Wirtschaft

Venizelos winkt mit Schuldenschere Deutsche Banken pokern nicht

Hängt die Hürde für den freiwilligen Schuldenschnitt zu hoch? Nicht für deutsche Banken.

Hängt die Hürde für den freiwilligen Schuldenschnitt zu hoch? Nicht für deutsche Banken.

(Foto: AP)

Deutschlands Banken wollen fair spielen und beim Schuldenschnitt in Griechenland mitmachen. Hedge Fonds und andere Geldhäuser spielen dagegen Trittbrettfahrer in dem Schuldenpoker: Sie sperren sich gegen den Forderungsverzicht – um Milliardengewinne auf Kosten der anderen Gläubiger einzufahren.

Die großen deutschen Finanzinstitute werden sich wie erwartet am freiwilligen Schuldenschnitt für Griechenland beteiligen. Die größten deutschen Institute hielten zuletzt Hellas-Bonds im Nominalwert von rund 15 Mrd. Euro. Unter anderem hätten die Deutsche Bank, Commerzbank sowie der Versicherungskonzern Allianz ihre Bereitschaft zum Forderungsverzicht signalisiert, teilte der internationale Bankenverband IIF in Washington mit. Auch andere große Institute wie der Versicherungskonzern Axa und die Großbank BNP Paribas aus Frankreich, die niederländische ING Bank oder die spanische Intesa San Paolo wollen den Angaben zufolge mitziehen.

In der Bad Bank der Hypo Real Estate schlummert ein dicker Brocken zum Tausch.

In der Bad Bank der Hypo Real Estate schlummert ein dicker Brocken zum Tausch.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit im Boot sei auch die Münchner FMS Wertmanagement, in der die Milliardenrisiken der verstaatlichten Hypo Real Estate gebündelt sind, sagte ein Insider. Die FMS ist der größte deutsche Gläubiger Griechenlands. Das Institut hatte Mitte 2011 Hellas-Bonds im Volumen von 7,2 Mrd. Euro in den Büchern. Hinzu kamen 1,6 Mrd. Euro durch Kredite und Anleihen griechischer Emittenten. Sollte sich die FMS beteiligen, könnten auf die Abwicklungsanstalt Belastungen von sechs bis acht Mrd. Euro zukommen, sagten mehrere mit der Situation vertraute Personen. "Damit wäre neues Kapital in dieser Höhe nötig, das vom Bankenrettungsfonds SoFFin kommen müsste." Die meisten anderen deutschen Banken dürften den Schuldenschnitt vergleichsweise gut verkraften - sie haben bereits große Teile ihrer Griechenland-Anleihen verkauft und hohe Abschreibungen auf die restlichen Papiere vorgenommen.

Die DZ Bank, die WGZ Bank, die Erste Abwicklungsanstalt, in die Milliardenrisiken der WestLB ausgelagert wurden, und die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) würden voraussichtlich ebenfalls am Bond-Tausch teilnehmen, heißt aus dem Umfeld der Banken. Experten gehen davon aus, dass sich auch die übrigen Landesbanken beteiligen. Als sicher gilt auch, dass alle griechischen Banken und Versicherungen sowie Rentenkassen am Schuldenschnitt teilnehmen werden. Die griechischen Banken halten griechische Staatsanleihen im Wert von 45 Mrd. Euro und die verschiedenen Versicherungen und Rentenkassen im Umfang von rund 23 Mrd. Euro, wie griechische Medien am Montag übereinstimmend berichteten.

Griechenlands private Gläubiger müssen bis Donnerstag erklären, ob sie am Schuldenschnitt teilnehmen. Insgesamt sollen sie "freiwillig" auf 107 von rund 200 Mrd. Euro ihrer Forderungen an das hoch verschuldete Mittelmeerland verzichten, indem sie ihre griechischen Staatsanleihen in neue Papiere mit geringerem Nominalwert, längerer Laufzeit und niedrigeren Zinsen tauschen. Das entspräche einem Schuldenschnitt von 53,5 Prozent.

