Wirtschaft

Deutsche Bank und Commerzbank Projekt "DB-Coba" erschüttert die Branche

Ausdrücklich "ergebnisoffen": Commerzbank und Deutsche Bank sprechen über eine mögliche Hochzeit.

Ausdrücklich "ergebnisoffen": Commerzbank und Deutsche Bank sprechen über eine mögliche Hochzeit.

(Foto: imago images / Hannelore Förster)

Wirbel am Finanzstandort Frankfurt: Die beiden größten Geldhäuser Deutschlands sprechen offen über eine mögliche Fusion. Sollte es zur Bankenhochzeit kommen, fürchten Kritiker das Aus für bis zu 50.000 Stellen. Wie werden die Anleger an der Frankfurter Börse reagieren?

Zwei prominente Schwergewichte planen eine umstrittene Großfusion: Die Aussicht auf einen möglichen Zusammenschluss der Deutschen Bank mit der Commerzbank rüttelt Gewerkschafter, Investoren und Politiker wach. Wie die Aktionäre an der Frankfurter Börse auf den Start formeller Sondierungsgespräche zwischen den beiden Aktienunternehmen reagieren, dürfte sich bereits am Morgen beim Wochenauftakt im deutschen Aktienhandel zeigen.

An den Kursbewegungen dürfte sich Beobachtern zufolge bereits ablesen lassen, ob die Masse der Marktteilnehmer einer solchen Fusion eher zustimmend oder ablehnend gegenübersteht. Die Aktien der Deutschen Bank waren vor dem Wochenende mit einem klaren Minus von 0,9 Prozent bei 7,82 Euro aus dem Handel gegangen. Die seit vergangenem Herbst im MDax notierten Aktien der Commerzbank legten im Freitagshandel dagegen um 2,1 Prozent auf 7,15 Euro zu.

Wie die Deutsche Bank und die Commerzbank am Wochenende offiziell bestätigten, haben die beiden größten Privatbanken Deutschlands formelle Sondierungsgespräche über einen eventuellen Zusammenschluss aufgenommen. Die Gespräche würden ausdrücklich "ergebnisoffen" geführt, wie Sprecher beider Banken am Sonntag in Frankfurt betonten. Eine Fusion sei keineswegs ausgemachte Sache, hieß es. Dennoch wird schon durch die Sondierung das Szenario einer möglichen "DB-Coba-Fusion" wahr, über das in Fachkreisen schon seit Monaten spekuliert wird.

Befürworter eines solchen Zusammenschlusses zu einem neuen "nationalen Champion" in der deutschen Bankenbranche glauben, dass die Kreditinstitute nur gemeinsam stark genug seien, um gegenüber der weltweiten Konkurrenz zu bestehen. Kritiker befürchten dagegen einen drastischen Jobabbau.

Zwei Banken unter Zugzwang

Die Deutsche Bank hatte nach drei Verlustjahren in Folge erst 2018 knapp die Rückkehr in die schwarzen Zahlen geschafft. Skandale und Prozesse verschlangen über Jahre Milliarden, der Aktienkurs ist im Keller. Die Commerzbank stieg im Herbst in die zweite Börsenliga ab und befindet sich ebenfalls seit Jahren im Umbruch.

Die Gewerkschaft Verdi rechnet im schlimmsten Fall mit dem Abbau von 30.000 Jobs, die Aktionärsvereinigung DSW sogar mit dem Rauswurf von bis zu 50.000 Mitarbeitern. Ende 2018 beschäftigten die beiden Institute zusammen gut 133.000 Vollzeitkräfte.

Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller warnte zudem vor einer Fusion zulasten der Verbraucher. "Steigende Preise und weniger Angebotsvielfalt können nicht der Kollateralschaden eines Banken-Champions sein", sagte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) der "Rheinischen Post".

"Leuchtet mir überhaupt nicht ein"

Der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, sieht bei einer Fusion kaum Wettbewerbsprobleme, aber ein deutlich steigendes Systemrisiko. "Einiges deutet darauf hin, dass die Kartellbehörden den Zusammenschluss, gegebenenfalls unter Auflagen, freigeben würden", sagte Wambach, dessen Kommission die Bundesregierung berät, der "Rheinischen Post". Die Geschäftsfelder beider Banken überschnitten sich nur wenig und seien auch nach einer Fusion Wettbewerb ausgesetzt.

Aber: "Durch den Zusammenschluss entsteht möglicherweise eine neue Bedrohung für die Finanzwelt, nämlich durch einen Anstieg des Systemrisikos." Verdi-Chef Frank Bsirske "leuchtet die Sinnfälligkeit dieser Fusion im Moment überhaupt nicht ein", wie er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" sagte. "Bank und Commerzbank ergänzen sich nicht sinnvoll."

Sinnvoller wäre aus Sicht Bsirskes, der auch dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank angehört, "ein Crossover in internationaler Richtung". Die Politik macht dennoch schon lange Druck in Richtung einer Fusion. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär, der ehemalige Goldman-Sachs-Deutschlandchef Jörg Kukies, werben seit Monaten für starke deutsche Banken.

Fusion noch vor der Europawahl?

In den vergangenen Wochen hatte es wiederholt Medienberichte gegeben, Scholz und Kukies hätten Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und Commerzbank-Chef Martin Zielke gedrängt, ein Zusammengehen zu prüfen - idealerweise vor der Europawahl Ende Mai.

An der Börse ist die Deutsche Bank - immerhin Deutschlands größtes Geldhaus - aktuell gerade noch gut 16 Milliarden Euro wert, die Commerzbank rund 9 Milliarden Euro (Stand Freitag). In der Weltspitze spielen die beiden größten börsennotierten deutschen Banken - gemessen an dieser Kennzahl - längst nicht mehr mit.

Um eine Fusion mit der Rivalin zu finanzieren, bräuchte die Deutsche Bank voraussichtlich eine Milliardensumme. Um diese zusammenzubekommen, könnte sie sich Insidern zufolge komplett von ihrer Fondstochter DWS trennen. Einem Medienbericht zufolge prüft Europas größter Versicherer Allianz bereits, ob eine Zusammenführung des DWS-Geschäfts mit seinen eigenen Vermögensverwaltern Pimco und Allianz Global Investors (AGI) Sinn ergeben könnte.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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