 Mitarbeiter und betreibt 40 Werke. Mit Übernahme des US-Softwarespezialisten Mentor Graphics erhöht sich die Zahl auf rund 70.000 Mitarbeiter. Das Unternehmen fährt als Mischkonzern eine andere Geschäftsstrategie als etwa Autokonzerne. Unter anderem wegen der Aktivitäten in der Infrastruktur ist der Wertschöpfungsanteil in den jeweiligen Märkten selbst sehr viel höher als bei Autokonzernen, die in sehr großen Werken oft auch für den Export produzieren.

Die Experten bei Metzler sind nicht davon überzeugt, dass Dürr so glimpflich davon kommt: Sie glauben zwar an Ersatzaufträge bei Dürr. Doch würden diese sich länger hinziehen, hieß es. Andere Autobauer könnten zudem ebenfalls ihre Aufträge verschieben. Dürr macht 60 Prozent seines Umsatzes mit der Autoindustrie. Zu den großen Kunden gehören neben Ford auch GM und Chrysler. Die hat Trump bekanntlich ebenfalls auf dem Schirm.

Etablierte Unternehmen in den USA

Dürr bleibt wachsam. Doch bislang gilt: Es gibt keinerlei Hinweise für Auftragstornierungen, wie der Sprecher mit Blick auf neue Werke von Daimler und BMW in Mexiko, die Dürr ebenfalls ausrüstet, ergänzte. Daimler sitzt zwar mit insgesamt rund 8000 Beschäftigten in Mexiko. Auch BMW ist hier vertreten: Ab 2019 sollen in einem neuen Werk in Mexiko rund 150.000 Fahrzeuge vom Band rollen. Die Münchner wollen wie alle anderen auch von den geringen Lohnkosten und den Steuervorteilen profitieren. Aber alle diese Investition stammen aus der Zeit vor Trump und sind damit in trockenen Tüchern. Ansonsten sind beide Unternehmen - so wie Siemens - fest in den USA etabliert. "BMW als Nobelhersteller ist der größte Automobilexporteur der USA, größer GM, Ford oder Chrysler. Die Deutschen sind ein integrierten Anteil der amerikanischen Automobilindustrie, und denen wird Trump nicht wehtun", erklärt Becker.

"Wir leben in einer Zäsur. Die Werke, die da stehen, kann man nicht transferieren. Die stehen in Mexiko oder woanders. Das ist passiert. Worum es geht, sind Neuinvestitionen", sagt der Autoexperte weiter. Lediglich Pläne für die Zukunft, in Mexiko zu investieren, dürften - so weit sie angedacht seien - wohl erst erst einmal auf die lange Bank geschoben werden. In einer schwachen Verhandlungsposition sei als einziger deutscher Autobauer Audi, sagt Becker. "Sie haben ein Werk in Mexiko und keine Produktion in den USA." Seit Ende September wird dort der Q5 für den Weltmarkt gefertig.

Weder Audi noch BMW, der 2019 die Dreier-Limousine in Mexiko vom Band rollen lassen will, haben bislang Ambitionen, dem Standort den Rücken zu kehren. Sollte Trump seine Drohung umsetzen, das Freihandelsabkommen auszusetzen und Zölle einzuführen, könnten die meisten wohl aber ihre Produktion so umsteuern, dass mehr Autos für die USA auch in den USA und mehr Autos für den Rest der Welt in Mexiko gebaut werden könnten. Audi müsste in dem Fall dann wohl prüfen, ob ein Werk der Konzernmutter Volkswagen in den USA aushelfen kann.

Quelle: ntv.de

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