Poker um Milliardengewinne

Ob sich jedoch genügend Gläubiger an der Aktion beteiligen, dürfte aber bis zuletzt offen bleiben. Während der politische Druck auf Großbanken und Versicherungskonzerne groß ist, gilt die Beteiligung von Hedge Fonds als äußerst unsicher. Nach den IIF-Angaben hat sich bislang nur die Gruppe Greylock Capital Management auf einen Forderungsverzicht festgelegt. Die meisten Griechenland-Anleihen liegen inzwischen nicht mehr bei Banken, sondern sind ins Schattenbankensystem abgewandert: Hedge Fonds und andere schlecht beaufsichtigte Finanzinstitute haben die Forderungen aufgekauft. Diese Fonds versuchen mit den Anleihen nun ein hochprofitables Geschäft zu machen - auf Kosten der Gläubiger, die sich freiwillig am Schuldenschnitt beteiligen wollen.

Denn wenn genug Banken Griechenland seine Schulden erlassen, kann das Land seine Forderungen bei den Anleihegläubigern wieder bedienen, die beim Schuldenerlass nicht mitmachen. Als Trittbrettfahrer würden die Fonds durch die Verluste der Banken selbst Milliardengewinne einfahren – sie haben den klammen Instituten ihre Griechenland-Forderungen meist weit unter Marktwert abgekauft. Auch die griechische Regierung pokert daher mit und will ihr Angebot an private Investoren für einen freiwilligen Schuldenschnitt nicht nachbessern. Wer darauf nicht eingehe und erwarte, seine gesamten Forderungen zurückzubekommen, irre sich, sagte Finanzminister Evangelos Venizelos.  

Nicht teilnehmen am Anleihen-Tausch sollten Privatanleger, da sie den Kompromiss nicht mit ausgehandelt hätten, empfahl die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Wir raten insbesondere Investoren, deren Papiere kurze Restlaufzeiten haben, das Angebot nicht anzunehmen", sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. Die DSW schätzt, dass private Anleger rund ein Prozent der Griechenland-Anleihen halten.

So freiwillig wie die spanische Inquisition

Doch auch für den Fall, dass sich nicht genügend private Gläubiger am Schuldenschnitt beteiligen hat die griechische Regierung vorgesorgt: Sie will Investoren dann mit der rückwirkenden Einführung von Gemeinschaftsklauseln (Collective Action Clauses) zur Teilnahme zwingen. Der Schuldenschnitt ist daher "so freiwillig wie ein Geständnis in der spanischen Inquisition", hatte Commerzbank-Chef Martin Blessing kürzlich erklärt. Allerdings dürften bei einem "Kreditereignis" wie einem erzwungenen Forderungsverzicht die von vielen Hedgefonds erworbenen Kreditversicherungen fällig werden, was neue Turbulenzen an den Finanzmärkten auslösen könnte.           

Zudem will man in Athen lieber nicht daran denken, was passieren könnte, wenn zu wenige Gläubiger Griechenlands sich am Schuldenschnitt beteiligen: In diesem Fall könnte das gesamte 130 Mrd. Euro schwere Rettungspaket für Griechenland scheitern. Das Land stünde dann unmittelbar vor dem Bankrott. Am 20. März müssen Schulden in Höhe von 14,4 Mrd. Euro zurückbezahlt werden, und die Staatskassen sind leer.

Die griechische Regierung gibt sich daher zuversichtlich. "Genaue Zahlen werden wir nicht sagen. Wir sind aber optimistisch", sagte ein Mitarbeiter des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos. Die meisten Banken werden sich nach Schätzungen des Ministeriums "in letzter Minute" melden. Am Wochenende hatte sich bereits der Geschäftsführer des internationalen Bankenverbands IIF, Charles Dallara, zuversichtlich gezeigt, dass die Aktion gelingen werde. Athen hofft, dass mindestens 75 Prozent der Halter griechischer Staatsanleihen sich ins "Buch der Willigen" für den Schuldenschnitt eintragen.

Quelle: ntv.de, hvg/rts/dpa/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen